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Was befähigt Historiker, die Geschichte zu erforschen und darzustellen? Was versetzt sie in die Lage zu erfahren, was damals wirklich gewesen ist?
Es sind die Archive, in denen das Schriftgut der damaligen Zeiten gesammelt und geordnet wird. Dort findet man die amtlichen Dokumente der Regierungen und anderen staatlichen Stellen, Akten, Briefe, Protokolle, aber auch Landkarten, Pläne sowie Bilder seien es Zeichnungen, seien es Fotograf ien und in neuerer Zeit auch Bild- und Tonträger wie Filme, Tonbänder usw.
Aber nicht nur aus dem Studium dieser Quellen setzt sich das Bild einer Epoche zusammen, sondern ebenso aus privaten Hinterlassenschaften ganz normaler Bürgerinnen und Bürger. Solche Briefe, Tagebücher und Fotos nehmen sogar in der letzten Zeit an Gewicht zu. Sie zeigen Meinungen und Stimmungen des Volkes neben den offiziellen Dokumenten, bringen Ereignisse ans Licht, die keinen Eingang in amtliche Schriftstücke fanden, und können nicht nur das Geschichtsbild abrunden, sondern es unter Umständen sogar umstürzen.
Neben dem Bundesarchiv in Koblenz existieren in allen deutschen Ländern Landes- oder Staatsarchive, die meistens in den Hauptstädten der Länder angesiedelt sind.
Hier sammeln sich historische Schätze, die zu einem gut Teil noch der Aufarbeitung vor allem der jüngsten Vergangenheit harren.
Voraussetzung, daß sie den Historikern jetzt oder in Zukunft zur Verfügung stehen, ist es aber, daß die Quellen, seien es private, seien es amtliche, in den Archiven überhaupt landen.
Und alles ist sammelnswert. Da hat etwa der Großvater regelmäßig aus dem Kriege oder später aus der Gefangenschaft Briefe an seine Familie geschrieben, aus denen nicht nur hervorgeht, was er damals erlebt hat, sondern auch wie er und seine Kameraden die Ereignisse empfunden haben. Da schlummern in manchen privaten Schubladen, auf Dachböden und in Kellern Tagebücher und Fotoalben von damals. Da haben Vertriebene aus dem Osten und Ausgebombte aus dem Westen in jenen wirren und notvollen Jahren in Briefen an Verwandte und Freunde ihre Erlebnisse geschildert, haben ihre Trauer mitgeteilt, ihre Hoffnungen formuliert. Da hat mancher Funktionsträger, der längst verstorben ist, seinen Schriftwechsel und seine Fotosammlung den Nachkommen hinterlassen.
Die Kinder der damaligen Zeitzeugen achteten noch den persönlichen Wert solcher Dinge und haben sie meist aufgehoben. Die nächst Generation aber steht oft ratlos davor und ist häufig in Versuchung, sich des "alten Krempels" zu entledigen und ihn dem Altpapier zu überantworten.
Der dringende Rat: Retten Sie solche Dokumente vor der Vernichtung, denn auch private schriftliche Äußerungen und Fotos sind unschätzbare Quellen!
Man möge sich zunächst erkundigen beim Landes- bzw. Staatsarchiv des jeweiligen Bundeslandes. Ein Anruf, in dem man dem zuständigen Mitarbeiter des Archives schildert, um welche Hinterlassenschaften es sich handelt, genügt zunächst. Die Archivmitarbeiter werden die notwendigen Auskünfte und Ratschläge geben.
Handelt es sich um Briefe, Tagebücher und Fotos aus dem Krieg, dann wäre das Bundesarchiv/Militärarchiv in der Wiesentalstraße 10, 79115 Freiburg, der richtige Ansprechpartner. Dort gibt es bereits zahlreiche Nachlässe, die häufig dem Archiv bereits übergeben wurden, wenn der Besitzer noch lebt.
Und keine Angst: Es wird dort kein Schindluder mit den Unterlagen getrieben. Das Archiv schließt mit der jeweiligen Familie einen Vertrag, in dem der Stifter festlegt, wie mit den Papieren usw. umzugehen ist. Man kann bestimmen, wie lange die Briefe usw. unter Verschluß bleiben müssen oder welche Historiker Zugang haben (z. B. nur solche, für die man von Fall zu Fall die Genehmigung gibt). Jeder Nachlaß wird durch Archivgesetze geschützt. Man kann damit verhindern, daß Verleumder, Propagandisten und Hetzer den Nachlaß für ihre politischen Zwecke mißbrauchen.
So werden die Nachlässe gerettet für die Zukunft, die es eines Tages ermöglicht, daß Geschichte nach den Grundsätzen der klassischen Historiographie geschrieben wird.
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