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Es droht ein Bürgerkrieg

 
     
 
Die täglichen Meldungen über Terroranschläge im Irak sind wenig geeignet, ein realistisches Bild der Lage zu vermitteln: Zum einen wirkt die Routine abstumpfend. Zum anderen hinterlassen die täglichen Meldungen über Attentate den Eindruck, daß sonst alles in Ordnung sei, da man drumherum großzügig angelegte Straßen und anscheinend intakte Gebäude sieht.

Doch in die Medien kommt nur, was sich nicht verschweigen läßt, etwa Anschläge in den Städten oder „Abstürze“ von Flugzeugen. In Wahrheit gibt es – neben einer ausufernden gewöhnlichen Kriminalität
– tagtäglich dutzende politisch motivierte Gewaltakte, die teils wegen der Zensur, teils aus Mangel an Journalisten vor Ort nicht publik werden. Es sind „normale“ Guerilla-Angriffe auf Truppen und Polizeieinheiten, Anschläge auf Firmen im Dienst der Besatzungsmacht und Fememorde an Kollaborateuren.

Was sich alles abspielt, läßt sich indirekt aus den offiziellen Zahlen über gefallene und verwundete US-Soldaten schließen. Und selbst die sind geschönt, zumindest weil die Verluste bei den von „Sicherheitsfirmen“ eingesetzten Söldnern verschwiegen werden. Daß weder die Besatzungsmacht noch die neue Regierung auch nur annähernd Herr der Lage sind, zeigt sich aber unter anderem daran, daß in einem der ölreichsten Länder mit früher hochmoderner Infrastruktur die Energieversorgung noch immer nicht funktioniert. Teil der Misere ist, daß man den verlogen begründeten Angriff auf den Irak nachträglich mit einem falschen Vorwand zu rechtfertigen sucht, mit „Demokratie“. Doch die ist kein Allheilmittel. Sie setzt voraus, daß es ein loyales Staatsvolk gibt. Eine bloße „Bevölkerung“, die noch dazu aus verfeindeten Volksgruppen besteht, reicht keineswegs. Bushs „democracy“ hat die Gegensätze nur verschärft, und die „freien Wahlen“ haben legal eine sunnitische Unterdrück-ung durch eine schiitische ersetzt – ausgerechnet eine schiitische!

Während wenigstens die arabischen Iraker, ob Sunniten, Schiiten oder Christen, früher ein irakisches Staatsbewußtsein hatten, droht dieses nun verlorenzugehen. Ein regelrechter Bürgerkrieg scheint nicht mehr ausgeschlossen. Der kurdische Norden geht ohnehin eigene Wege, selbst wenn der Kurdenfürst Talabani pro forma als „gesamtirakischer“ Präsident die Welt bereisen darf.

Angesichts dessen sind Meldungen über eine deutsche Verstrickung besonders besorgniserregend. Da war zunächst die Affäre Osthoff. Ans Licht kam dabei der Einsatz „inoffizieller BND-Mitarbeiter“. Das tun zwar auch andere „Dienste“. Wenn man es aber in Situationen wie im Irak tut und Personen benutzt, die im humanitären oder kulturellen Bereich tätig sind, bringt man alle in Gefahr. Welche Munition für Haß-Prediger und Terroristen! Und deshalb dürfte manches Opfer zwar nicht „zu Recht“, doch aus erklärlichen Gründen entführt worden sein.

Dann kam die Ankündigung einer verstärkten deutschen Irak-Hilfe. „Hilfe“ ist zwar etwas Gutes. Im konkreten Fall ist sie aber ein Geschenk für George Bush, und das wird von den „Geholfenen“ mit Sicherheit so gesehen. Bei der Ausbildung von irakischen Polizisten geht es nämlich im Prinzip um genau dasselbe wie bei der Entsendung von Truppen: Beides dient dazu, die US-Truppen zu entlasten und dennoch die US-Ziele zu unterstützen. Je mehr sich Europäer dafür einspannen lassen, um so größer wird die Gefahr für sie selbst, und um so höher werden die Kosten zur Abwehr eines Terrors, den es sonst nicht gäbe. Daß Merkel im verbalen Vorgeplänkel des Irakkriegs zu den „Falken“ gezählt hatte, werden die Terror-Paten auch nicht vergessen haben.

Die dritte Negativ-Botschaft war, daß BND-Mitarbeiter im Irakkrieg den USA taktische Informationen zukommen ließen. Daß dies im Widerspruch zur offiziellen Haltung der rot-grünen Regierung stand, ist das geringere Problem. Viel schlimmer ist, daß es eine These der Islamisten stützt, nämlich daß „alle Christen“ unter einer Decke stecken – das „Kreuzfahrer-Syndrom“. Daß die Sache mit den BND-Männern zeitgleich mit Merkels USA-Reise aufflog, läßt zudem auf Absicht schließen: Unbotmäßige Europäer sollen als Mittäter kompromittiert werden, damit – wenn sie selber Opfer zu beklagen haben – sie sich leichter in Bushs Heerbann hineinzwingen lassen.

Und schon läßt man sich für ein neues Ablenkungsmanöver einspannen: Auch wenn man das Mullah-Regime ablehnt, ist es Pharisäertum, dem Iran das verbieten zu wollen, was die offiziellen und inoffiziellen Atommächte längst getan haben! Ohne um Erlaubnis zu fragen.

Bush will Europäer kompromittieren
 
     
     
 
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