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Felix Krull bittet zu Tisch

 
     
 
In die Literaturgeschichte ist er eingegangen als der weltweit berühmteste - und wohl auch beliebteste - Hochstapler: Felix Krull, dessen Bekenntnisse zu den meistgelesenen Werken des 20. Jahrhunderts zählen. Aber eigentlich stimmt die "Berufsbezeichnung" gar nicht. Thomas Mann
s legendäre Romanfigur war vor allem Schelm, Künstler und Genießer. Und um sich dies alles leisten zu können, ohne daß der dazu unvermeidliche Broterwerb gleich in Arbeit ausartete, wurde er eben zum Hochstapler.

Genau 50 Jahre ist es nun her, seit das Meisterwerk erstmals erschien. Grund genug, das Jubiläum angemessen und des Helden würdig zu feiern. Nirgendwo anders wäre das so gut möglich wie in Lübeck, in dessen malerischer Altstadt heute das Buddenbrookhaus an Thomas Mann erinnert.

Die Sommerausstellung verweist auch darauf, daß es eigentlich gilt, ein zweifaches Jubiläum zu feiern: Vor 50 Jahren war das Romanfragment erstmals erschienen, und ebenfalls 50 Jahre hatte Thomas Mann - immer mit Unterbrechungen - daran gearbeitet. Die ersten Materialsammlungen stammen aus dem Jahre 1904; jetzt sind sie in Lübeck zu bestaunen (täglich 10-18 Uhr; bis 31. Oktober).

Zu bestaunen ist auch die spezielle Arbeitsweise des Autors: Um seine Romanfiguren glaubwürdig beschreiben zu können, hat er auch das kleinste Detail nicht dem Zufall (oder der bloßen Phantasie) überlassen. Ein Beispiel: Bevor er schilderte, wie Felix Krull eine Unterschrift fälschte, übte Mann fleißig das Fälschen von Unterschriften. Das im Buddenbrookhaus zu besichtigende Blatt mit den Schriftproben beeindruckt.

Interessant auch die Vorführungen in dem kleinen museumseigenen Filmraum, der Vergleich einzelner Szenen einerseits aus dem Kinofilm mit Horst Buchholz und Liselotte Pulver, andererseits aus der späteren Fernsehproduktion. Eindeutiges Fazit: Der mit viel größerem Aufwand eingespielte TV-Film kommt an die Intensität der klassischen Schwarzweiß-Verfilmung auch nicht annähernd heran.

Höhepunkt der Felix-Krull-Geburtstagsfeierlichkeiten ist die Veranstaltungsreihe mit dem vielsagenden Titel "Die Süßigkeiten des Lebens - Genießen mit Felix Krull". Hier lädt das Buddenbrookhaus zum opulenten Fünf-Gänge-Menü, von dem Lübecker Scandic Hotel gekonnt angerichtet und serviert.

Ein Champagner Premier Cru von Nicolas Feuillatte stimmt auf die Genußwelt des legendären Hochstaplers ein. Nach Franz Schuberts "Moment musical op. 94" und einer Lesung labt das erlauchte Publikum sich an lauwarmen Seezungenfilets an Blattsalaten. Tschaikowsky und eine zweite Lesung leiten über zu Oxtail mit Käsestangen. Im Tangoschritt geht es weiter zum Ragout fin in der Jakobsmuschel, Fritz Kreislers "Liebesleid" macht Appetit auf Filets von Rind und Schwein in Morchelrahmsauce, der abschließende Pfirsich Melba (werkgetreu nach einem Rezept von Escoffier) wird musikalisch umrahmt von Gaspar Cassado und Sergej Rachmaninov. Die beiden Künstler, Séverine Balon am Cello sowie der Schauspieler Jan Bovensiepen mit insgesamt sechs Rezitationen aus Krulls Bekenntnissen, hatten sich den anhaltenden Schlußapplaus redlich verdient.

Ebenso hochverdientes Lob ist den Veranstaltern vom Buddenbrookhaus auszusprechen. Die Idee dieses literarischen Menüs war gut konzipiert und glänzend durchgeführt - ein langer und künstlerisch wie kulinarisch genußreicher Abend, der Appetit machte. Zum Beispiel auf die Sonderausgabe der "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull", die zum 50. Jubiläum als Reprint der Erstausgabe bei S. Fischer erschienen ist (selbstverständlich zu beziehen beim Buchhandel). Nina Schulte

 
     
     
 
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