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In wenigen Tagen finden wieder Olympische Sommerspiele statt, und zwar im griechischen Ursprungsland von Olympia, in Athen, wo 1896 mit Rücksicht auf die antike Herkunft auch die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit stattfanden. Es hätte der olympischen Idee gut getan, wenn man aus ebendiesem Grunde die Jubiläumsspiele von 1996 ebenfalls in Athen gefeiert hätte. Aber Profit und Vermarktung der inzwischen kommerzialisierten Spiele gaben damals den Ausschlag für Coca-Cola und Atlanta. Mit achtjähriger Verspätung kommt nun Olympia nach Athen, das es schwer haben wird, an die grandiosen Spiele von Sydney im Jahre 2000 anzuknüpfen.
Dennoch blickt man gerade in Deutschland mit großem Interesse auf die Spiele von 2004, nachdem es sich mit Leipzig und Rostock um die Ausrichtung der Spiele von 2012 beworben hatte. Gerne denkt man dabei auch an die Olympischen Spiele von 1972 in München zurück, das sich mit heiteren Spielen ein Denkmal gesetzt hätte, wenn es nicht zu der tödlichen Geiselnahme israelischer Sportler gekommen wäre.
Die Älteren von uns erinnern sich aber auch noch gerne an die Olympischen Spiele von 1936 in Berlin, die erst in späterer Beurteilung als national sozialistische Propagandaschau abgewertet wurden. In den meisten Fällen haben auch die ausländischen Teilnehmer bei ihrem Einzug ins Stadion dem Staatschef des Gastgeberlandes durch den Deutschen Gruß ihre Referenz erwiesen. Bei den Spielen selbst standen die sportlichen Leistungen der Teilnehmer aus allen Ländern und die großen Erfolge der deutschen Athleten im Mittelpunkt.
Zu ihnen gehörte mit dem Gewinn der Silbermedaille im Hammerwerfen auch der Königsberger Erwin Blask, den ich in Allenstein schon als Meister im Steinstoßen bewundert hatte. Aus Osterode war der Diskuswerfer Gerhard Hilbrecht dabei, der des öfteren auch in Allenstein trainierte, in Berlin aber keinen Erfolg hatte. Mit Allenstein war auch der Rastenburger Eishockeyspieler Schibukat verbunden, der bei den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen in der deutschen Nationalmannschaft erfolgreich war und der in den Sommermonaten zur Erhaltung der Kondition in der guten Fußballmannschaft von Hindenburg Allenstein mitspielte.
Allenstein besaß ja auch einen erfolgreichen Olympioniken, den Kugelstoßer Emil Hirschfeld, der 1928 in Amsterdam die olympische Bronzemedaille gewonnen und dann mehrmals den Weltrekord im Kugelstoßen verbessert hatte. Auch 1932 war er in Los Angeles noch dabei, kam auch in den Endkampf der besten sechs, aber mit dem undankbaren vierten Platz bereitete er sich und uns allen doch eine gewisse Enttäuschung. Sein großes Jahr war halt 1928, und ich kann mich noch an einen triumphalen Empfang in Allenstein erinnern, als er, Feldwebel von Beruf, vom Bahnhof in einer Kutsche zu seiner Kaserne gefahren wurde und dabei immer wieder eine große goldschimmernde Kugel in die Höhe warf.
Ich war damals acht Jahre alt und sehr beeindruckt. 1936 war ich 16 Jahre alt und inzwischen zur Leichtathletik-Jugend von Viktoria Allenstein gekommen. Besonders erfolgreich war ich nicht, meine Stärken waren schon damals mehr das Beobachten und Berichten. Die Namen und die Bestenlisten der bedeutenden Leichtathleten in aller Welt waren mir durchaus geläufig. Man wird deshalb meine große Freude nachempfinden können, die mir durch die Teilnahme am Olympischen Jugendlager und den damit verbundenen Besuch aller Leichtathletikwettkämpfe im Berliner Olympiastadion bereitet wurde. Otto Wolff und Benno Kordowski (später Korden) hatten das der Jugendabteilung von Viktoria Allenstein durch städtische Unterstützung ermöglicht, der eigene Beitrag war dadurch erschwinglich geworden. Ihre Namen habe ich stets in dankbarer Erinnerung behalten und will sie deshalb auch an dieser Stelle nicht auslassen.
Olympia 1936 ist für mich ein Höhepunkt geblieben, auch wenn sich die eigenen Aktivitäten auf die Teilnahme am Olympischen Fackellauf und das Zuschauen beschränkten. Aber das olympische Flair, die Begegnung mit berühmten Sportlern auf der schon damals so beliebten Autogrammjagd, die festlich geschmückte Stadt und die überall spürbare freudige Stimmung - auch bei den Besuchern aus fremden Ländern - hautnah und live zu erleben war ebenso eindrucksvoll und erregend wie der Blick vom oberen Ring des vollbesetzten Stadions auf die Aschenbahn, Wurf- und Sprunganlagen und vor allem auf die packenden Kämpfe und Leistungen der Athleten. Unvergeßlich bleiben der legendäre Jesse Owens mit seinen vier Olympiasiegen und seine Herausforderung durch Luz Long im Weitsprung, der nicht nur körperlich große Salminen aus Finnland und der kleine Murakoso aus Japan, der im 10.000-Meter-Lauf lange Zeit ebenbürtig war, der Finne Iso Hollo und der Deutsche Dompert, der im 3.000-Meter-Hindernislauf über sich hinauswuchs und sensationell die Bronzemedaille errang.
Bei aller Liebe zur Leichtathletik begeisterten aber auch andere Sportarten wie Ringen und Gewichtheben in der Deutschlandhalle oder Polo auf dem Maifeld neben dem Stadion, wo ich übrigens das erste Mal eine Fernsehaufnahme in einem Übertragungswagen sehen konnte.
Auch der Besuch des Olympischen Dorfes war nicht nur wegen der finnischen Sauna recht interessant. Aber den größten und nachhaltigsten Eindruck hinterließ doch die Eröffnungsfeier mit den begeisterten Zuschauern in dem brodelnden Stadion, der Ankunft und dem Entzünden des Olympischen Feuers sowie dem Einmarsch der 51 Nationen, von den Griechen, die - mit dem ersten Marathonsieger von 1896, Spyridon Louis, an der Spitze - entsprechend der Tradition voranmarschierten, bis zu dem großen Aufgebot der Deutschen mit dem Ostdeutschland Hans Fritsch als Fahnenträger.
Der eine oder andere wird verstehen, daß ich nunmehr der Eröffnung der Spiele in Athen und den bevorstehenden Wettkämpfen mit größter Spannung und Aufmerksamkeit entgegensehe. Aber vielleicht wird auch so mancher andere diesem neuerlichen Treffen der Jugend der Welt entgegenfiebern und hoffen, daß wenigstens für eine kurze Zeitspanne etwas Frieden in der Welt und Verständigung zwischen den Völkern zu verspüren sein wird.
Das olympische Feuer auf dem Weg zur Eröffnung der Spiele: Werner Maaß von Viktoria Allenstein vor dem Olympiastadion in Berlin 1936 Foto: Jahnke
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