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In Nigeria drohen die Kämpfe zwischen Christen und Moslems außer Kontrolle zu geraten. Seit Einführung des islamischen Rechts (Scharia) durch zwölf Bundesstaaten des westafrikanischen Landes 1999 sind über 5.000 Menschen bei Übergriffen islamischer Extremisten getötet worden. Im überwiegend moslimischen Norden des Landes eskaliert die Gewalt. Seit Anfang Mai üben nun die zumeist christlichen Bauern Vergeltung an Moslems. Bei den blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Volksstämmen in Nord- und Zentralnigeria geht es zumeist um die Verteilung von Weideland.
Nach Angaben der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) wurde am 2. Mai von muslimischen Fulani-Wanderhirten auf Christen geschossen, die vorher mit Glockengeläut zur Kirche ihres Dorfes gelockt worden waren. Die aufgebrachten Bauern wehrten sich, trieben die Moslems in die Stadt Yelwa. Die dort entstehenden Kämpfe kosteten über 600 Moslems das Leben. Offenbar griffen auch ausländische Söldner in die Auseinandersetzungen ein, Vertreibungen und Streit um Land begleiten die Rivalitäten. Von einem "Völkermord", wie von Moslems behauptet, kann aber auch nach Aussage der Gesellschaft für bedrohte Völker (Göttingen) nicht gesprochen werden. Vielmehr sind die Kämpfe die Folge massiver ökonomischer, sozialer und ethnischer Spannungen. Bereits im Herbst 2001 waren bei Zusammenstößen in Jos 1.000 Menschen getötet worden. Seither finden wöchentlich Überfälle statt.
Die Regierung Nigerias unter Führung des christlich-baptistischen Staatspräsidenten Olusegun Obasanjo steht in der Kritik, nicht rechtzeitig gegen die Unruhen vorgegangen zu sein. In dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas (über 130 Millionen Einwohner) mit 53 Prozent Christen und 41 Prozent Moslems scheint der Präsident zunehmend die Kontrolle zu verlieren. Auch bei jüngsten Massakern an Christen in den Bundesstaaten Plateau und Nasaware, an denen offensichtlich Tausende islamischer Söldner aus der Republik Niger und dem Tschad beteiligt waren, zeigte sich Obasanjo machtlos. Doch der nun in der Region von ihm ausgerufene Notstand hat Obasanjo nur die Häme seiner politischen Gegner, der Anhänger einer Militärdiktatur, gebracht. Der damalige Biafra-Führer Chukwuemeka Ojukwu, dessen Militärputsch Ende der 60er vom jungen Armeegeneral Obasanjo niedergeschlagen wurde, spricht sogar vom "Anfang vom Ende" der nigerianischen Demokratie. idea / E. D.
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