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Nachdem sich Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg am 18. Januar vor 300 Jahren in Königsberg selbst zum König gekrönt hatte, folgten wie sollte es anders sein vielfältige Festlichkeiten über mehrere Tage hinweg, Festlichkeiten, bei denen eine dem Anlaß würdige Musik erklang. So auch am 21. Januar, als anläßlich einer Feierlichkeit eine Abendmusik der Studentenschaft angestimmt wurde. Als musikalischer Vormann der Studentenschaft und als Präzentor der Hofkapelle war Johann Georg Riedel aus Sensburg für diese Abendmusik verantwortlich. Mit dieser Komposition legte er letztlich den Grundstein für seine spätere Laufbahn, da ihn von nun an immer wieder neue Aufträge erreichten und er bald zu dem wohl am meisten gefragten Gelegenheitssänger der damaligen Zeit wurde.
Georg Riedel wurde am 6. Juni vor 325 Jahren in Sensburg geboren. Bruder Johann wirkte dort später als Pfarrer und gilt als einer der ersten Vorgeschichts forscher. 1694 schrieb Georg sich, als "pauper" (arm, unbemittelt) bezeichnet, in der Königsberger Universität ein. Georg Raddäus, Dirigent der Hofkapelle, wurde einer seiner ersten Lehrmeister. Bald wirkte Riedel denn auch als Präzentor der Hofkapelle, die allerdings nach dem Tod Raddäus 1707 zeitweilig aufgelöst wurde.
Bereits ein Jahr zuvor hatte Riedel, nicht zuletzt durch seinen guten Ruf als Komponist und seine guten Beziehungen zum Altstädtischen Rat, eine Präzentor- und Collaboratorstelle an der Stadtschule erhalten. Auch bestand die Aussicht zur Übernahme des Kantorats, eines der führenden Musikämter der Stadt. Als 1709 der altstädtische Kantor Christian Stephani an den Folgen der Pest stirbt, übergibt der Rat die Stelle dem Sensburger Riedel, der im gleichen Jahr Anna Regina Remmerson, die Tochter eines Goldschmieds, heiratet.
Hermann Güttler, ein Kenner der Musikkultur Königsbergs im 18. Jahrhundert, schrieb in der "Altpreußischen Biographie" über Leben und Werk Riedels, der nahezu drei Jahrzehnte das Kantorat der Altstädtischen Kirche und Schule innehatte: "Riedel sammelte später alles Gedruckte, das auf sein Leben und Wirken Bezug nahm, in einem biograpischen Sammelbande, der nach seinem Tode der Königsberger Stadtbibliothek übergeben wurde ... Die letzten Lebensjahre gehörten den riesigen Partituren des Königsberger Stadtarchivs und stehen abseits aller kultischen Pflichtarbeit des Kantors, obwohl einzelne Psalmen und Bruchstücke nachweislich von ihm in seinen Gottesdiensten aufgeführt wurden. Sie sind wie Bachs ,Hohe Messe für eine ideale Hörerschaft geschrieben und in ihrer Gesamtheit wohl nur als Lektüre für Kenner bestimmt. Deshalb führte wohl auch Riedel zwei seiner Manuskripte so mühsam künstlerisch in kalligraphischer Reinschrift aus."
Zu den größten Werken des Sensburgers zählen die Vertonungen des Matthäus-Evangeliums, der 150 Psalmen Davids und der Offenbarung Johannes. Georg Riedel, der oft auch mit Johann Sebastian Bach verglichen wird, schrieb "im Gegensatz zu Bach, der dem neuen Zeitgeist des 18. Jahrhunderts in Kunstdichtung und Arienmelodik seine stärksten Wirkungen abzugewinnen vermag", so Güttler, "Handlungsmusik im alten Sinne und gründet diese einzig auf das Bibelwort, das er als gläubiger Lutheraner in seiner Musik zu größtem Erlebnis des Evangelisten zu erheben vermag. Er krönt damit die alte Königsberger Tradition und mußte bei dem Wandel zum Rationalismus um 1750 gleich Bach mit ihr zugrunde gehen."
Georg Riedel starb am 5. Februar 1738 in Königsberg. Anläßlich seiner Leichenfeier erklang eine Trauerkantate mit dem Titel "Gloriam Redemptoris Cantabo Psalmis Georgii Riedel Cantrois Parochialis Regimonti", eine Komposition, die Riedel schon zu Lebzeiten selbst verfaßt hat-te. o-n
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