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Die Pietà im Werk von Käthe Kollwitz - Anmerkungen zu einer Ausstellung

 
     
 
Für den Rheinländer ist Königsberg, die Geburtsstadt von Käthe Kollwitz, weit entfernt, ebenso wie Moritzburg bei Dresden, wo sich die Grabstätte der ostdeutschen Künstlerin befindet. In einer gewissen Distanz stehen die Rheinländer auch zur herben Kunst der berühmten Zeichnerin, Plastikerin und Grafikerin wie auch - besonders seit dem Mauerbau
- zu Berlin, wo Käthe Kollwitz gelebt und gewirkt hat. Trotzdem ist Köln nach dem Krieg zu einem der bedeutenden Zentren geworden, wo man die Kunst der Ostpreußin erleben, studieren und lieben lernen kann.

1959 wurde in den Ruinen von St. Alban zum Gedenken an die Toten der Weltkriege die "Trauernden Eltern" eingeweiht, eine Kopie aus Muschelkalk nach dem "Denkmal für Peter", dem im Ersten Weltkrieg an der Westfront gefallenen 18jährigen Sohn der Kollwitz. Das Original befindet sich auf dem Heldenfriedhof in Vladslo/Flandern. In der Antoniter-Kirche in Köln begegnet man Barlachs "Trauernder Engel", der die Gesichtszüge der Kollwitz trägt. Für den Dom zu Güstrow geschaffen und im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen, wurde das Werk nach dem geretteten Gipsmodell für Köln 1952 in Bronze gegossen. 1985 gründete die Kölner Kreissparkasse in ihrem Haus am Neumarkt das Käthe-Kollwitz-Museum, dessen "beispielhafte mäzenatische Initiative Kölns kultureller Anziehungspunkt zu verdanken sei", so Marie Hüllenkrämer, Kölns Kulturdezernentin. In der Tat garantiert dieses Geldinstitut in einer Zeit der finanziellen Not von Staat, Land und Stadt auf kulturellem Gebiet den Unterhalt des Museums, Neuerwerbungen und die Organisation von Wechselausstellungen. Mit kunstgeschichtlichem Wissen und museumspädagogischem Geschick, Phantasie und Fleiß (Vorträge, Führungen, Kurse etc.) machte Museumsleiterin Hannelore Fischer das Käthe-Kollwitz-Museum weit über die Grenzen Kölns bekannt und zum Magneten auch für jene, die einst der Kunst der Ostpreußin fern standen. Zu den Sonderausstellungen, die stets in die ständige Museumssammlung integriert sind, gehört die Folge "Einblicke". Die sechste in dieser Reihe, die bis 5. Mai dauert, ist der "Pietà im Werk von Käthe Kollwitz" gewidmet (Begleitheft von Günter Herzog, 24 Seiten, reich bebildert, 3,50 E).

Einige der Exponate dieser Ausstellung, die aus dem Besitz des gastgebenden Museums stammen, sowie Leihgaben des gleichnamigen Museums zu Berlin und aus anderen bedeutenden Sammlungen scheinen von christlichen Motiven angeregt zu sein: Pietà, die trauernde Muttergottes um ihren toten Sohn (Pietas, lateinisch Erbarmen, Liebe), Gnadenstuhl, Grablegung u. a. Doch die meisten Werke spiegeln die Erlebnisse und Gefühle der Künstlerin wieder. Nicht selten begegnet man sogar Selbstbildnissen und dem Porträt des gefallenen Sohnes. Lange bevor sich die Bildhauerin mit dem "Denkmal für Peter" befaßte, bis es 1932 in Flandern aufgestellt wurde, spielen Tod, Liebe und Trauer im Leben und Schaffen der Künstlerin eine wichtige Rolle. Von Käthe Kollwitz wissen wir, wie sie und ihr Mann, Arzt von Beruf, um das Leben ihres todkranken älteren Sohnes gerungen haben. Tief bewegte sie in der Kindheit der Tod ihres Bruders und später der Selbstmord ihrer Cousine. Das alles blieb nicht ohne Wirkung auf ihr Schaffen.

Als 32jährige schuf sie die Radierung "Gretchen", angeregt durch Goethes Faust und dem moralischen und sozialen Verhalten in jener Zeit. Mit Blick auf dieses Thema schreibt Günter Herzog im Begleitheft der Ausstellung: "So wie Goethes Gretchen ihr Kind ertränkte, haben damals viele verzweifelte ledige Frauen ihre Kinder abgetrieben oder bald nach der meist heimlichen Geburt getötet, um der grausamen Diskriminierung der ,ledigen Mütter zu entgehen."

1903 entstehen dann die eindrucksvollen "Variationen von Frau mit totem Kind und Pietà" (Kohle, Kreide, Radierung), die nach Komposition und Handschrift ganz persönliche Werke der Ostpreußin sind. Eine "Pietà" überschriebene Ausstellung wäre unvollkommen, würde die 40 cm kleine gleichnamige Bronzeplastik der Kollwitz nicht gezeigt und damit die monumentale Vergrößerung für die "Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer des Krieges und der Gewaltherrschaft" (Neue Woche, Berlin) nicht zur Diskussion gestellt werden. Großfotos des Innenraumes sowie der postumen Plastik selbst bieten sich dem Besucher zu Bildvergleichen an. Bekanntlich verfügte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl, die "kleine aus der Hand geformte Figur" zum anderthalb Meter großen Denkmal zu vergrößern und dessen Aufstellung (1993). Die Kölner Ausstellung regt nicht zuletzt auch zur Kontemplation und Dis-kussion an. Günther Ot
 
     
     
 
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