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Kennen Sie mich noch Exzellenz?

 
     
 
Wenn über Lötzen gesprochen wird, taucht auch der Name "Boyen" auf, "Feste Boyen" wohlgemerkt. Der stolze Name wurde de Bauwerk bereits drei Jahre nach der Grundsteinlegung 1844 von dem preußischen Köni Friedrich Wilhelm IV. verliehen und behielt ihn 100 Jahre. Und wenn die feste Boyen bi zum Ersten Weltkrieg noch wenig bekannt war, trug sie sich mit der erfolgreiche Verteidigung durch Oberst Busse im September 1914 in die Weltkriegsgeschichte ein. Al überall im Reich die Siegesglocke
n für Tannenberg geläutet wurden, klangen auch die für die Feste Boyen mit. Die meisten Deutschen fragten sich allerdings: "Wo lieg denn diese Boyen?" Und meinten, daß es ein masurischer Ortsname sei – selbs manche Ostdeutschland glaubten es. Die Feste erhielt aber ihren Namen von ihrem Gründer, de damaligen preußischen Kriegsminister Hermann von Boyen.

Dem 73jährigen General lag nämlich die Sicherheit seiner ostdeutschen Heimat seh am Herzen. 1771 in Kreuzberg geboren, wo sein Vater Kommandant eines Garnison-Regimente war, trat der Zwölfjährige nach dem Tod der Eltern in ein Königsberge Infanterie-Regiment ein. Die Krönungsstadt bot ihm nicht nur eine glänzend militärische Ausbildung, sondern auch die Möglichkeit, Kant zu hören. Desse Humanitätsbegriff begleitete ihn durch sein ganzes Leben und fand in viele Veröffentlichungen ihren Niederschlag, so in der Schrift über "die humaner Behandlung des gemeinen Soldaten". Diese und andere im Kantschen Geiste gehaltene Ausführungen führten ihn in Berlin mit Scharnhorst zusammen, der ihm zum Lehrer un Freund wurde.

Eine schwere Zäsur gabe es in seinem Leben, als der 35jährige Stabskapitän in de für Preußen so unheilvollen Schlacht bei Auerstedt schwer verwundet wurde. ein Schu riß ihm die ganze linke Lende auf. Der Gedanke, als Krüppel seinem Vaterland nicht meh dienen zu können, war ihm unerträglich. Aber als seine Heilung durch gute ärztlich Betreuung in Weimar doch Fortschritte machte, wuchs in ihm der Wunsch, in seine Heima Ostdeutschland zu gelangen, wo sich die Reste der preußischen Armee versammelten. Al "Gärtnergehilfe Hermann Beyer" erreichte er nach langer Reise, die auch durc österreichisches Gebiet führte, seine alte Garnison Bartenstein, wo bereits sein treue Bursche mit Pferden und Gepäck wartete. Nach dem Frieden von Tilsit im Jahre 1807 wurd er jüngstes Mitglied der Kommission für den Aufbau des Heeres in Königsberg. Al Preußen 1812 als verbündeter Napoleons gegen Rußland ziehen mußte, trat Boyen in russische Dienste, wurde aber im fogenden Jahr wieder in den preußischen Generalsta übernommen. Zum Kriegsminister ernannt baute er 1814 die Allgemeine Wehrpflicht auf. Al seine Bemühungen um die Eingliederung der Landwehr in das aktive Heer scheiterten, nah Boysen seinen Abschied und glaubte, daß damit auch seine militärische Laufbahn beende sei.

Das schien auch so – 20 Jahre lang, in denen er schriftstellerisch tätig war Aber als Friedrich Wilhelm IV. den Thron bestieg, berief er den fast 70jährigen erneu zum Kriegsminister. Und jetzt konnte Boyen seine Ideen zur Neubefestigung Ostdeutschland verwirklichen, die er schon 1818 vergeblich vorgebracht hatte. Er erwirkte 1841 ein Kabinettsorder, in der er für die Sicherung der östlichen Grenze den "Paß vo Lötzen" empfahl, "da er nicht nur allein den Erfordernissen durch sein natürliche Lage entspricht, sondern es zugleich verhindert, daß sich der Feind dort in den wichtigen Abschnitten der Masurischen Seen festsetzen und von dort aus jed Aufstellung an der Grenze in die Flanke nehmen kann."

So entstand auf dem "Isthmus von Lötzen", der Landenge zwischen dem Mauer und dem Löwentinsee, das Festungswerk, für das der 73jährige General von Boyen am 4 September 1844 den Grundstein legte. Im Rahmen einer denkwürdigen Feier, zu der fast all 2200 Einwohner der Stadt Lötzen und viele Gäste aus Preußen, vor allem aus Königsber und Berlin, gekommen waren. Und dabei soll es, wie der beste Kenner der ostdeutsche Militärgeschichte, Dr. Walther Grosse, berichtet, zu einer eigenartigen Begegnun gekommen sein:

Ein alter Mann im masurischen Bauernrock drängte sich durch die Mauer von Gästen un Zuschauern, die sich um Boyen gebildet hatten, und frage ihn: "Kennen Sie mich noch Exzellenz? Ich bin doch der Michalik!"

Verwundert überlegte der General: "Michalik, Michalik, kommt mir irgendwi bekannt vor!"

"Das will ich meinen, Herr General, wir haben doch zusammen vor 60 Jahren in Quartier in der Dachkammer auf dem Hinter-Roßgarten in Königsberg gewohnt, bei Unteroffizier Malossa und seiner Frau. Der Herr General als 14jähriger Fahnenjunker un ich als Musketier!"

Boyen schüttelte dem alten Mann die Hand: "Aber ja, wie freue ich mich, eine alten Kameraden wiederzusehen." Und dann ergingen sie sich auf- und abmarschierend in Erinnerungen, wobei zum allgemeinen Erstaunen der General seinen Arm um den Hals des alte Masuren legte.

"Ach ja", meinte der Michalik, "das waren harte Zeiten, wenn der Schne in die Kammer auf Decke und Strohsack stiemte. Und wenn ich dem Fahnenjunkerchen den Zop flocht und ihm die Augen tränten, weil es so ziepte!"

"Unser guter Malossa," erinnerte sich der General, "er stammte ja woh auch aus Lötzen. Und seine brave Frau, die wie eine Mutter zu mir war. Wie oft hat er mi an kalten Wintermorgen das Revidieren der Quartiere abgenommen." So ging es, bis ei Adjutant zur Abahrt mahnte.

Beide schieden schweren Herzens. Der General wollte noch wissen, ob es dem Alten a irgend etwas mangele. Aber der lehnte jede Unterstützung dankend ab, das Wiedersehen se ihm, dem Korbflechter und Fischer am Löwentin, Freude und Ehre genug gewesen.

Drei Jahre später verschied Boyen im Alter von 76 Jahren als Generalfeldmarschall. Die Vollendung seines Alterswerkes hätte er auch nicht erlebt, wenn er 100 Jahre geworde wäre. Denn der Bau ging langsam voran, sparsam, wie die Preußen nun einmal sind, wurde selbst die letzten Reste des versandeten Forts Lyck zum Bau verwendet. Erst 1875 war da Werk fertig, das den Namen seines Gründers bekam: Feste Boyen. Doch damit nicht genug Die sechs Bastionen erhielten seine Vornamen: Leopold, Ludwig, Hermann, und die Wort seine Wahlspruches: Recht, Licht, Schwert.

 
     
     
 
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