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In Berlin wird mit einer umfassenden Schau des großen Landschaftsmalers aus Ostdeutschland, Ernst Mollenhauer, gedacht. Bereits vor 15 Jahren stellte die Stiftung Deutschlandhaus in glückhafter Zusammenarbeit mit der Tochter des Künstlers, Maja Ehlermann, eine Ausstellung zusammen. Verdienstvoll wird jetzt von der gleichen Institution eine neue repräsentative Auswahl (täglich von 14 bis 18 Uhr, bis 29. November) gezeigt. Im Deutschlandhaus nahe dem Potsdamer Platz , dem neuen Zentrum Berlins, können Freunde Ostdeutschlands und der klassischen Malerei des deutschen Expressionismus sich satt sehen an Bildern in leuchtend kühnen Farben. Meer und Brandung, Fischer und Bauernhäuser werden gezeigt, die Morgendämmerung am Hafen, der Sonnenuntergang über den Dünen, in Nidden ebenso wie auf Sylt oder an den Küsten der Bretagne. Mollenhauer beweist sich als der klassische Maler der Urkraft des Meeres, eines leuchtenden Abendhimmels, der Kurischen Nehrung. Erweitert gegenüber dem Ausstellungsort zuvor in Halle (wir berichteten), werden in Berlin auch die charakteristischen Zeichnungen in Schwarzweiß gezeigt, und eine Folge des "Keitumer Tagebuchs", mittelgroße Blätter in Öl, deren Motive der Maler bei seinen großformatigen Kompositionen dann vielfach wieder verwendet hat, wie auch zahlreiche mit genialem Pinselzug bemalte Postkarten.
Ernst Mollenhauer wurde 1892 in Tapia östlich von Königsberg an Pregel und Deime geboren, in der gleichen Kleinstadt, die bereits 1858 den großen Lovis Corinth hervorgebracht hatte. Allerdings wuchs Mollenhauer in Königsberg auf. Dort bezog er 1913 die Kunstakademie, nachdem ihm Corinth hierzu den Weg beim Vater geebnet hatte.
Die Königsberger Kunstakademie im östlichsten Teil des Deutschen Reiches hatte zwar ihre besten Jahre lange hinter sich gelassen, war aber noch immer eine bedeutende Ausbildungsstätte. In diesen Jahren schockierten die Gemälde der "Brücke"-Künstler die Öffentlichkeit. Zwar hatte sich diese 1905 in Dresden gegründete Künstlergemeinschaft schon 1913 wieder aufgelöst, blieb aber die Basis für eine äußerst produktive expressionistische Entwicklung. Ende Mai 1913 war Karl Schmidt-Rottluff auf die Kurische Nehrung nach Nidden gekommen. Sein Künstlerkollege Max Pechstein hatte schon 1909 dieses Paradies im äußersten Norden des damaligen Deutschen Reiches entdeckt.
Während der Erste Weltkrieg dem Aufenthalt Pechsteins in der Südsee ein jähes Ende bereitete, war Mollenhauer zum Kriegsdienst befohlen worden. Nach dem gesellschaftlichen Umbruch kehrte Mollenhauer an die Königsberger Akademie zurück und wurde Meisterschüler von Arthur Degner, der ihn in den späteren Stilleben und Bildnissen beeinflussen sollte. Entscheidender waren jedoch für Ernst Mollenhauer die gemeinsamen Monate mit Max Pechstein in Nidden in den Jahren 1919 und 1920.
Mollenhauer eroberte sich in Nidden das Herz der Tochter des Gasthofbesitzers Hermann Blode. Dessen großzügiges Verständnis für Kunst zog neben den Herrlichkeiten der Natur die Künstler an. Bald war die Heirat erfolgt. Aber erst nach einer Amerika-Reise ließ sich Ernst Mollenhauer 1923 endgültig in Nidden nieder. In politisch bewegter Zeit übernahm er vom Schwiegervater den Gasthof, baute ihn aus, da Nidden auf dem Weg zur Sommerfrische war, und führte ihn in bewährter Tradition als Herberge und Bühne für zahlreiche Maler, Dichter, Schauspieler, Sänger und Musiker weiter. Allerdings sollte der Wiederanschluß von Kurischer Nehrung und Memelland 1939 für Mollenhauer Mal- und Ausstellungsverbot bringen!
Vertreibung aus der Heimat und Not, der Verlust auch des gesamten Niddener Atelierbestandes, eines Lebenswerkes also, schienen die künstlerischen Grundlagen des Malers und Zeichenlehrers zerstört zu haben. Die nunmehr meist im Westen des alten Reiches ansässigen ostdeutschen Vertreter des deutschen Expressionismus versuchten ihrem Stil treu zu bleiben, wie Arthur Degner und Karl Eulenstein, die es nach Berlin verschlagen hatte. Viele verflachten aber in der Aussage. Bei Mollenhauer hingegen verdichtete sich nach schwierigem Neubeginn mit der räumlichen und zeitlichen Entfernung von Ostdeutschland und der Ostsee das Erlebnis Heimat. Es gelang ihm, das Traumbild in neuen Gemälden zu materialisieren und Wirklichkeit werden zu lassen. Mollenhauers Rang setzte sich durch. Er wurde und ist der bedeutendste Vertreter jener deutschen Expressionisten ostdeutscher Herkunft nach dem Zweiten Weltkrieg. Mollenhauer entwickelte sich ausdrucksstark fort und schuf ein zweites Lebenswerk in Kaarst, Düsseldorf und auf Sylt, wo er schließlich 1963 auf dem Friedhof von Keitum seine letzte Ruhe fand. Den "Dingen das Beiläufige" zu nehmen, dies gelang in "imponierender Stämmigkeit" Ernst Mollenhauer mit seiner starken und spannenden Kunst
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