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Unterdessen ich mich wirklich in einigen Dingen weiter befand, als ich es nöthig hatte, so war ich dafür in wei nützlichern und nöthigern ganz zurückgelassen", klagte Johann Georg Hamann übe seine Schulbildung, "weder Historie, noch Geographie, noch den geringsten Begriff vo der Schreibart, Dichtkunst. Ich habe den Mangel der beiden ersten niemals gehöri ersetzen können, den Geschmack an der letzteren zu spät erhalten, und finden mich in vieler Mühe meine Gedanken mündlich und schriftlich in Ordnung zu sammeln und mi Leichtigkeit auszudrücken."
Von Leichtigkeit ist nun wahrlich nicht die Rede, studiert man die Schriften de Königsbergers. Selbst Goethe bekannte, Schwierigkeiten beim Lesen der Texte zu haben dennoch habe er in Hamanns "sibyllischen Blättern" etwas gefunden, dem er sic "überließ, ohne zu wissen, woher es komme und wohin es führe". Johan Gottfried Herder, der Freund aus Mohrungen aber erkannte: "Der Kern seiner Schrifte enthält viele Samenkörner von großen Wahrheiten, neuen Beobachtungen und ein merkwürdige Belesenheit; die Schale derselben ist ein mühsam geflochtenes Gewebe vo Kernausdrücken, Anspielungen und Wortblume n."
Hamann selbst sprach dagegen kritisch über seine Texte: "Ein Lay und Ungläubige kann meine Schreibart nicht anders als für Unsinn erklären, weil ich mit mancherle Zungen mich ausdrücke, und die Sprache der Sophisten, der Wortspieler, der Creter un Araber, der Weißen und Mohren und Creolen rede, Critick, Mythologie, rebus un Grundsätze durcheinander schwatze", bekannte er in einem Brief 1759. Und kurz vo seinem Tod, als er plante, seine gesammelten Werke herauszugeben, wollte er sein Schriften noch einmal gründlich überarbeiten schließlich "gewissenshalbe kann ich weder dem Verleger noch dem Publico zumuten, unverständliches Zeug zu lesen".
Die Bedeutung des Denkers vom Pregel für die Literatur- und Geistesgeschichte, de übrigens alle seine Veröffentlichungen nicht unter seinem eigenen Namen erscheinen lie und sich durch ungewöhnliche Belesenheit und als ausgezeichneter Sprachenkenner auswies sollte dennoch nicht unterschätzt werden. Die Dunkelheit des Hamannschen Stils, so Han Eichner über den Königsberger im Nachwort zu den 1994 bei Nicolai herausgekommene "Ausgewählten Schriften", sei eine bewußt entworfene Strategie gewesen, um de Leser zum Selbstdenken zu zwingen. Inhaltlich sei es Hamann stets "um die Verteidigung seines Glaubens gegen die rationalistischen und deistische Zeitströmungen" gegangen. Als einer der ersten Gegner der Aufklärung sei er aus de geistigen Leben des 18. Jahrhunderts nicht wegzudenken.
Johann Georg Hamann wurde vor 270 Jahren, am 27. August 1730, in Königsberg als Soh eines Baders und Wundarztes geboren, stammte also aus "kleinen Verhältnissen" Er besuchte die Kneiphöfische Schule und nahm 1746 ein Studium an der Albertina auf hörte Theologie und Philosophie, wechselte zur Jurisprudenz, beschäftigte sich jedoc weitaus mehr mit Dichtung und Philologie. Ohne einen Abschluß verließ er nach 1751 die Universität und wurde Hauslehrer.
Einige Zeit hält Hamann sich in Riga bei Freunden auf, geht nach Kurland, um dor erneut als Hauslehrer zu arbeiten. Der zu Krankheiten und Depressionen neigende Mann kehr 1755 nach Riga zurück, wo er im Hause der Kaufmannsfamilie Berens lebt. Nach dem Tod de Mutter (1756) unternimmt Hamann im Auftrag der Familie Berens eine ausgedehnte Reise nac London, deren Zweck bis heute zu Spekulationen Anlaß gibt. Manche munkeln gar vo diplomatischen, sprich geheimen Aufträgen. Der Zweck der Reise wird hingegen nich erfüllt, Hamann gerät in dunkle Kreise und erlebt in London, nach ausführlichem Studiu der Bibel, eine entscheidende Hinwendung zur Religion.
Nach Königsberg zurückgekehrt (1759), widmet er sich ganz seinen philosophische Studien; im gleichen Jahr erscheint auch seine erste bedeutende Veröffentlichun "Sokratische Denkwürdigkeiten". Finanzielle Schwierigkeiten führen jedoc dazu, daß Hamann nach einiger Zeit wieder eine Stelle annehmen muß. Als Packhofverwalte von keinem Geringeren als Immanuel Kant auf diese Stelle empfohlen friste er schließlich seinen Lebensunterhalt. Seine Arbeit ist ihm zutiefst zuwider, steht si doch auch in starkem Kontrast zu seinem sonstigen Leben, das geprägt ist von Kontakten zu Immanuel Kant, dessen Schriften Hamann immer wieder kritisiert, zu Johann Gottfrie Herder, der ihn bewundert, zu Theodor Gottlieb von Hippel, dem Oberbürgermeister vo Königsberg, mit dem er eng befreundet ist. Über Herder entsteht Kontakt zu Friedric Heinrich Jacobi, der Hamann wiederum mit der Fürstin Amalie von Gallitzin und de "Kreis von Münster" zusammenbringt. Auf einer Reise dorthin erkrankt Hamann un stirbt am 21. Juni 1788 in Münster. Seine letzte Ruhestätte findet er zunächst in Garten der Fürstin, dann auf dem Überwasserfriedhof in Münster. Peter van Lohuizen
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