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Es ist mitnichten so, daß in die Sowjetlager nur die Unterstützer des Nationalsozialismus oder HJ-Guerilleros, Waffenbesitzer und Spione eingeliefert worden wären. (Und selbst das hätte gegen internationales Recht verstoßen.) Vielmehr traf es Unschuldige wie Gisela Gneist (s. o.) - Leute, die lediglich verdächtigt wurden. Denn wirklich Überführte wurden sofort erschossen.
Das Massensterben fand zwischen 1945 und 1947 statt. Deutsche Häftlinge hatten es am schwersten in den roten Lagern: Unter ihnen lag die Todesrate bei 36 Prozent, unter den anderen Nationalitäten bei fünf.
Klaus Dieter Müller von der "Stiftung Sächsische Gedenkstätten" hat herausgefunden, daß selbst die "Sowjets glaubten, nur zwei Prozent wirkliche Täter inhaftiert zu haben".
1948 begannen die kommunistischen Lagerherren damit, die erste Welle von Überlebenden zu entlassen. Mehrere Zehntausend aber blieben zurück und durften 1950 hinaus. Zu den bis zuletzt Inhaftierten gehörte zum Beispiel auch die spätere Ehefrau des DDR-Regimekritikers Hans Eberhard Zahn. Waltraud Zahn kam im Januar 1950 frei.
Ihr Mann mußte einige Zeit danach sieben Jahre DDR-Knast über sich ergehen lassen. Zahn hält ihre "Entlassungspapiere" hoch. "Schauen Sie mal, die haben da ‚Internierungslager draufgeschrieben - wie niedlich."
Viele Unschuldige wurden vor Sondertribunalen im Schnellverfahren abgeurteilt, um dem Ganzen im Nachhinein eine Legitimation zu verleihen, erklärt Klaus Dieter Müller.
Dies bestätigt Hubertus Knabe, der die Zahl der (in Schauprozessen) Verurteilten auf drei Prozent beziffert. Der Leiter der Stasi-Opfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen urteilt über die Sowjet-KZ: "Die Vorstellung, hier hätten nach 1945 nur Nazi-Verbrecher gesessen, die findet sich dennoch in vielen Äußerungen und Veröffentlichungen."
Knabe beklagt, daß nach 1990 der sowjetische Sprachgebrauch und die sowjetischen Zahlen ungeprüft übernommen worden seien: "Es werden diese Inhaftiertenzahlen anstelle von Schätzungen von Zeitzeugen verwendet." Dabei seien bis heute - laut Deutschem Roten Kreuz - mehr als 400000 Personen verschollen.
Die Begriffe "Internierungslager" oder "Speziallager" empfindet der Historiker als Weichzeichnung der Sowjetverbrechen. "Das klingt ja wie ein Lager für Spezialisten", kritisiert Knabe. Hier finde eine Bedeutungsverschiebung statt. Richtig sei der Begriff KZ, der aber tabuisiert würde, obwohl er bereits unter Lenin verwendet worden sei.
Die Opfer der Kommunisten werden wie Opfer zweiter Klasse behandelt, beklagt Knabe. "Das ist zynisch. Ein Verbrechen wird doch nicht durch ein anderes entwertet. Vielmehr verdoppelt sich das Leid." Der Leiter der Gedenkstätte KZ Sachsenhausen, Günter Morsch, will davon aber nichts wissen. Als Gisela Gneist sich mit der Bitte an ihn wandte, einen Gedenkstein und ein Kreuz aufzustellen, um "unserer Toten angemessen gedenken zu dürfen", kam prompt eine Absage, die an boshaftem Zynismus kaum zu überbieten ist: Das gehe deshalb nicht, weil nicht alle Inhaftierten Christen waren, teilte der Chef des KZ-Museums damals mit. MS |
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