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Hält Merkel ihr Wort?

 
     
 
Das immer dreistere Auftreten früherer Stasioffiziere verlieh dem diesjährigen Gedenken an den 17. Juni 1953 eine besondere Brisanz. Auf der offiziellen Trauerfeier der Bundesregierung und des Berliner Senats auf dem Friedhof Seestraße in Berlin-Wedding sprach Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) vor einem deutlich zahlreicheren Presseaufgebot
als sonst an diesem Jahrestag.

Am Eingang zum Friedhof demonstrierte die Junge Union. Auf den JU-Plakaten war „Rot-Rot, schämt euch“ zu lesen. Hauptziel der Kritik war Berlins PDS-Kultursenator Thomas Flierl („Herr Flierl, Täter müssen Täter bleiben“). Außerdem war ein Plakat zu sehen, auf dem Gitterstäbe abgebildet waren. Dazu hieß es in Anspielung auf Flierls verharmlosende Worte für die MfS-Verbrecher: „Hier waren keine ‚Zeitzeugen‘ am Werk!“

Flierls Genossin Petra Pau gehörte indes wie in den Vorjahren zu den Teilnehmern der Kranzniederlegung. Die Bundestagsvizepräsidentin – gerade von einer USA-Reise zurückgekehrt – stellte sich demonstrativ neben Marianne Birthler, die Leiterin der Gauckbehörde, und schüttelte später den Überlebenden des Volksaufstands die Hand. Ihr Gesichtsausdruck verriet, wie ungewöhnlich dieser Termin für sie nach wie vor ist. Ebenso mürrisch wirkte CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger, der neben Birthler und Pau hinter der Absperrung teilnehmen mußte, während der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit im Mittelpunkt der Zeremonie stand.

Wolfgang Tiefensee, der in der DDR den Dienst an der Waffe verweigert hatte, sprach sich für eine Ehrenpension oder Opferrente für SED-Opfer aus. Dies sei im Bundestag auf den Weg gebracht. Der Minister wünscht, daß dies „so schnell wie möglich“ umgesetzt werde, und beendete seine kurze Ansprache vor der Kranzniederlegung mit den Worten: „Gedenken wir dieser tapferen Männer und Frauen, und nehmen wir dieses Gedenken zum Anlaß, auch weiterhin für Zivilcourage zu streiten.“

Neben Tiefensee (für die Bundesregierung) und Klaus Wowereit (für den Senat) nahmen noch Christoph Stölzl (CDU) für das Berliner Abgeordnetenhaus und Carl-Wolfgang Holzapfel als Vorsitzender der „Vereinigung 17. Juni“ an der Kranzniederlegung teil.

Für Holzapfel war es ein Moment der Genugtuung. Vor genau einem Jahr war der DDR-Regimegegner vor dem Berliner Bundesfinanzministerium in den Hungerstreik getreten. Damals wollte Holzapfel erreichen, daß die Fototafeln, die an den Aufstand gegen die sowjetische Fremdherrschaft erinnerten, wieder an dem Ministerialgebäude aufgehängt werden. Die Gedenktafeln hatte der damalige Amtsinhaber und Hausherr Hans Eichel in einer Nacht-und-Nebel-Aktion entfernen lassen.

Holzapfel brach seinen Hungerstreik ab, als ihm von seiten der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel versichert wurde, nach ihrer Wahl zur Kanzlerin werde sie sich dafür einsetzen, daß die Tafeln wieder angebracht würden. Dieser Ankündigung ließ die inzwischen Gewählte aber bislang keine Taten folgen. Doch Holzapfel hat nicht lockergelassen und nach seinem Hungerstreik ein Konzept erarbeiten lassen. Dieses sieht eine Umwandlung des Platzes vor dem ehemaligen Luftwaffenministerium in eine Gedenkstätte mit dem Namen „Platz des 17. Juni“ vor. Hier trafen 1953 die Demonstranten auf die Rote Armee.

Immerhin: In diesem Jahr gab es erstmals eine stille Kranzniederlegung durch den Regierenden Bürgermeister vor dem Ministerium, dem sich auch das Abgeordnetenhaus angeschlossen hat. Holzapfel kommentierte dies gegenüber der Preußischen Allgemeinen: „Damit ist eines unserer wichtigsten Ziele erreicht: Das Gedenken ist nach 16 Jahren endlich nicht mehr nur im Westen, sondern es findet auch im ehemaligen Ostteil statt.“

Er kündigte an, hart bleiben zu wollen in der Frage der Umbenennung des Platzes und des Wiederaufhängens der Tafeln. Zum Regierenden Bürgermeister besteht seitens der 17.-Juni-Aktivisten inzwischen immerhin ein Kontakt. Weniger gut ist das Verhältnis zu dem neuen Hausherren des Gebäudes. Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) weigere sich strikt, die Tafeln wieder aufzuhängen, sagt Holzapfel.

Eine Stunde nach der offiziellen Feier organisierte die örtliche SPD die demonstrative Niederlegung von eintausend Rosen vor dem Gebäude. Auch hier verstärkte sich der Eindruck, daß in der regierenden SPD der Widerstand gegen die Fototafeln bröckelt. Neben der Vereinigung 17. Juni macht sich Alexandra Hildebrandt, die Chefin des Mauermuseums „Checkpoint Charlie“, für das Wiederanbringen der historischen Bilder stark. Berlins stellvertretender SPD-Vorsitzender Christian Hanke, der auch gleichzeitig stellvertretender Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte ist, sagte wörtlich: „Wenn es nach mir ginge, dann hätten sie die Tafeln hängen lassen können.“

Vorkämpfer der deutschen Einheit gewürdigt: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gedachte der Helden des 17. Juni in der Hauptstadt
 
     
     
 
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