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Seit Jahresbeginn wurde in der deutschen und de russischen Presse immer wieder, zuletzt im August im "Königsberger Express" über das Auffinden von Schätzen des Königsberger Prussia-Museums berichtet. Es handel sich dabei in der Hauptsache um archäologische "Funde von europäischem Rang" (Awenir Petrowitsch Owsjanow), die bis 1944 im Königsberger Schloß beheimatet waren Unwillkürlich fällt einem Agnes Miegel ein "
daß Du, Königsberg, nich sterblich bist."
In der Folge beschreiben wir die Ziele der alten und der neuen Prussia, danac berichten wir in großen Schritten über die Entwicklung beider Gesellschaften und die vo ihnen bearbeiteten Sachgebiete. Was war einst und was ist die Prussia heute? Welcher Geis beseelte und beseelt sie? Die Prussia wurde 1844 im 300. Jubiläumsjahr der Universitä in Königsberg gegründet; es sollte das 600jährige Jubiläum der Stadt Königsber vorbereitet werden. Als Aufgabe des Vereins wurde festgelegt, daß er "sich mi Erforschung der Geschichte, mit Sammlung der Volkslieder und Sagen Preußens (gemeint is Altpreußen, etwa das Siedlungsgebiet der Prußen daher der Nam "Preußen" , die zwischen Weichsel und Memel wohnten, d. Verf.) mi Aufsuchung und Erhaltung der preußischen Altertümer und Kunstwerke jede Art
" befassen sollte. Als Vorsitzender wurde Professor Ernst August Hage gewählt, ein vielseitiger Kunsthistoriker. Im Anschluß an die Vorstandswahl und die Erledigung weiterer geschäftlicher Angelegenheiten "trug Hensche seine Abhandlun ,über die Siegel Königsbergs von der ältesten Zeit bis jetzt vor, worauf von ih und dem Regierungssekretär Ulmer einige Antiquitäten vorgelegt und von Maler Funk un von Geheimrat Voigt ein paar Sagen erzählt wurden. So verlief die erste Sitzung de Prussia, und wer unsere späteren Verhandlungen kennt, bemerkt sofort. daß der Charakte jener ersten seitdem gewahrt ist". Dieses Zitat von Professor Bezzenberger aus seine Rede zum 50jährigen Jubiläum der Prussia haben wir deshalb ausgewählt, weil e bekundet, daß die Prussia bereits in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens eine Sitzungsstil gepflegt hat, wie wir ihn auch heute von der "neuen" Prussi kennen: ernsthaft, wissenschaftlich streng, vielseitig engagiert und doch oft humorvoll für jeden etwas auch die ostdeutsche Lebensfreude soll nicht zu kurz kommen Wichtig ist uns dabei das Einfangen der Atmosphäre der Prussia; Königsberg soll in un lebendig werden.
Die alte und die neue Prussia waren und sind offen für alle Interessierten; bereit bei der ersten Sitzung war außer Akademikern ein bedeutender Anteil an Handwerkern Kaufleuten und Lehrern anwesend. Aber auch bekannte Universitätsangehörige un Staatsbedienstete waren vertreten, so beispielsweise der spätere Reichstags- un Reichsgerichtspräsident Eduard von Simson und sogar noch einer von Kants Tischgenossen der Geheime Oberregierungsrat und Universitätskurator Dr. Reusch.
Die aufgezeigte breite Interessenlage der Gesellschaft die Begeisterungsfähigkeit und die Liebe zur Heimat hat sich immer wieder bewährt Aus den verschiedensten Notlagen kam die Prussia immer wieder heraus und läßt auch heut noch ein langsames, aber stetiges Wachstum erkennen. Diese Haltung soll mit einem Zita Bezzenbergers, der unserer Meinung nach die von Dr. Bujack aufgebaute Prussia wie kei anderer geprägt hat, belegen: "
denn was liegt an uns, was an eine Gesellschaft, was an einem Namen! Sondern (schließen) mit dem Wunsche, daß der Geist der uns erfüllt, der unsere Tätigkeit leitet, Gemeingut aller Ostdeutschland werde, da sie alle über den Lärm und Gegensätze des Tages hinweg sich mehr und mehr eins wisse in der Liebe zu unserer Provinz, in der Achtung vor ihrer Vergangenheit, in dem Streben ihre Eigenart zu erkennen, und in dem Wunsche, hierdurch das Heimatgefühl immer mehr zu erwärmen und zu steigern."
Nach einem zunächst vielversprechenden Anfang entwickelte sich die Prussia etwa a 1858 sehr wechselhaft. Erst unter dem Vorsitz des Gymnasialprofessors Dr. Georg Bujac begann ein allmählicher großartiger Aufstieg der Gesellschaft. Die Zahl der Mitgliede stieg von 30 im Jahr 1871 auf 300 im Jahre 1890. Ganz offensichtlich durch Bujack Persönlichkeit mitgerissen, scheint es, als wäre ganz Ostdeutschland von einer imme stärker werdenden Begeisterung für die Suche nach den Zeugnissen der Geschichte erfaß worden. Die Folge war, daß eine große Zahl von raumgreifenden Fundsachen, beispielsweis Urnen aus der Vorzeit, aber auch aus allen Phasen der Geschichte, etwa Uniformen un Waffen aus den Befreiungskriegen gegen Napoleon, immer wieder zu Platzmangel in de Archiven und Ausstellungsräumen führte. So erklären sich die vielen Umzüge de Museums, schließlich dessen Ausbreitung in einem großen Teil des Schlosses un letztendlich die 1924 erfolgte Aufteilung. Bei einem solchen Umzug halfen beispielsweis ein Infanterieregiment und die Feuerwehr; ganze Schulen wurden zum Transport Hunderter vo Urnen eingesetzt.
Bujack nannte das Samland, den Kreis Memel und Masuren, also große Teile vo Ostdeutschland, "einen ununterbochenen vorgeschichtlichen Friedhof". Eine anschaulichen Eindruck von der Enge, aber auch von der Atmosphäre des Museums in bescheidenen "Königlichen Palais" vermittelt 1916 Dr. Paul Landau: "
um dann mühsam ein paar hohe steile Treppen hinaufzusteigen. Oben aber empfängt uns ei freundlicher Kastellan, der mit seinem Wissen manchen Professor beschämen könnte und un einführt in eine Welt der seltensten, kostbaren und interessantesten Dinge. Diese kundige Führer, der uns von Zimmer zu Zimmer geleitet und liebevoll auf die in ungeheure Mengen aufgestapelten Schätze aufmerksam macht, ist so recht ein Symbol des einzigartige Sammelgeistes, der dieses einzigartige Museum geschaffen."
Zurück zum Ausgang des 19. Jahrhunderts: Einen bemerkenswerten Höhepunkt ihre Entwicklung hatte die Prussia bereits zur Zeit ihres 50jährigen Jubiläums 1894 erreicht wie Professor Adalbert Bezzenberger, der damalige Vorsitzende der Prussia, in seine Festvortrag aufzeigt. Die Arbeit der Gesellschaft und ganz besonders ihre archäologische Sammlungen waren national und international anerkannt; 15 renommierte Gesellschaften un eine Vielzahl hervorragender Persönlichkeiten des In- und Auslandes hatten ihr Glückwünsche dargebracht. Weiterhin überzog ein Netz von Korrespondierenden un Ehrenmitgliedern ganz Europa von Stockholm, St. Petersburg und dem Baltikum bis Rom, vo Paris bis Krakau und Warschau bis Odessa. Ein lebhafter Austausch der Veröffentlichunge fand statt mit rund hundert Gesellschaften und Bibliotheken.
Die Prussia beschäftigte sich jedoch nicht nur mit Archäologie. Aus de Sitzungsberichten und den verschiedenen zum Teil neugegründeten Abteilungen des Museum geht hervor, daß von Anfang an des Interesse an sehr vielen Bereichen der Kultur Ost- un Westpreußens erhalten blieb und gepflegt wurde. Von großer Bedeutung waren die volkskundliche und die historische Abteilung des Museums. So wurde beispielsweise de bäuerlichen Kultur große Aufmerksamkeit geschenkt, wie unsere Abbildungen (oben un Mitte) zeigen. Die Präparatoren und Restauratoren bauten nicht nur Modelle, sonder restaurierten zusammen mit einer beachtlichen Werkstatt Kirchenbilder, wertvolle alt Möbel und stellten archäologisches Anschauungsmaterial her. (Bild unten, Werkstatt.)
Die historische Abteilung verdiente in Ostdeutschland besonderes Interesse. A augenscheinlichsten war dies im Moskowitersaal, der einen kleinen musealen Wallfahrtsor darstellte (siehe Abbildung im Folge 1/2000). Neben dem berühmte Schlitten des Großen Kurfürsten gab es Erinnerungsstücke an die in Königsberg durc Freiherrn vom und zum Stein und General Yorck veranlaßte Volkserhebung gegen Napoleo noch vor der Erklärung des Königs "An mein Volk" in Breslau.
Prof. Dr. Günter Brilla ist Präsident der Prussia-Gesellschaft in Duisburg.
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