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Gedanken zur Zeit: Nobel-Oscar für eine bessere Welt

 
     
 
"Männer sind für die schrecklichsten Ereignisse in unserer Geschichte verantwortlich. Gerade Krieg ist nach wie vor eine Domäne der Männer, die Leidtragenden sind meist unschuldige Frauen und Kinder."

Dieser Satz könnte durchaus von Deutschlands Ober-Emanze Alice Schwarzer stammen (ohne dadurch an Wahrheitsgehalt einzubüßen). Zitiert wird hier aber Michail Gorba-tschow. Und der war ja längere Zeit Generalsekretär der KPdSU, deren Zentralkomitee sowohl eine Männerdomäne als auch verantwortlich für einige der schrecklichsten Ereignisse in der jüngeren Menschheitsgeschichte
war. Der Mann weiß also, wovon er spricht.

Er weiß aber auch, daß es immer wieder Männer gibt, die diesem Negativ-Bild nicht entsprechen. Die will er, als leuchtende Beispiele und Vorbilder, aller Welt (nicht nur der Männer-Welt) präsentieren, indem er ihnen Preise verleiht. Und da er als einstiger Präsident einer Supermacht wohl immer noch an globale Dimensionen gewöhnt ist, heißen diese Preise schlicht und einfach "World Awards" (Welt-Preise).

Auf der Liste der bisherigen Preisträger finden sich klangvolle Namen: Papst Johannes Paul II. und Simon Wiesenthal, Luciano Pavarotti und José Carreras, Thomas Gottschalk und Günther Jauch, Roman Polanski und Steven Spielberg, Sir Paul McCartney und Michael Jackson, Hans Dietrich Genscher, Alain Delon und Rainer Heise. Nicht bei allen ist das Preiswürdig-Verdienstvolle so eindeutig und auf den ersten Blick erkennbar wie bei dem Letztgenannten, jenem Lehrer, der den Erfurter Amokläufer mutig stellte und zur Aufgabe brachte. Die menschheitsbeglückenden Leistunges eines Bernie Ecclestone beispielsweise sind jenen Mitmenschen, die noch keinen Ferrari ihr eigen nennen, nur schwer zu vermitteln. Insgesamt aber ist es Gorbatschow gelungen, eine illustre Preisträger-Schar um sich zu sammeln, von der die weitaus meisten durchaus als Sympathieträger für eine "bessere Welt" tauglich sind.

Dreimal wurden die "Welt-Preise" - die man als Mischung aus Bambi, Oscar und Nobelpreis verstehen darf - in Wien verliehen, nun zieht der Festival-Troß um nach Hamburg. Dort wird, passend zur aktuellen Welt-Lage, etwas ganz Neues geboten: Parallel zur Verleihung der "Welt-Preise" findet im Rathaus der Hansestadt eine zweitägige "Welt-Friedens-Konferenz" statt. Das Datum steht schon fest (21. und 22. Oktober), Themen und Teilnehmer sind noch offen (beziehungsweise werden noch nicht offengelegt).

Die Vorstellung dieses Projekts in Hamburg nutzte der medienerfahrene "Vater" von Glasnost und Pe- restroika natürlich auch, um seine Sicht der aktuellen Dinge kundzutun. In deutlichen Worten kritisierte er das "imperialistische Gebahren" der USA: Ausgerechnet "das Land, das die Demokratie auf ihre Fahne geschrieben hat", habe jetzt zu Gewalt und "totalitären Methoden" gegriffen, habe "das internationale Recht und die Weltmeinung zur Seite geworfen" und die Mehrheit im Weltsicherheitsrat mißachtet.

Die UNO, so Gorbatschow weiter, verfüge über genügend technische Mittel, um festzustellen, ob der Irak wirklich über Massenvernichtungswaffen verfüge. Washington habe sich aber für ein militärisches Vorgehen entschieden, bevor die Inspektionen beendet waren; daher sei die Position Deutschlands, Frankreichs und Rußlands "gerecht und richtig".

An dieser Stelle wirkte Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der sich ansonsten in der Rolle des "Welt-Preis"-Gastgebers sichtlich wohl fühlt, etwas indisponiert. Eigentlich wollte er die Harmonie dieses Pressegesprächs im Hamburger Rathaus ja nicht unnötig stören, etwa durch eine außen- und sicherheitspolitische Kontroverse mit dem prominenten Gast aus Rußland, andererseits sollte in Sachen Irak-Krieg die Unions-Flagge (nicht zu verwechseln mit dem "Union Jack") irgendwie schon sichtbar werden. Also verwies der Ober-Hanseat eher zaghaft darauf, man könne da natürlich auch anderer Meinung sein, und genau das sei ja schließlich der Sinn und Zweck der Hamburger "Welt-Friedens-Konferenz": ein offener Dialog über dieses die Menschen so sehr bewegende Thema. Dem mochte denn auch Gorba-tschow seine - ebenfalls etwas zaghaft wirkende - Zustimmung nicht versagen.

Der Ex-Präsident der Ex-Sowjet-union schloß mit der eindringlichen Mahnung, die Erwartungen, die an das Ende des kalten Krieges geknüpft worden seien, hätten sich bislang nicht erfüllt; inzwischen habe "die Globalisierung das Gesicht eines Raubtieres" angenommen. Daher dürfe man "die Veränderung der Welt nicht den Politikern überlassen".

Wem aber sonst? Zum Beispiel Männern wie jenen, die Michail Gorbatschow mit seinen "Welt-Preisen" herausstellt. Reicht das? Natürlich nicht, meint Gorbatschow. Und kündigt für das kommende Jahr zusätzliche "World Awards" für Frauen an. n

Weitere Beiträge zum Thema "Irak-Krieg und seine Folgen" - von Prof. Dr. Klaus Hornung und Dr. Prof. Dr. Küssner
 
     
     
 
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