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Die EU-Staats- und Regierungschefs haben auf ihrem Gipfeltreffen in Wien die wichtigen Entscheidungen über eine EU-Reform und zur intensiveren Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vertagt. Unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Januar 1999 beginnt, sollen diese Fragen nun im kommenden Halbjahr gelöst werden. Der EU-Gipfel lehnte es auch ab, ein festes Datum für den ersten Beitritt der Bewerberstaaten zu nennen oder den Kreis der Kandidaten, mit denen derzeit schon konkret verhandelt wird, zu erweitern. Damit blieben vor allem die Hoffnungen der Slowakei der Nach-Meciar-Ära unerfüllt, in den ersten Kreis der Beitrittskandidaten aufzusteigen.
Auch Lettland und Litauen müssen darauf hoffen, beim EU-Gipfel in Helsinki Ende nächsten Jahres doch noch in den ersten Kreis der Beitrittskandidaten aufsteigen zu können. Einzige konkrete Ergebnisse des zweitägigen Gipfels waren das allgemeine Einverständnis, das umstrittene Paket für eine umfassende Reform der Agrar-, Finanz- und Strukturpolitik, die Agenda 2000, auf einem Sondergipfel Ende März in Brüssel abzuschließen. Außerdem vereinbarten die EU-Staaten, Maßnahmen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit weiter zu verbessern. Deutschland erhielt den Auftrag, bis zum regulären EU-Gipfel im Juni in Köln dafür einen Beschäftigungspakt auszuarbeiten.
Dennoch zeigte sich Bundeskanzler Gerhard Schröder schon vor Ende des Gipfels nicht unzufrieden. "Die Beratungen hier haben mich optimistischer gestimmt, als ich erwartet habe", sagte Schröder. Dagegen schloß der spanische Ministerpräsident José Maria Aznar nicht aus, daß die Verhandlungen auch über den März hinausgehen können.
Der niederländische Regierungschef Wim Kok sprach davon, daß die Hypotheken für die Lösung der großen Probleme nun bei Deutschland lägen. Vor allem Deutschland, Großbritannien und Frankreich setzten durch, daß die Beratungen für einen Erhalt des im Juni auslaufenden steuer- und zollfreien Handels (Duty Free) noch einmal aufgenommen werden. Die Staats- und Regierungschefs gaben der EU-Kommission und den Finanzministern den Auftrag, das für den 1. Juli 1999 festgelegte Verbot zu überprüfen. Gedacht wird an eine Verlängerung.
Zu den außen- und sicherheitspolitischen Themen, die vom EU-Gipfel behandelt wurden, verwies Blair vor allem darauf, daß die britisch-französische Initiative zu einer Stärkung der europäischen Verteidigungspolitik mit großer Zustimmung aufgenommen worden sei.
Trotz massiver Kritik aus Ankara hält die EU an ihrer Haltung fest und läßt die Türkei weiterhin nicht in den engeren Kreis der Bewerber für eine EU-Mitgliedschaft ein. Die Türkei müsse besondere Anstrengungen unternehmen, um den von der EU festgelegten Kriterien "für rechtsstaatliche Verhältnisse im Rahmen einer demokratischen Gesellschaft" gerecht zu werden, heißt es in der Erklärung des Gipfels.
Zum Nahostkonflikt wurden Israel und die Palästinenser aufgefordert, Mäßigung zu zeigen und das Abkommen von Wye (USA) vom 23. Oktober in vollem Umfang und fristgerecht umzusetzen. Die jüngsten Gewalttaten, gegenseitigen Beschuldigungen und die Aufstellung neuer Bedingungen wurden bedauert.
Die 15 Regierungen bekräftigten ihre Entschlossenheit, als größte Geldgeber für die Palästinenser "in Ergänzung zu den USA und anderen Beteiligten" ihren Beitrag zum Erfolg des Friedensprozesses zu leisten. Ähnlich äußerte sich der Gipfel zum Kosovo-Konflikt. In der Erklärung wurden Serben und Kosovo-Albaner kritisiert. "Der Europäische Rat bedauert das mangelnde Engagement beider Seiten bei der Unterstützung des Verhandlungsprozesses", hieß es in der Abschlußerklärung. Die Regierung von Jugoslawien (Serbien und Montenegro) und die Führung der Kosovo-Albaner werden aufgefordert, die notwendige Flexibilität für die Erzielung einer Einigung über den künftigen Status der Provinz Kosovo im Süden Jugoslawiens bei den Gesprächen zu zeigen. Der zweitägige EU-Gipfel in Wien endete mit einem Treffen der 15 EU-Staats- und Regierungschefs und ihren zehn Kollegen aus den Bewerberstaaten Mittel- und Osteuropas sowie Zypern.
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