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Der zunehmende Einsatz von "Sicherheitsfirmen" - "Private Military Companies" (PMCs) - wird von der Öffentlichkeit kaum beachtet. Außer es gibt einen Anlaß, der ein paar Schlagzeilen liefert wie zuletzt in Österreich, nachdem ein Österreicher zusammen mit vier US-Kollegen (oder Kameraden?) im Südirak entführt (oder gefangengenommen?) worden war. Korrekte Wortwahl fällt hier schwer, denn aus der Ferne läßt sich nicht sagen, wer im Irak Angestellter und wer Söldner ist.
Söldner gab es schon bei den alten Sumerern. Rom stützte sich in der Verfallszeit vorwiegend auf fremde Söldner, denen neben Sold auch das Bürgerrecht gewährt wurde - ein Konzept, das später von der französischen und der spanischen Fremdenlegion aufgegriffen wurde. Auch Byzanz verließ sich jahrhundertelang auf meist turkstämmige Söldner - das Endergebnis kennen wir. Und als das Landsknechtunwesen "blühte", wurden auch in Mitteleuropa Privatarmeen manchmal zu gefährlich, siehe Wallenstein.
Das moderne Söldnertum begann mit der "Entkolonialisierung". Es waren oft Bergwerkskonzerne, die Söldnerführer anheuerten, um ihnen genehme eingeborene Machthaber zu unterstützen. Die PMCs sind eine logische "marktwirtschaftliche" Weiterentwicklung. Und der Markt hat einen deutlichen Nachfrageüberhang, denn zu den Nachfragern gehören heute sogar "demokratisch legitim ierte" Regierungen.
Wie sich im Irak und in Afghanistan zeigt, werden Konzerne, die im Auftrag der USA tätig sind, dazu angehalten, selbst für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter und Anlagen zu sorgen. Die Kosten dafür sind im ohnehin stark überhöhten Preis einkalkuliert, so daß sie zwar nicht das Militär-Budget, aber letztlich doch den Staatshaushalt belasten.
Es mehren sich Hinweise, daß PMCs im Irak auch für Kampfeinsätze und "Säuberungen" herangezogen werden. Die Vorteile sind evident: Söldner unterliegen nicht den Genfer Konventionen und der US-Militärjustiz. Sie unterliegen auch nicht der irakischen Justiz - das haben die USA für alle in ihrem Auftrag tätigen Militär- und Privatpersonen erzwungen. Und in den USA schützt der Bush-Erlaß Nr. 13303 vor Strafverfolgung. Auch zählen Söldner nicht zum Personalstand der Armee, so daß Verluste verheimlicht werden können - was bei wachsender Kriegsmüdigkeit in den USA besonders wichtig ist.
Die "Umstrukturierung" der regulären Armeen in den Wohlstandsländern spielt den PMCs in die Hände: Wie in der Wirtschaft werden unter Kostendruck immer mehr Funktionen an Privatbetriebe ausgelagert - von Versorgung und Wartung über Datenverarbeitung bis hin zur Reinigung. Warum dann nicht auch Einsätze?
Die Reduktion der Personalstände und die Umwandlung in Berufsheere entheben die PMCs zudem aller Rekrutierungsprobleme. Die PMCs ersparen sich sogar die Ausbildungskosten, die ja von Steuerzahlern getragen wurden, und können daher höheren Sold bieten und Spezialisten abwerben. Umgekehrt verschlechtern sich Qualität und Moral der regulären Truppe, wie das für die US-Streitkräfte gilt. In Deutschland und Österreich würde die Abschaffung der Wehrpflicht ebenfalls primär Unterqualifizierte und Einwanderer "fördern" - wie war das einst mit Rom und Byzanz?
Anders als ihre Vorläufer sind die PMCs als anonyme Kapitalgesellschaften organisiert. Die Umsätze werden auf weltweit 200 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Allein im Irak sollen 30000 Mann im Einsatz stehen - daß man darüber sehr wenig hört, liegt an der katastrophalen Sicherheitslage, die diesbezüglich weit effektiver ist als jede Zensur. Auch Kriegsverbrechen fliegen ja nur durch "dumme Zufälle" auf.
Insgesamt folgt diese Entwicklung genau dem Konzept der Globalisierer: Alles muß privatisiert, anonymisiert und internationalisiert werden. Sogar die Infrastruktur, deren wohl wichtigster Teil die Sicherheit ist - und darum wird den Staaten scheibchenweise das Gewaltmonopol abgeschwindelt. Im Äußeren zeigt sich das an den PMCs, und im Inneren an privaten Wachdiensten und Leibwächtern, ja ansatzweise sogar schon im Strafvollzug. All das bedeutet wieder nur Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste. Aber wenn man alle Loyalitäten ausmerzt und Geld zur einzigen Motivation macht, wo bleibt dann die moralische Rechtfertigung im Kampf gegen "Terroristen"? Die sind immerhin Überzeugungstäter.
Außerhalb der Rechtsordnung
Wer unter fremder Fahne "dient", verstößt in der Regel gegen die Gesetze seiner Heimat. Ausnahmen sind nepalesische Gurkhas in britischen oder indischen Diensten und die Schweizergardisten im Vatikan. Ob es zu Sanktionen kommt - vom Verfall der Staatsbürgerschaft bis zur Bestrafung - hängt allerdings davon ab, ob der Arm des Gesetzes lang genug ist.
Die Genfer Konvention von 1864 und die Haager Landkriegsordnung von 1907 (beide mit späteren Ergänzungen) fußen auf klarer Unterscheidbarkeit zwischen Zivilpersonen und Kombattanten: Zivilpersonen sollen verschont bleiben, und Kombattanten sollen bei Gefangennahme nicht rechtlos sein. Konventionsgerecht sind Kombattanten aber nur, wenn sie als solche erkennbar sind - durch Uniformen und offenes Tragen ihrer Waffen. Fremdenlegionäre erfüllen diese Bedingung, Söldner und Freischärler hingegen meist nicht. PMCs lassen sich daher von staatlichen Auftraggebern Immunität zusichern. Völkerrechtler sind bemüht, die entstandene Grauzone durch Konventionen zu erfassen, wobei die Vorschläge von Lizenzen für PMCs bis hin zu generellen Verboten reichen. Doch wie schon frühere Konventionen zeigen, bestraft wird letztlich nur, wer den Krieg verliert. RGK |
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