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Auf der jährlichen Beratungssitzung der Führungskräfte des russischen Militärs hatte Präsident Putin erklärt, Rußland werde eine neue Atombombe bauen, wie es sie bisher nirgends auf der Welt gäbe. Es handelt sich um die Mega-Atomrakete "Topol-M", die über zehn Atomsprengköpfe und eine Reichweite bis zu 10.000 Kilometern verfügt. Putin führte weiter aus, daß die neue Raketentechnologie bereits erfolgreich getestet wurde, und derzeit weiter erforscht werde. Es soll sich bei der "Topol-M" um eine Rakete handeln, die nur schwer aufzuspüren sei, und die Rußland gegen den internationalen Terrorismus , seine zur Zeit größte Bedrohung, zur Abschreckung einzusetzen gedenkt. Der Prototyp der neuen Waffe soll schon im kommenden Jahr in Serie gehen.
Im Westen wurde diese Ankündigung mit Besorgnis aufgenommen. Einige Medien vermuteten den Beginn eines neuen Wettrüstens und sehen eine Bedrohung für die westliche Welt, vor allem für die USA. Die deutsche Regierung reagierte aber eher gelassen. Es hieß, die Pläne seien nicht neu. Ebenso gelassen fiel die Reaktion aus Washington aus. US-Außenamtssprecher Ereli erklärte, die USA fühlten sich nicht bedroht. Man habe von den Plänen zur Modernisierung der Atomwaffen gewußt. Die Handlungen Rußlands stünden in vollem Einklang mit den beiderseitigen Verpflichtungen aus dem START-1-Vertrag, der beiden Seiten vorschreibt, einander über Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Raketen- und Atomwaffen im voraus zu informieren. Das Pentagon wisse schon lange Bescheid. Die wichtigsten Neuerungen sind die Entwicklung der landgestützten "Topol-M"-Rakete und der seegestützten Rakete "Bulawa-30".
Rußlands Verteidigungsminister Sergej Iwanow nannte als weitere Neuerungen die Herstellung von vier strategischen Raketen, neun Raumapparaten, fünf Trägerraketen (sie dienen dazu, Raumschiffe und Satelliten in die Umlaufbahn zu bringen), zwei Küstenschutzschiffen, zwei strategischen Bombern TU-160, sieben modernisierten Frontjagdflugzeugen SU-27 SM, zwei Abschußrampen für den operativ-taktischen Raketenkomplex "Iskander-M" sowie 17 Panzern T-90 und 92 Schützenpanzerwagen BTR-80. Diese Ausrüstung stelle kaum eine Bedrohung oder gar eine Störung des Kräfteverhältnisses zwischen Rußland und den USA dar, meinte Iwanow. Sie seien eher wie ein Tropfen auf den heißen Stein für den tatsächlichen Bedarf der russischen Armee zu sehen, die im Laufe der vergangenen zehn Jahre keine neuen Waffen erhalten habe. Dies beweise schon allein ein Vergleich des Militäretats beider Großmächte. In Rußland betrage der Etat knapp 20 Milliarden Dollar jährlich, während die US-Streitkräfte über 450 Milliarden Dollar verfügten. Eine Modernisierung der russischen Armee sei wirklich dringend notwendig, so Iwanow.
Selbst russische Militärexperten sehen in Putins Ankündigung bloße Rhetorik, mit der er die Bedeutung Rußlands in der Welt unterstreichen wolle. Laut Prawda stehen Putins Äußerungen in direktem Zusammenhang mit Bushs Wiederwahl und dessen radikaler Kabinettsumbildung. Bush gab bereits im Jahr 2000 deutlich zu verstehen, daß sich seine Außenpolitik stärker an nationalen Interessen orientieren wird als an denen der internationalen Gemeinschaft. Weil sich die nationalen Interessen Amerikas über den gesamten Erdball erstreckten, also auch auf den Kaukasus und auf Zentral- und Mittelasien, Zonen, an denen Rußland seit je geopolitisch Interesse hegt, sei Putin gezwungen gewesen, zu reagieren. Amerika spiele sich beispielsweise in Georgien als außenpolitischer Partner und Beschützer der Kaukasus-Republiken auf, der Bestrebungen zur Wiederherstellung der "territorialen Einheit" in der Region unterstütze. Dies könnte als Begründung für die Stationierung amerikanischer und Nato-Truppen in den Kaukasus-Republiken dienen. Der Konflikt könnte sich dann auf alle russischen Staaten im Nordkaukasus ausdehnen. Um dieser Bedrohung aus dem Westen entgegenzuwirken, habe Putin halt den "Atom-Bluff" angewandt.
Militärische Macht stärken: Putin modernisiert die Ausrüstung seiner Truppen. |
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