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Linksruck an der Donau

 
     
 
Im Prinzip lagen die Meinungsforscher diesmal richtig, aber im Ausmaß waren die Zuwächse von Rot und Grün sowie die Verluste der FPÖ deutlicher als erwartet: Bei den Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen konnte die SPÖ mit knapp 47 Prozent der Stimmen die vor fünf Jahren verlorene absolute Mandatsmehrheit zurückerobern. Die Grünen konnten ihre damaligen Verluste mehr als wettmachen und liegen jetzt bei 12,5 Prozent. Die ÖVP, im Rathaus bisheriger Koalitionspartner der SPÖ, hatte marginale Zuwächse zu verzeichnen und ist mit 16,3 Prozent weiter nur an dritter Stelle. Die FPÖ schrumpfte von fast 28 auf knapp über 20 Prozent, behält aber Rang zwei. Und die Liberalen, ursprünglich von der FPÖ abgespalten und dann weit nach links gedriftet, blieben mit 3,5 Prozent auf der Strecke – nach ihrem Ausscheiden aus dem National
rat sind sie jetzt auch in keinem Landtag mehr vertreten.

Die Zuwächse der Linken lassen sich primär auf bundespolitische Faktoren zurückführen. Die unpopulären Sparmaßnahmen der ÖVP/FPÖ-Regierung nützen naturgemäß den Oppositionsparteien – und schaden vor allem der FPÖ. Zudem gab sich die Regierung mit unzureichend vorbereiteten Maßnahmen einige Blößen, die von den linksdominierten Medien, allen voran dem ORF, weidlich ausgeschlachtet wurden.

Auch die "Sanktionen" haben offenbar ihre beabsichtigte und hinterhältige Wirkung gezeitigt, denn der Österreicher, speziell der Wiener, will "geliebt" werden. Die Irritationen, die durch unrechtmäßige Schikanen ebenso wie durch die regelmäßigen und meist illegalen Demonstrationen in Wien entstanden, wurden und werden nicht deren Initiatoren angelastet, sondern der Regierung und primär wieder der FPÖ. Bürgermeister Häupl ist Galionsfigur dieses Phäakentums, das sich in Selbstgefälligkeit ergeht und die wahren Probleme ignoriert.

Nicht zu unterschätzen ist die Wahlhilfe aus dem Ausland. So etwa nahm der designierte linke Bürgermeister von Paris an Häupls Abschlußkundgebung teil, die in Österreich empfangbaren ausländischen Kanal- und Satellitenprogramme sind ohnehin auf Anti-FPÖ-Kurs, und über das Antisemitismus-Konstrukt wurde hier bereits vorige Woche berichtet. Ein als ultrarot bekannter Untersuchungsrichter konnte die aus Beweismangel allmählich eingeschlafene "Spitzelaffaire" zufällig wenige Tage vor der Wahl durch ein neues Gutachten wiederbeleben. Und die forcierten Einbürgerungen der letzten Jahre kamen ebenfalls der Linken zugute – aber da die Bundesregierung die Zuwanderung einbremste, haben sich SPÖ und Grüne bereits auf ein kommunales Ausländerwahlrecht festgelegt!

Die FPÖ-Verluste – in Wien wie schon zuvor in der Steiermark und im Burgenland – haben natürlich auch handfeste interne Ursachen, teils im Wählerpotential, teils im Kader. Die eindrucksvollen Wahlresultate vergangener Jahre waren vor allem den Protestwählern zu verdanken, die jetzt, seit der FPÖ-Mitregierung, ins Lager der Nichtwähler oder zurück zur SPÖ abwandern. Der Kader von Funktionären und Mandataren konnte mit den Stimmenzuwächsen nicht Schritt halten, weder in Quantität noch in Qualität, weshalb es laufend zu Entgleisungen und Widersprüchlichkeiten kommt, und so mancher rennt dabei dem politischen Gegner ins offene Messer. Daß mit Opportunisten und mit ständig neuen "Quereinsteigern" keine nachhaltigen Erfolge zu erzielen sind, scheint noch immer nicht begriffen worden zu sein.

Eine wichtige Lehre ist aber auch von der Wiener ÖVP – und mit ihr von allen nichtlinken Kräften in Europa – zu ziehen: Anbiederung an Links wird von niemandem honoriert – nicht von den Wählern und erst recht nicht von der Linken. Umgekehrt sind die bürgerlichen Berührungsängste mit allem, was vielleicht eine Spur weiter rechts stehen könnte, absolut kontraproduktiv, denn Linke ihrerseits haben keine Scheu, selbst mit Ultralinken ins Bett zu gehen. Nach der einäugigen Vergangenheitsbewältigung sollte man sich nicht auch noch eine einseitige Gegenwartsbewältigung aufoktroyieren lassen!

 
     
     
 
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