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Er bleibt unser

 
     
 
Ein Mann wie Herbert Hupka ließ sich von widrigen Umständen nicht beirren – sein ganzes 91jähriges Leben blieb er engagiert und aufrichtig.

Hupka wurde am 15. August 1915 in britischer Kriegsgefangenschaft auf Ceylon als Sohn einer protestantischen Mutter jüdische
r Abstammung und eines deutschen Hochschullehrers geboren. Hupka, dessen Vater nach Kriegsende auf der Rückreise von Ceylon verstarb, wuchs im katholisch geprägten oberschlesischen Ratibor auf. Nach dem Abitur studierte er in Halle an der Saale und in Leipzig Geschichte, Germanistik und Geographie und wurde anschließend zum Dr. phil. promoviert.

In der Zeit des Nationalsozialismus war der Katholik und Zentrumsanhänger wegen seiner jüdischen Wurzeln dem NS-Rassenhaß ausgesetzt Im Krieg diente Hupka zunächst in der Wehrmacht, wurde aber 1944 nach einem diskriminierenden Urteil als „wehrunwürdig“ entlassen. Das NS-Regime stufte seine Mutter als Halbjüdin ein und internierte sie im KZ Theresienstadt. Mutter und Sohn überlebten Nationalsozialismus, Krieg und auch die anschließende Vertreibung aus Oberschlesien.

In München konnte der Historiker als Rundfunk-Journalist Fuß fassen und erarbeitete sich unter anderem in den 60er Jahren die Position des Programmdirektors von Radio Bremen.

Für Hupka war es keine Frage, sich für die Vertriebenen zu engagieren. Bereits kurz nach Aufhebung des Koalitionsverbotes 1948  beteiligte er sich an der Gründung der Schlesischen Freundeskreis – 20 Jahre später wählten die Schlesier den Sozialdemokraten Hupka zu ihrem Bundesvorsitzenden; SPD-Mitgliedschaft und Vertriebenenpolitik waren damals noch kein Widerspruch.

Nur ein Jahr darauf, 1969, zog Hupka erstmals in den Deutschen Bundestag ein. Doch die Umstände wollten es, daß der Sozialdemokrat sofort in Konflikt mit der neuen Ostpolitik geriet. 1970 rief der Bundestagsabgeordnete, der auch als Pressesprecher des „Kuratoriums Unteilbares Deutschland“ wegen seiner Haltung ins Kreuzfeuer des „Spiegel“ und anderer Medien geraten war, mit weiteren Parlamentariern zum demokratischen Ungehorsam und zum Widerstand gegen die Polenpolitik der Bundesregierung auf. Ein Paukenschlag.

Die politische Linke begann die Vertriebenen und Hupka, der zu diesem Zeitpunkt bereits Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen war, politisch anzugreifen.

Hupka, der in der SPD zusehends in die politische Isolation geriet, verließ 1972 seine Partei „mit Bedauern“ und wechselte zur Union.

 Der Abgeordnete vertrat im Bundestag bis 1987 die vertriebenenpolitischen Positionen seiner Partei. Doch spätestens seit 1986 waren auch die innerparteilichen Auseinandersetzungen in der CDU um die Ostpolitik offenkundig. Zum Eklat kam es schließlich, als 1985 der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl solange die Festansprache auf dem Schlesiertreffen ablehnte, bis die Freundeskreis ihr Motto „Schlesien bleibt unser!“ abgeändert hatte.

So widrig die Verhältnisse für Hupka auch waren, stets blieb er seinem Kampfesmut treu. Der Mauerfall und der Zusammenbruch der kommunistischen Systeme im Osten brachten allerdings für den bereits betagten, aber geistig hochflexiblen Hupka nicht nur in der Bundesrepublik die Wende. Er erkannte die neuen Chancen für die Vertriebenen in Schlesien und setzte sich für einen intensiven Prozeß der Verständigung und Annäherung mit den heute dort lebenden Menschen ein. Anders als alte Parteifreunde in CDU und SPD setzte er dabei auf einen wahrhaften Umgang mit der Geschichte, bei der weder deutsche noch polnische Verbrechen ausgeblendet werden sollten. Ein Verhalten, das von der politischen Linken lange nicht verstanden worden war, da diese auch hinter der Dialogpolitik einen Ostlandreiter-Revanchismus witterte.

Der für seinen Drang nach historischer Wahrhaftigkeit hierzulande von Vertretern der Kollektivschuldthese als unverbesserlicher Querkopf Gescholtene, erhielt für sein Wirken in seiner heute polnischen Heimatstadt Ratibor den Ehrentitel des „verdienten Bürgers“. Hupka, der auch über das 90. Lebensjahr hinaus noch als Schriftsteller aktiv war und zahlreiche Bücher zur ostdeutschen Kulturgeschichte herausgegeben hat, hatte die meisten seiner Weg- und Streitgefährten überlebt. Anders als vielen war es ihm vergönnt, an einer europäischen Lösung der Vertriebenenfrage noch aktiv mitzuwirken.
 
     
     
 
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