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"Als die Erzieherin Katharina Karres in ihrer neuen Frankfurter Kindergartengruppe nach den Deutschkenntnissen fragte, kam keine Antwort: Kein Kind hatte die Frage verstanden denn keines sprach Deutsch." So eine dpa-Meldung und kein politisch inkorrektes Witzchen aus der Küche von Harald Schmidt.
Wissenschaftler nennen das "Re-ethnisierung", zu deutsch: Die zugewanderten Volksgruppen integrieren sich nicht, sondern ziehen sich im Gegenteil immer stärker ins Ghetto ihrer hier lebenden Landsleute zurück.
Vor allem die Türken, und das hat seine Gründe. Es ist nicht nur die relativ große kulturelle Distanz zu Mitteleuropa. Letztlich spielt die schiere Masse die entscheidende Rolle: Mit (offiziell!) über zwei Millionen Angehörigen konnten sich die Türken in Deutschland eine perfekte Parallelwelt aufbauen. Sie benötigen keinen Kontakt mehr zu Deutschen. Man kann ja türkisch fernsehen, türkische Zeitungen lesen, zum türkischen Bäcker, Schlachter etc. gehen, den türkischen Arzt oder Rechtsanwalt aufsuchen, im türkischen Fußballklub kicken ja sogar eine türkische Telefonauskunft ist kürzlich ans Netz gegangen. Wo man das alles findet? Klar, im türkischen Branchenbuch natürlich. Und wer mal mit den deutschen Behörden zu tun hat, auf den wartet dort schon der türkische Dolmetscher.
Bis dato gab es nur noch eine mißliche Situation, wo ausgeprägte Nichtintegration Folgen hatte: an der Grenze, wenn der deutsche Paß fehlte. Doch da ist bekanntlich Abhilfe in Sicht und die letzte Versuchung dahin, sich irgendwie mit dem Land draußen vor dem Ghetto einzulassen. Angesichts solcher Entwicklungen wird selbst sogenannten "Migrationsforschern" mulmig. Auch eingefleischten Verfechtern von Multikultur scheint allmählich zu dämmern, daß irgend etwas nicht funktioniert. Vor aller Welt zugeben mag man das natürlich nicht. Da heißt es dann wie erwartet: Die Deutschen sind schuld, weil sie sich nicht hinreichend um die Integration der Ausländer bemüht hätten. Man stelle sich die Reaktionen aus der gleichen Richtung vor angesichts eines ausgewanderten Deutschen, der die Einheimischen seiner neuen Heimat dafür verantwortlich macht, daß er ihre Sprache nicht spricht. Rassist?
Bis die längst weitverbreitete Einsicht, daß die "multikulturelle Gesellschaft" als Modell gescheitert ist, auch öffentlich eingestanden wird, vergeht wohl noch ein Weilchen. Vorerst kann man den schleichenden Gesinnungswandel nur an Taten erkennen.
Da sind beispielsweise 68er-bewegte Eltern, die ihre Kinder von der Schule nehmen, weil sich die "Lernbedingungen" dort so verschlechtert hätten. Nebenbei ist dann etwas von einem Ausländeranteil von 60 oder mehr Prozent zu hören und von Erfahrungen, die denen der eingangs erwähnten Kindergärtnerin ähneln. Aber das hat natürlich keine Rolle gespielt, schließlich sind wir ja keine Rassisten.
Und als solcher gilt noch immer, wer coram publico nach den Gründen der fortschreitenden Desintegration sucht. Oder wer schlicht auf das Schicksal anderer multinationaler Staaten in der europäischen Geschichte verweist. Das Ideal einer Vielvölkergesellschaft ist derart zum Dogma überhöht worden, daß jeder aufklärende "Blick durchs Fernrohr" wie einst Ketzerei bestraft wird. Nur daß die Methoden der Ketzervernichtung heute subtiler sind als im Mittelalter. Dem zum Trotz nur eine Zahl: Bevor Sarajewo im rassistischen Blutrausch versank, lebte ein Viertel der Bevölkerung in sogenannten "Misch-Ehen" unter Serben, Kroaten und Muslimen. Selbst ein solches Höchstmaß an Integration also vermochte die Explosion nicht zu verhindern.
Vor diesem Hintergrund erscheint der Parforceritt zur doppelten Staatsbürgerschaft wie eine apokalyptische Geisterfahrt. Während über Lächerlichkeiten wie Ladenschluß oder ein halbes Prozent mehr Rentenbeitrag hierzulande jahre- oder jahrzehntelang ausgiebig gestritten wird, kam der Doppelpaß über Deutschland wie ein kurzes, heftiges Sommergewitter. Mit dem Unterschied, daß solch Donnergetöse schnell wieder vergeht, das neue Staatsbürgerschaftsrecht aber unser Land dauerhaft in seinen Grundlagen verändert. Es wird endgültig zur multinationalen Gesellschaft umgeformt, indem Abstammung und kulturelle Verwurzelung für unwichtig erklärt werden.
Wie das vonstatten ging, erinnert an ein Spiel mit verteilten Rollen: Einer prescht vor, der andere mimt den Empörten und ein Dritter tritt urplötzlich aus der Kulisse und schlägt als "Kompromiß" vor, was alle von Anfang an sowieso wollten. Die Art und Weise, wie die Union den berechtigten Bürgerprotest gleichsam in heiße Luft auflöste und verpuffen ließ, ist das Meisterstück dieser grandiosen, gleichwohl abgrundtiefen Inszenierung.
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