|
Lieber Signore Stefani, bitte helfen Sie mir! Damit ich Ihnen standesgemäß antworten kann, verraten Sie mir, was "Ballermann" auf italienisch heißt - denn davon scheinen Sie doch ein Menge zu verstehen!
Staatssekretär Stefano Stefani ist in der italienischen Regierung für Tourismus zuständig, also darf man wohl davon ausgehen, daß seine jüngsten Äußerungen über deutsche Touristen von tiefschürfender Fachkenntnis geprägt sind. So wissen wir Deutschen nun also endlich, wie wir wirklich sind: "einförmig" und "lärmend", "besoffen von aufgeblasener Selbstgewißheit" und "supernationalistisch " - und natürlich auch "blond".
Und wenn wir, so sekundieren Stefani nahestehende Journale, gerade mal nicht damit beschäftigt sind, als "Herrenmenschen" und "Nazi-Schergen" die Welt zu erobern, fallen wir grölend und trinkend über südliche Strände her, wollen "um jeden Preis die Klassenbesten sein", vorzugsweise bei "Pommes-, Bier- und Rülpswettbewerben" und ähnlichen Ballermann-Disziplinen.
Angefangen hatte es mit Silvio Berlusconis peinlichem Auftritt im Europa-Parlament. Aufgestachelt von rüpelhaften Attacken der Linken, verstieg er sich zum unsäglichen Nazi-Vergleich, den er selber als "Ironie" verstanden wissen will. Mag sein, daß es in Italien Leute gibt, die darüber lachen können - in Deutschland jedenfalls findet niemand das lustig, unabhängig vom politischen Standort.
Das eigentlich Schlimme an Berlusconis Ausrutscher ist, daß er damit im eigenen Lande eine Lawine losgetreten hat. Nicht nur ultrarechte Blätter übertrumpfen sich gegenseitig beim Ausgraben anti-deutscher Vorurteile, können gar nicht tief genug in die antifaschistische Mottenkiste greifen.
Geht man so unter Freunden, Partnern (EU) und Verbündeten (NATO) miteinander um? Manch älterer Deutscher erinnert sich noch, wie leicht und locker damals, im Weltkrieg, die italienischen "Waffenbrüder" die Fronten wechselten, nach dem Motto "Immer an der Seite des (mutmaßlichen) Siegers"! Galten die deutsch-italienischen Liebesschwüre nur, solange Deutschland wirtschaftlich Europas Nummer 1 war, solange deutsche Touristen die Kassen Riminis, Cattolicas und Bibiones fleißig mit Deutschmark füllten?
Freilich haben wir auch selber einiges dazu beigetragen. Ein Volk, dessen führende Meinungsmacher sich jahrzehntelang in hündischer Unterwürfigkeit und Selbstbezichtigung suhlen und das eigene Geschichtsbuch wie ein Verbrecheralbum gestalten, braucht sich nicht zu wundern, daß andere Völker, wenn ihnen das gerade opportun erscheint, die frei Haus gelieferte Munition gern aufgreifen. Niemand hat es nötig, sich eine diffamierende Formulierung eigens auszudenken - man braucht nur in deutschen Massenmedien nachzulesen oder Polit-Magazine im deutschen Fernsehen einzuschalten.
Das Auftreten deutscher Touristen im Ausland hingegen (von wenigen bedauernswerten Ausnahmen abgesehen) kann als Begründung für die Peinlichkeiten Berlusconis, Stefanis und anderer Italiener nicht herhalten. Immerhin kam Englands größter Online-Reiseveranstalter (Expedia.co.uk) kürzlich bei einer weltweiten Untersuchung zu dem Ergebnis: "The Germans are the best". Deutsche Touristen führen die Weltrangliste mit 41 Punkten an, gefolgt von Amerikanern und Japanern. Die Italiener finden sich mit zehn Punkten im Mittelfeld, während britische Reisende mit 44 Minuspunkten stets die "rote Laterne" im Gepäck haben. |
|