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Auf Initiative und mit finanzieller sowie materieller Hilfe der Stadtgemeinschaft Tilsit sowie der Kreisgemeinschaften Elchniederung und Tilsit-Ragnit wurde in Tilsit die Begegnungsstätte der Regionalorganisation der Rußlanddeutschen "Altes Tilsit" feierlich eingeweiht.
30 Rußlanddeutsche und die Teilnehmer zweier Bussonderreisen der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit - darunter auch Ostdeutschland aus den USA und Kanada - nahmen an der Veranstalt ung in der Stolbecker Straße 4 teil. So konnte der für rund 60 Personen ausgelegte Versammlungssaal die vielen Gäste kaum fassen. Mit künstlerischen Arbeiten der Floristin Leontjewa war der Saal festlich dekoriert. Den Auftakt gestaltete der Chor "Cantabile Tilsit" mit einem musikalischen Programm.
Der Vorsitzende des Vereins "Altes Tilsit", Viktor Albert, begrüßte die Gäste und dankte den Initiatoren und Spendern für ihre großzügige Unterstützung bei der Fertigstellung dieses Hauses. "Jetzt besteht die Möglichkeit", sagte Viktor Albert, "Versammlungen und Beratungen durchzuführen. Das Hauptanliegen besteht in der materiellen und rechtlichen Hilfe für Menschen deutscher Nationalität, aber auch für andere Bürger, in der Unterstützung Bedürftiger, in der Pflege kultureller und geistlicher Kontakte mit Deutschland. Ich hoffe, daß sich alle Vereinsmitglieder für diese Ziele einsetzen und daß die Bürger Deutschlands uns dabei helfen werden."
Anschließend erinnerte der Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit, Hartmut Preuß, an die Gründung des Vereins "Altes Tilsit". Mit der Begegnungsstätte gehe ein Traum der drei Kreisgemeinschaften in Erfüllung, stehe nun für rund 60 Personen ein Versammlungsraum mit Küche und Sanitäranlagen für Andachten, Versammlungen, Geburtstage, Taufen und andere Familienfeiern zur Verfügung. Ausdrücklich dankte Preuß der Freundeskreis Ostdeutschland und der Familie Schmidt in Schleswig-Holstein für deren finanzielle Unterstützung. Er versicherte, daß die Zusammenarbeit mit dem Verein der Rußlanddeutschen die anderen Aufgaben nicht beeinträchtigen werde. Die Verpflichtungen der Kreisgemeinschaften Tilsit-Stadt, Tilsit-
Ragnit und Elchniederung würden nach wie vor erfüllt. Nachdem er vom Vorsitzenden der Stadtgemeinschaft Tilsit, Horst Mertineit, der der Veranstaltung nicht beiwohnen konnte und dem Haus zu einem späteren Zeitpunkt einen Besuch abstatten will, Grüße übermittelt hatte, wünschte Preuß der Begegnungsstätte und deren Gästen alles Gute für die Zukunft und überreichte dem Hausherren zwei Bilder mit alten Ansichten Tilsits. Einem spontanen Spendenaufruf für noch fehlende Stühle folgten 31 Ostdeutschland, deren Namen nun auf Namensschildern festgehalten werden.
Igor Firsikow, Stellvertreter des Oberbürgermeisters für auswärtige Beziehungen und Kulturbeauftragter Tilsits, versprach dem Verein "Altes Tilsit" die Unterstützung der Stadtverwaltung bei der Überwindung administrativer Hürden. Die Eröffnung der Begegnungsstätte habe große Bedeutung nicht nur für Tilsit, sondern für das gesamte Königsberger Gebiet. "Wir hoffen", so der Russe, "daß die Organisation ,Altes Tilsit die Beziehungen zwischen Rußland und der EU und insbesondere mit Deutschland weiter festigen wird. Es kommen viele Deutsche hierher, die hier geboren sind. Auch ich bin hier geboren, hier sind mein Vater und meine Freunde begraben. Heimat ist unteilbar. Diese Begegnungsstätte wird dem gegenseitigen Verstehen dienen, sind wir doch alle Landsleute, und dazu wünsche ich viel Erfolg."
Die Grüße und guten Wünsche der Kreisgemeinschaft Elchniederung überbrachte Gertrud Nagorny. Sie lobte das Engagement Alberts und seiner Freunde bei der Fertigstellung des Baus und gab ihrer Hoffnung Ausdruck, daß "noch mehr Leute hierher kommen als in die Begegnungsstätte Heinrichswalde, die vor fünf Jahren auf Initiative meines Mannes Jewgeni Nagorny geschaffen wurde. Mögen sich die Menschen hier wie zu Hause fühlen." Als Gastgeschenk überreichte sie zwei Bilder mit ostdeutschen Motiven für den Versammlungsraum.
Für den Rayon Ragnit trug Rafael Frangulan die Grußworte des Landrates vor. Als Gastpräsent überreichte er dem Verein historische Bilder von der Region.
Die nach dem kanadischen Calgary ausgewanderte Ostpreußin Barbara Lengauer sprach ein Grußwort für die fern der Heimat lebenden Landsleute und übergab Albert eine CD mit Heimatliedern.
Bevor Probst Osterwald mit dem Gottesdienst begann, sagte er den Anwesenden: "Ich habe mich heute wieder einmal davon überzeugen können, daß wir einander brauchen und daß wir einander verstehen wollen. Wir leben in einer schweren, aber auch schönen Zeit. Wir können Grenzen überqueren, können uns begegnen und miteinander sprechen. Jeder kann seine Erfahrungen einbringen. Wir können einander anhören und verstehen, auch wenn wir verschiedene Sprachen sprechen. Vergessen wir nicht, was uns das gekostet hat, doch die Überwindung von Leid führt bekanntlich zusammen. Ich danke Viktor Albert, daß diese Stätte uns alle im Geiste Gottes vereint. Die Menschen können hierher kommen, um Meinungen, Schicksale und Schwierigkeiten zu erörtern und Hilfe zu bekommen. Das dient der Festigung der Freundschaft und des friedlichen Miteinanders der Völker. Diese Stätte ist nicht auf Sand gebaut, sondern auf Fels, und deshalb wird sie nicht verfallen. Es ist gut, daß sie nicht nur für die Ostdeutschland da ist, sondern auch für die Rußlanddeutschen und Menschen anderer Nationalität, um so mehr, als dieser Saal künftig auch für Gottesdienste aller Konfessionen genutzt werden kann." H. D. / H. P.
"Altes Tilsit"
Der Verein wurde als Regionalorganisation der Rußlanddeutschen am 5. Februar 2002 durch Viktor Albert, wohnhaft in Ragnit, gegründet und mit der Registriernummer 1603 in der Königsberger Gebietsverwaltung des Justizministeriums eingetragen. Gemäß der Satzung können dem Verein nicht nur russische Staatsbürger, sondern auch Bürger anderer Nationalität über 18 Jahre sowie juristische Personen angehören. Sie sind zur aktiven Mitarbeit und zur Beitragszahlung verpflichtet. Für heimatvertriebene Ostdeutschland beträgt der Mindestbeitrag zehn Euro im Jahr. Ansprechpartner sind der Vereinsvorsitzende Viktor Albert in Tilsit sowie die Kreisgemeinschaften Elchniederung, Tilsit-Ragnit und Tilsit-Stadt. EB
"Cantabile Tilsit": Der Chor - hier zu sehen mit der Dolmetscherin Ludmilla Gulajewa - umrahmte die Veranstaltung mit deutschen und russischen Liedern. Foto: August
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