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Wenn Firmen einhundert Jahre alt werden, ist das meist ein Grund für würdige Reden und Streichquartette von Beethoven. Nicht so bei der amerikanischen Firma United Fruit, einem der größten Bananenlieferanten der Welt. "Chiquita Brands International" heißt die Firma heute und exportiert was sonst? Bananen.
In der Tat gibt es kaum einen Konzern, auf dessen Geschichte es sich lohnte, so intensiv einzugehen, wie den der "United Fruit". Regierungen hat sie gestürzt, Staatsstreiche angezettelt und Bürgerkriege entfacht, deren Wirkungen in einigen Ländern bis zum heutigen Tage spürbar sind. Wenn wir es gewohnt sind, von Mittelamerika als vom "Hinterhof" der Vereinigten Staaten zu sprechen, so ist dies auch zu einem wesentlichen Teil auf die Politik dieser Firma in den Ländern Zentralamerikas zurückzuführen. Noch heute steht das Wort "Bananenrepublik" für eine Regierungsform, in der Vetternwirtschaft, persönliche Bereicherung und Korruption die alles entscheidenden Maßstäbe in der Politik sind.
Die Geschichte des Fruchtkonzerns begann schon vor seiner eigentlichen Gründung, dem Zusammenschluß der Firmen "Boston Fruit" und "Gebrüder Keith" im Frühjahr 1899. Bereits 1871 überließ der costaricanische Diktator Tomás Guardia den Brüdern Keith eine Lizenz zum Bau einer Eisenbahnlinie zwischen der Hauptstadt San José und Puerto Limón. Etwa 4000 Menschen fanden bei den Bauarbeiten den Tod. Wenig später erwarb die Firma für einen fast symbolischen Betrag 324 000 Hektar Land und baute darauf Bananen an, eine Frucht, die damals in den USA gerade in Mode kam. Ob in Honduras, Costa Rica, Nicaragua oder Kolumbien: immer funktionierte die Machtübernahme der "United Fruit" nach dem gleichen Schema: Man versprach Bahnlinien zu bauen, die letztlich vor allem dem Abtransport der Bananen dienten, und ließ sich im Gegenzug Ländereien ungeheuerlichen Ausmaßes von den Regierungen übereignen. So entstand aus der Firma ein Konzern, der bald so mächtig wurde, daß er in den kleinen Ländern Mittelamerikas nach Belieben schalten und walten konnte. Allein im kleinen Honduras gebot die "United Fruit" zwischen 1912 und 1924 nicht weniger als vier US-Militärinterventionen.
Für viele Beispiele mag das des Präsidenten von Guatemala, Jacobo Arbenz, stehen, der einer aus der Schweiz stammenden Familie angehörte. Er trat sein Amt im März 1951 an. Arbenz versuchte, die durch die Bananen-Monokultur verursachte wirtschaftliche Fehlentwicklung einzudämmen und nicht zuletzt natürlich den ungeheuren Einfluß der "United Fruit" auf die guatemaltekische Innenpolitik einzudämmen. Seine Pläne für eine Landreform blieben relativ moderat: Nur unbestelltes Land ab einer bestimmten Höhe sollte enteignet werden. Dies bewog in der damaligen weltpolitischen Situation der Kalte Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion hatte soeben begonnen naturgemäß auch Stalins Geheimdienste dazu, sich einzumischen und zu versuchen, in das politische Terrain der USA einzudringen. Die Sowjets fanden ihre Einflußagentin in der Frau des Präsidenten, Maria Arbenz. Diese steuerte nicht nur geschickt die Karriere ihres Mannes, sondern leitete ihn politisch oft ohne, daß ihm das bewußt geworden wäre. Sie führte einen politisch weit links stehenden politischen Salon in der Landeshauptstadt. Eine ihrer Sekretärinnen wurde später die Kommunistenführerin Chiles, Virginia Bravo Letelier. Eine andere wurde führende Kommunistin in El Salvador.
So fiel es der "United Fruit" leicht, von einem kommunistischen Komplott zu sprechen und den US-amerikanischen Geheimdienst CIA für ihre Sache zu interessieren. Auch personelle Verquickungen zwischen der amerikanischen Regierung und der "United Fruit" gab es damals. CIA-Chef war damals Allan Dulles. Sein Bruder John Foster Dulles war langjähriger Anwalt der "United Fruit" und zufälligerweise auch der amerikanische Außenminister. John Moors Cabot, ein "United Fruit"-Großaktionär war Unterstaatssekretär für inneramerikanische Angelegenheiten. Bei einer solchen Konstellation gelang es, die CIA für die Zwecke der Fruchtgesellschaft einzuspannen. Diese stürzte Arbenz schließlich im Jahre 1954.
Heute ist die Bedeutung des Bananenexports zugunsten der Kaffeeproduktion leicht rückläufig. Doch eine innenpolitische Macht in Mittelamerika ist die "United Fruit Company" und als ihre Nachfolgerin die "Chiquita" bis heute geblieben.
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