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Es gibt keine Gratismahlzeit

 
     
 
Auch klügste Köpfe sind nicht davor geschützt, mißverstanden zu werden - selbst Milton Friedman nicht. Seit das letzte Datum zu seinem Leben gesetzt ist - Friedman starb am 16. November in San Francisco -, ist die Lebensleistung vielfach nachgezeichnet worden.

Der Mann, der zu den großen Vier der Weltökonomie zählt und 1976 mit dem Nobelpreis für Wirtschafts
wissenschaften geadelt wurde, stand und steht in der Erinnerung der Menschen als strenger Verfechter der Marktwirtschaft ohne jeden Hang zur Regulierung.

Faszinierend anschaulich gelang ihm der wissenschaftliche Beweis, wie staatliche Eingriffe, etwa Preiskontrollen, Lohnvorschriften oder Subventionen im Wohnungsbau, die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig stören können: Interventionen des Staates gehen regelmäßig schief und führen zu dem, was die Bürger am meisten fürchten müssen: Inflation. "Inflation ist Besteuerung ohne gesetzliche Grundlage", pflegte Friedman zu sagen.

Seine Abneigung gegen jede Art von staatlicher Wohlfahrt belegte Milton Friedman mit seinem eigenen Lebensweg. Er war ein Kind jüdischer Einwanderer aus einem Gebiet, das heute zur Ukraine zählt; seine Eltern hatten sich aus ärmlichen Verhältnissen ohne jede Integrationshilfe und Sozialverwöhnung auf den Weg in die Mitte der amerikanischen Gesellschaft gemacht. Milton Friedmans Universitätskarriere bis in die Weltspitze der Ökonomie ist ein Beispiel für Leistungswillen und Befähigung, ohne jeden Auswuchs von Bildungssubvention.

Sein rigoroses Eintreten gegen jede Art von Beschränkung oder Regulierung dehnte er auch auf die völlige Freigabe von Drogen, die Legalisierung jeder Art von Prostitution oder etwa Aufhebung der Wehrpflicht aus. Er liebte die Debatte vor großem Publikum. Seine Wortmeldungen wurden kontrovers bis hitzig diskutiert, die Kritiker ließen aber meistens außer acht, daß Friedman ein intellektueller Theoretiker war und auch bleiben wollte. Den Schritt in die Praxis, selbst Verantwortung zu übernehmen, hat er nie getan - eine der Ursachen für die Mißdeutungen, die sich mit seinem Namen verbinden.

Friedman stand einer ganzen Reihe von Staatschefs mit guten Ratschlägen zur Seite, im schlechteren Fall ließ er es zu, daß sie sich mit seiner weltweit anerkannten Kompetenz schmückten und damit ihre Politik zu begründen versuchten. Themen wie Geldmengensteuerung oder "Stagflation" werden kaum verstanden, da vertraut man besser dem Papst des Monetarismus und seinen anschaulichen Reden zur "drohenden Unterfinanzierung".

Friedmans geistige Freundschaft zu Margaret Thatcher und Ronald Reagan kam die Welt teuer zu stehen.

Reagan hielt sich eine Weile an die Ratschläge seines Beistandes, deregulierte viele Märkte und senkte den Spitzensteuersatz von 77 auf 33 Prozent. Als der US-Präsident dann doch "die fette Katze fütterte" und immer mehr Schulden für Rüstungs- und Subventionsprogramme machte, distanzierte sich Friedman nicht öffentlich von dieser Form der "Reaganomics". Die Folge: Reagan verdreifachte die Staatsschulden der USA auf heute astronomische 8,5 Billionen Dollar - nur der erzwungen günstige Dollarkurs verschleiert, daß die Verschuldung der USA umgerechnet auf deutsche Verhältnisse um 40 Prozent höher liegt - ohne die Kosten der Wiedervereinigung. Ein irreparabler Schaden im Währungsgefüge - und das hatte Milton Friedman niemals gewollt.

Vor einem weiteren Mißverständnis sollte man Friedmans Andenken heute bewahren, wenn linke Kreise sich auf ihn berufen: Sein Vorschlag, Bedürftigen mit einer negativen Einkommenssteuer zu helfen, hat nichts mit sozialen Umverteilungsaktionen wie "Grundsicherung für alle" zu tun. Friedman wollte, daß der Staat Geringverdienern aus dem Steuersäckel Zuschüsse zum Lohn zahlt statt Steuern abzuziehen - aber Grundbedingung für jede Art von Hilfe sollte sein, daß die Menschen wirklich für ihren Lebensunterhalt arbeiten. Milton Friedmans Lehrsatz dazu war anschaulich wie immer: "Es gibt keine Gratismahlzeit."
 
     
     
 
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