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Manchmal gibt es schon merkwürdige Zufälle ... Der letzte frei gewählte Bürgermeister Braunsbergs war nicht nur Westfale, sondern sogar Münsteraner, der durchaus auch von seiner christlichen und politischen Einstellung her voll und ganz zu den Braunsbergern paßte: Ludwig Kayser (1899-1984). Das diese offizielle Beziehung zwischen einem Münsteraner und den Braunsbergern eine Art Vorspiel für die Patenschaft der Stadt Münster über die vertriebenen Braunsberger aus Stadt und Kreis Braunsberg knapp 20 Jahre danach sein würde, nämlich 1954, und daß sich gerade dieser mehr oder weniger aus dem Amt gejagte Westfale (eine Zeitlang hatte er noch mit den National sozialisten hin und wieder Katz und Maus gespielt, etwa als er die Hakenkreuzfahnen, die ein SA-Trupp, der in der Nacht nach der Machtergreifung ins Rathaus eingedrungen war und auf dem Rathausturm gehißt hatte, morgens wieder entfernen ließ) sehr dafür einsetzte, konnte damals allerdings noch keiner ahnen.
Festlich war schon einmal die offizielle Eröffnung der Ausstellung zum 50. Jubiläum im Westpreußischen Landesmuseum in Münster-Wolbeck. Festredner waren der Direktor des Museums Dr. Hyss, der Münsteraner Bürgermeister Fritz Krüger und Kreisvertreter Manfred Ruhnau. Motto der Ausstellung war die Schaffung eins gemeinsamen Braunsberger Lokalpatriotismus - oder besser eines Wir-Gefühls zwischen alten und neuen Braunsbergern - über die nationalen Grenzen hinweg: Kollagen von Bildern alter und neuer Braunsberger unterstrichen dieses Anliegen. Daß dabei auf den Bildern die alten Braunsberger eben eher "älter" aussahen und die neuen "jünger", lag nicht nur daran, daß die "alten Braunsberger" nun einmal in die Jahre gekommen sind und die neuen nun einmal jünger sind, sondern vor allem, daß die Aufnahmen der alten Braunsberger auf einem Treffen und die der jungen Braunsberger beim Besuch der Berufsschule, die sich im Gebäude des ehemaligen Gymnasiums Hosianum in Braunsberg befindet, gemacht wurden.
Zur Erinnerung an die Zeit, in der Braunsberg - wie auch die Patenstadt Münster - Mitglied der Hanse war, wurde das schwimmfähige, prächtige Modell einer Hansekogge, das der Kreisangehöriger Dr. Hans Burchert gebaut hatte, ausgestellt. Wenn auch nicht in Braunsberg selbst, so konnten solche Koggen im zehn Kilometer entfernten Braunsberger Hafen in Neupassarge landen. Auch Münster war eine Hansestadt, doch sie war für einen eigenen Seehafen nun wirklich zu weit vom Meer entfernt.
An die wirtschaftliche Bedeutung Braunsbergs noch im 19. Jahrhundert erinnerte auch das Gemälde des bedeutenden Reeders und Kaufmanns Johann Oestreich, eine Rekonstruktion eines vietnamesischen Künstlers nach dem bei der sowjetischen Eroberung verloren gegangenen Original. Von Hans Burchert war auch das Modell eines Fischerkahns vom Frischen Haff zu sehen.
An den geistigen Aufschwung Braunsbergs im Zuge der Gegenreformation erinnerte schließlich ein Portrait des damaligen ermländischen Bischofs Stanislaus Hosius und späteren polnischen Kardinalprimas.
Nächster Höhepunkt des Paten-schaftsjubiläums war der offizielle Empfang im historischen Friedenssaal des Rathauses mit dem Eintrag des Vorstandes und des Beirates der Kreisgemeinschaft Braunsberg im Goldenen Buch der Stadt und der Ratsdelegationen aus dem heutigen Braunsberg mit Bürgermeister Henryk Mrozinski und dem heutigen Frauenburg mit Bürgermeisterin Krystina Lewanska, die anläßlich des Patenschaftsjubiläums nach Münster angereist waren. Die von den alten Braunsbergern eingefädelte Städtefreundschaft zwischen Münster und dem heutigen Braunsberg wurde weiter vertieft und soll ausgebaut werden.
Auf die Kriegspatenschaft aus dem Ersten Weltkrieg konnte sich der Münsteraner Oberbürgermeister Dr. Berthold Tillmann beziehen, als er in seiner Festansprache vor den über 300 Gästen, darunter Vertreter der ermländischen Kirche (Prälat Schlegel, Prälat Schwalke, Schwester Friedburga sowie Schwester Amanda) und Mitglieder des Rates der Stadt Münster, zum Jubiläum im Festsaal des Rathauses auf die Patenschaftsübernahme 1954 zu sprechen kann. Hier sei es zunächst einmal sozusagen um einen neuen Ankerplatz gegangen, wo die alten Braunsberger in der Vertreibung sich treffen und ihr Wir-Gefühl pflegen konnten. Mit großer Anerkennung wies Dr. Tillmann darauf hin, daß die Braunsberger seitdem nicht bei dem Rückblick auf ihre Heimat stehen geblieben seien, sondern aus dem Bewußtsein heraus, daß jede Zukunft auch immer Geschichte hat, damit begannen, die Verbindung mit dem heutigen Braunsberg und mit den heutigen Braunsbergern aufzunehmen. Und in diese Beziehungen ist inzwischen längst das heutige Braunsberg eingebunden und durchaus auch zum Nutzen der Münsteraner. Nicht zuletzt erfahren gerade die jungen Münsteraner, die zu Schüleraustauschen dorthin fahren, wo es ja noch nicht lange eine demokratische Tradition gibt, daß vieles, was für sie hier im Westen so normal ist, gar nicht so selbstverständlich ist.
OB Dr. Tillmann erinnerte auch an alle die, die die neue Partnerschaft mitaufgebaut haben, Lucian Gursztyn, Tadeusz Kopacz, den Ehrenvorsitzenden der Braunsberger Gerhard Steffen und den Vorsitzenden der Gemeinschaft der Braunsberger Schulen Ernst Matern, an die leider schon verstorbene Gudrun Bogdanski und schließlich an den heutigen Vorsitzenden Manfred Ruhnau.
In seinen Grußworten würdigte der polnische Konsul Janusz Styczek vor allem die Brückenfunktion der alten Braunsberger zum Heute. Erste Schritte hatten ja 1954 die Kirchen gemacht, als die Wunden des Krieges und der Vertreibung noch offen waren, in den 70er Jahren kam es dann zu politischen Kontakten und schließlich war die deutsche Wiedervereinigung die große Chance Europas.
Auf die Geschichte Braunsbergs als Beispiel für die Geschichte Deutschlands und Polens wies der Bürgermeister Henryk Mrozinski hin. Und es gab in der Vergangenheit wirklich die unterschiedlichsten Zeiten, mal versuchten die Deutschen die Polen zu "gewinnen", dann wieder umgekehrt. "Und heute ist meine Stadt eben auch Eure Stadt - es ist also unsere Stadt", so bezeichnete er die jetzt gemeinsame Heimat und keiner könne diese Gemeinsamkeit mehr ändern. Leider war es eben so, daß man in seiner Heimat nicht immer die Wahrheit gesagt habe, für ihn seien daher die echten Lehrer Gerhard Steffen und Gudrun Bogdanski gewesen. Und an die Münsteraner gerichtet, wünschte er ihnen, daß das schöne und gastfreundliche Münster, das die beiden Delegationen erleben durften, europäische Kulturhauptstadt im Jahr 2010 wird.
Nach den Grußworten der Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen in Münster Roswitha Möller verlas der Kreisvertreter Manfred Ruhnau ein Grußwort des Vorsitzenden der Freundeskreis Ostdeutschland Erika Steinbach und dankte der Stadt Münster für die Patenschaft mit den alten Braunsbergern und die Partnerschaft mit den neuen Braunsbergern. Zur Begriffsbestimmung definierte Ruhnau, daß Patenschaft ein Ausdruck gelebter Kollegialität zu einem schwächeren Partner sei, während Partnerschaft gute Beziehungen zwischen vergleichbaren Partnern bedeuteten. Und die Kreisgemeinschaft erfülle mit Stolz, wie sie dazu beigetragen hätte, Gräben zuzuschütten und auf eine neue Gemeinsamkeit hinzuarbeiten. "Und wir können heute sagen, es hat sich gelohnt", schloß Ruhnau die Ansprachen. Die Feierstunde wurde umrahmt durch das Blasorchester der Münsteraner Musikhochschule.
Und im Treppenhaus des Rathauses lud anschließend die Stadt Münster alle Gäste zu einem Imbiß und einem Umtrunk ein - ein schöner Abschluß der Festlichkeiten, bei dem die Stadt Münster nun wirklich ihre Gastfreundschaft unter Beweis stellte! Eine schöne Geste war auch, daß auf den drei Linienbussen, mit denen die Landsleute von und zu den einzelnen Veranstaltungen gefahren wurden, jeweils "Brauns- berg" stand, so konnte sich keiner vertun.
Am nächsten Tag fand im Hotel Münnich das alljährliche Kreistreffen der Braunsberger in Münster statt. Diesmal war es aufgrund des Jubiläums vorgezogen und beschränkte sich vor allem auf den Gottesdienst und anschließendes Geschabbere. Prälat Schwalke hielt die Festpredigt, in der er die Braunsberger aufmunterte, zum Zeichen der Freundschaft mit den neuen Braunsbergern doch wenigstens ein paar Sätze polnisch zu lernen - und er selbst berichtete von Erlebnissen, wie gerade dadurch regelrechte Freundschaften entstanden sein.
Das besondere Ereignis des Treffens war die Vorstellung des neuen Bildbandes "Braunsberg/Ostdeutschland und sein Kreis", den die stellvertretende Kreisvertreterin Anneliese Neß aus bekannten und vor allem aus vielen "neu aufgetauchten" alten Postkarten mit 198 Seiten "geschaffen" hat. Der Bildband ist zu erhalten mit schriftlicher Bestellung an M. Preuschoff, Bergstraße 29, 50171 Kerpen, auch per E-Mail an basistext@gmx.de M. Preuschoff
Durften sich in das Goldene Buch der Stadt eintragen: B. Tillmann, M. Preuschoff, S. Arendt und E. Hautke Fotos (2): MR
Betonte das Wir-Gefühl: M. Ruhnau bei der Ausstellungseröffnung
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