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Anfang 1944 verbündeten sich polnische Untergrundverbände mit der Wehrmacht

 
     
 
Eine Sensation für manche Medien, sicher auch ein Schock für viele, was die Zeitschrift "Osteuropa" vor wenigen Wochen ans Tageslicht beförderte:

Das Fachblatt veröffentlichte 22 Fernschreiben und Schriftstücke aus de Anfangsmonaten des Jahres 1944, aus denen hervorgeht, daß es intensive Verhandlunge zwischen lokalen Führern der polnischen im Untergrund tätigen Heimatarmee und de deutschen Wehrmacht bzw. der Sicherheitspolizei über eine mögliche Zusammenarbeit in Kampf gegen die Sowjets gab.

In der offiziellen heute in Deutschland geltenden Betrachtungsweise geht man davon aus daß die Sowjetunion (wie auch ihre Verbündeten, die USA, Großbritannien und Frankreich am Kriegsende von den ostmitteleuropäischen Völkern ausschließlich als "Befreier" begrüßt und nach Kräften unterstützt wurde. Da mußte e verblüffen, daß offenbar führende Persönlichkeiten der national
polnische Untergrundarmee zeitweise bereit waren, mit den deutschen Streitkräften zusammenzuwirke gegen die von ihnen als gefährlicher für die Existenz Polens eingeschätzte Rote Armee die sich den polnischen Grenzen näherte. Nachdem im September 1939 der Widerstand de polnischen Armee durch deutsche und sowjetische Truppen gebrochen, die Masse de polnischen Soldaten in deutsche und sowjetische Kriegsgefangenschaft geraten war interniert worden waren, wurde in einem deutsch-sowjetischen Abkommen der polnische Staa für aufgelöst erklärt. Der polnische Staatspräsident sowie das Kabinett waren zuvo ins noch neutrale Rumänien übergetreten und dort interniert. Polen wurde zwische Deutschland und der UdSSR aufgeteilt. Einen Waffenstillstandsvertrag oder gar eine Friedensvertrag mit Polen gab es nicht. Schon am 30. September 1939 bildete sich in Pari eine polnische Exilregierung unter General Sikorski.

Polen wurde von den deutschen Besatzungstruppen nur schwerpunktartig besetzt, vor alle nach dem Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges. In den großen freien Räumen bildete sich sehr rasch Ansätze zu einer polnischen Untergrundarmee, die nationalpolnische Ziel verfolgte. Die deutsche Besatzungspolitik, die zunächst vor allem aus Unterdrückun bestand, bot einen guten Nährboden dafür, daß immer mehr Polen sich de Widerstandsbewegung anschlossen.

Nachdem sich jedoch die Wehrmachtführung, beispielhaft hier die Generäle Ulex un Blaskowitz, gegen eine reine Unterdrückungspolitik gegen Polen gewandt hatte, erkannt selbst Generalgouverneur Frank im Juli 1943, welche gravierenden Fehler die deutsch Polen-Politik aufwies. Er faßte zusammen: "Was im Laufe der Geschichte de polnischen Volkes, was selbst in den ersten Jahren der deutschen Herrschaft nicht möglic war, nämlich die Herbeiführung einer auf ein einheitliches Ziel ausgerichteten un innerlich auf Gedeih und Verderb zusammenhaltenden Volksgemeinschaft, droht nun durch die deutschen Maßnahmen langsam aber sicher Wirklichkeit zu werden."

Die ganz Polen erfassende antideutsche Haltung wurde auch nicht dadurch umgelenkt, da im Frühjahr 1943 in Katyn die Gräber von vielen tausend von den Sowjets ermordete polnischen Offizieren gefunden wurden. Den Polen wurde dadurch nur um so deutlicher, wa sie nach einem eventuellen Sieg der Sowjetunion und ihrer westlichen Verbündeten zu erwarten hatten.

Die polnische Untergrundarmee wuchs weiter an. Sie war wohlorganisiert und stand in regelmäßiger Nachrichtenverbindung mit der nun in London residierenden Exilregierung.

Mit der sich abzeichnenden Wende im deutsch-sowjetischen Krieg stellte sich die Frage wie sich die polnische Heimatarmee verhalten sollte, wenn die Sowjettruppen die polnisch Grenze überschreiten sollten. Die deutsche Seite wiederum fragte sich, ob e Möglichkeiten gäbe, die nationalen Polen angesichts der sich immer deutliche abzeichnenden brutalen sowjetischen Politik zum gemeinsamen Kampf gegen den Bolschewismu zu gewinnen.

Seit Herbst 1943 hatten Polenexperten des Reichssicherheitshauptamtes mit Duldun Himmlers, aber ohne Wissen Hitlers, mit einigen in deutscher Gefangenschaft befindliche hohen Offizieren der polnischen Heimatarmee über einen gemeinsamen antibolschewistische Kampf verhandelt. Zu den wichtigsten Verhandlungsführern gehörte der 1943 von de Wehrmacht in Polen gefangen genommene Stefan "Grot" Rowecki, der als Chef de Heimatarmee vor seiner Gefangennahme einen Plan ausgearbeitet hatte, der unter dem Name "Burza" (= Gewittersturm) bekannt wurde. Danach sollte beim Annähern der Rote Armee an die polnische Ostgrenze stufenweise ein gegen die Deutschen gerichteter Aufstan ausgelöst werden. Abschnittsweise und im Osten beginnend sollten die Einheiten de nationalpolnischen Heimatarmee losschlagen, um beim Einmarsch der Roten Armee die vo polnischen Kräften eroberten Gebiete zu übergeben. Um das durchzuführen, benötigte die Polen jedoch eine erhebliche Verstärkung des Nachschubs an Waffen und andere Kriegsmaterial durch die Westmächte aus der Luft. Wie man sich den Sowjetverbände gegenüber verhalten sollte, das wurde bei den nationalen Polen durchaus unterschiedlic beurteilt. Als der Chef der Exilregierung in London verfügte, die Heimatarmee habe die Rote Armee als Verbündeten zu behandeln und dürfe gegen sie nicht zum Kampf antreten kam bei den Warschauer Untergrundkämpfern heftiger Widerspruch auf. Deren Skepsis wurd bestätigt, als Anfang 1944 sowjetische Einheiten polnisches Gebiet erreichten und in vielen Fällen die Führer der polnischen Heimatarmee kurzerhand erschossen. Abteilunge der Heimatarmee wurden zwar auf Seiten der Sowjetarmee eingesetzt, doch ließ man sie in der Regel zu Himmelfahrtskommandos antreten, indem man ihnen im entscheidenden Moment die Unterstützung versagte und sie so "verheizte".

Während die im Herbst 1943 geführten Verhandlungen des Reichssicherheitshauptamte mit gefangenen hohen polnischen Offizieren in Deutschland ohne Ergebnis geblieben waren stellte sich die Lage Anfang 1944 an der Front ganz anders dar. Im Gebiet um Wilna, eine Stadt, die sowohl von Litauern als auch von Polen beansprucht wurde, kamen seit Anfan Januar 1944 etwa 12 500 Angehörige der polnischen Heimatarmee zum Einsatz gege deutsche Truppen, stießen indes auch mit litauischen Sicherungskräften zusammen Inzwischen hatte aber die Sowjetunion in Polen sowjettreue Partisanengruppen gebildet wenn sie auch personell viel schwächer waren als die nationalpolnischen. Über dies Situation berichtet nun die Zeitschrift "Osteuropa" durch die Veröffentlichun der 22 Fernschreiben und Briefe, die zwischen dem Kommandeur der Sicherheitspolizei in Litauen, dem SS-Oberführer und Oberst der Polizei, Dr. Fuchs, dem Beauftragten für de Sicherungseinsatz Ostland, der Sicherheitspolizei in Minsk usw. einerseits sowie de SS-Reichssicherheitshauptamt und anderen zuständigen Stellen andererseits ausgetausch wurden.

Am 18. 1. 1944 wurde berichtet, daß seit Mitte September 1943 im Wilna-Gebie Einheiten der nationalpolnischen Heimatarmee (in der Terminologie des Dritten Reiche "jüdisch-kommunistische Banditengruppen") auf sowjetische Partisanengruppen (i der damaligen Ausdrucksweise "weißpolnische Banden") gestoßen seien "wobei Juden und Kommunisten erschossen wurden. Verwundete rote Banditen wurde ausnahmslos (von der nationalpolnischen Heimatarmee) liquidiert … Am 12. 11. 4 überfiel die weißpolnische Bande ein kommunistisches Bandenlager … Am 19. 11. 4 wurden … 20 Juden erschossen und verbrannt." Die Nationalpolen traten nach de Berichten auf litauischem Gebiet diszipliniert auf und konnten sich die Sympathie in de Zivilbevölkerung erwerben. "Gegen die deutschen Wehrmacht- und Polizeiverbänd treten die Polen nur dann feindlich auf, wenn sie angegriffen werden … Zur Zeit sin Bemühungen ingange, mit einer Bandengruppe … Verhandlungen anzuknüpfen. Ic verspreche mir (so der Kommandeur der Sicherheitspolizei, Dr. Fuchs) von de Vereinbarungen, welche von den polnischen aufständischen Offiziere nach bisherige Erfahrung strikt eingehalten werden, eine Befriedung des Wilnaer Gebietes und insbesonder eine Unterbindung der zahlreichen Sprengstoffanschläge auf die Eisenbahnverbindunge Generalgouvernement – Mittleres Heeresgebiet."

Drei Wochen später berichtet er von weiteren Kämpfen zwischen Nationalpolen un "bolschewistisch-jüdischen Banden, die dabei stets erhebliche Verlust erlitten". Und weiter: "Anfang Januar 44 versuchten erstmalig die Führer de polnischen Banden (gemeint ist die Heimatarmee) mit amtlichen deutschen Stellen in Verbindung zu treten", wobei sie der deutschen Stelle erklärten, sie handelte "nach den Befehlen der Londoner Exil-Regierung". Da, wie Dr. Fuchs schreibt deutsche Kräfte für die Bekämpfung der kommunistischen Partisanen nicht zur Verfügun stünden, habe er sich entschlossen, mit den Führern der polnischen Heimatarmee auf dere Ersuchen in Verbindung zu treten.

Tatsächlich kommt es zu Vereinbarungen, nach denen sich die nationalpolnische Einheiten verpflichten, kommunistische Partisanen zu bekämpfen. Dafür erhalten sie vo deutscher Seite Munition und Medikamente. Ihre Schwerverwundeten sollen in deutsche Lazaretten versorgt werden. Am 16. 2. 1944 soll ein Burgfrieden beginnen. Die deutsche Bedingungen an die Heimatarmee: die Ostlandbetriebe sollen weiterhin ihre Lieferungen a die Wehrmacht und nach Deutschland abwickeln und der Arbeitseinsatz polnische Arbeitskräfte im Deutschen Reich ist sicherzustellen.

Die polnische Seite sagte zunächst zu, mit 18 Infanteriebataillonen, davon die Hälft motorisiert, und zwölf Schwadronen Kavallerie unter deutscher Führung gegen sowjetisch Partisanen kämpfen zu wollen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Feststellung in einem der Dokumente, der Reichsführer SS Himmler habe vorher Verhandlungen zwische Deutschen und Nationalpolen abgelehnt mit der Begründung, "daß mit Slawen kein Pak geschlossen werden kann". In der Praxis setzten sich die deutschen Kräfte darübe hinweg, da nun "jedes Mittel recht ist, um Befriedung herbeizuführen", und da nun die Hoffnung bestehe, daß "die Sowjetgefahr uns die Polen in die Arm treibt."

Die Verhandlungen werden, wie die polnischen Verhandlungsführer durchblicken lassen auf eigene Faust geführt. In einem Fernschreiben vom 25. 2. 44 berichtet die deutsch Seite, es habe sich bei den Verhandlungen "gezeigt, daß die Anführer (de Heimatarmee) auch unter dem Druck der Mannschaftsstimmung, die eher zu Deutschland als zu den Sowjets neigt, im Interesse einer Abwendung der erneuten Versklavung durch Sowjet bzw. Russen unter Verzicht auf politische Augenblicksforderungen zu einem gemeinsame Kampf gegen die sowjetischen Banden und die von ihnen ausgehende Ausplünderung un Terrorisierung des polnischen Siedlungsraumes bereit waren. Die Banden stehen … sei acht Wochen in z. T. heftigsten Kämpfen gegen Sowjet-Banden und haben sich gu geschlagen."

Aber am 11. 3. 44 teilt der Kommandeur der Sicherheitspolizei Litauen mit, die Pole hätten "von der Warschauer Zentrale Weisung erhalten, die Verhandlungen mit de deutschen Stellen abzubrechen und bis auf weiteren Befehl die Feindseligkeiten gegen die bolschewistischen Banden einzustellen".

Anfang August 1944 bricht dann in Warschau der Aufstand der nationalpolnische Heimatarmee aus, die auf verlorenem Posten steht, da sie sowohl von Großbritannien un den USA im Stich gelassen wird als auch von der an der Stadtgrenze Warschaus verharrende Roten Armee. Weil der Verlust Warschaus die Verbindung zu der ostwärts Warschau kämpfenden 9. deutschen Armee zerrissen hätte, entschloß sich die deutsche Führung den Aufstand mit allen Mitteln niederzuschlagen. Nach zwei Monaten erbitterter Kämpf mußten die Aufständischen kapitulieren. Sie gingen unter ihrem Oberbefehlshaber, Genera "Bor" Komorowski, in deutsche Kriegsgefangenschaft. Ein tragisches Kapite deutsch-polnischer Geschichte war zu Ende.

 
     
     
 
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