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Ostdeutschlands Zukunft und die EU

 
     
 
Am 3. Oktober feierten wir den Tag der deutschen Einheit nach Dresden im vergangenen Jahr nun in Mainz am Rhein. Es war ein Fest unter Beimischung karnevalistischer Züge.

Nach Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands vor elf Jahren - von der inneren Einheit sind wir, wie die Berliner Wahlen bestätigen, noch ein Jahrzehnt plus x entfernt - rückt nun die Einheit Europas in unser Blickfeld. Die Erweiterung wird uns Deutsche sicherlich mit hohen Kosten belasten. Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Ingo Friedrich (CSU), erwartet als deutschen zusätzlichen Beitrag zum EU-Haushalt eine Leistung von 32 Milliarden
DM, die Abgeordnete der Grünen Schreyer hingegen „nur“ 12 Milliarden DM.

Die Erweiterung der EU sollte aber nicht nur Anlaß zur Debatte über ihre Kosten sein, vielmehr sollten nun auch Ost- und Westpreußen in das Blickfeld europäischer Politik rücken, denn sie bietet Chancen für bessere Regelungen als bisher. Diese müssen aber getroffen werden, wenn es zu einem dauerhaften Interessenausgleich mit Rußland und Polen kommen soll. Hier müßte nun die Bundesregierung aus ihrer historischen Verantwortung aktiv werden.

Wenn dieses „Europa der unabhängigen Staaten“, das einmal aus der EU entstehen könnte, Bestand haben soll, dann ist die Lösung des Problems Königsberger Bezirk zwingend, sonst könnte sich einmal in einer anderen Dimension die Problematik des Polnischen Korridors wiederholen. Das erfordert natürlich eine kluge, besonnene Politik und den Willen zur Verständigung auf beiden Seiten.

Der russische Präsident Wladimir W. Putin hat bei seinem Deutschlandbesuch ein Angebot zur engeren Zusammenarbeit gemacht, ja, er wäre auch bereit, unter bestimmten Bedingungen der Nato beizutreten. Die Reaktion der Bundesregierung auf Putins Initiative war zögerlich, mehr ausweichend. Gewiß, meint der Kanzler, man könne darüber nachdenken, ob eine engere Zusammenarbeit über den Nato-Rußland-Pakt hinaus möglich ist. Und Rudolf Scharping möchte höchstens gemeinsame Entscheidungsgremien schaffen, die nicht unmittelbar mit der kollektiven Verteidigung zu tun hätten. Da haben Kanzler und Minister den Präsidenten aber falsch verstanden. Das hat der Putin mit Sicherheit nicht gemeint. Er denkt wie viele Russen durchaus an privilegierte Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland, ohne dabei „revolutionäre“ Veränderungen in Europa anzustreben.

Deutschland ist in die Nato und EU fest eingebunden. Auch Wladimir Putin wird nicht erwarten, daß sich Deutschland aus diesen Bindungen löst. Er ist dafür zu sehr Realpolitiker. Aber, er kann sich schon Beziehungen vorstellen, die von besonderer Art sind im Rahmen, der von der KSE gesetzt ist. Warum sollte dies nicht geprüft werden auf Realisierungsmöglichkeiten?

Die Russen wissen, daß Ostdeutschland im nördlichen Teil verödet und haben offensichtlich kein ausgeprägtes Interesse, die Versteppung aufzuhalten. Ostdeutschland hat seinen Wert für die Russen lediglich als Flottenstützpunkt mit Zugang zum eisfreien Hafen. Man kann sich eine Öffnung des Königsberger Bezirks für deutsche bedeutende Investitionen vorstellen, wenn Rußland den Hafen Pillau für 50 Jahre zum Preis von etwa einer Million DM pachtet und den übrigen Teil der Provinz deutscher Initiative überläßt. Unter befreundeten Nationen müßte eine Regelung solcher Art möglich sein.

Vor der Geschichte behält Deutschland eine Verantwortung für die alten deutschen Gebiete jenseits von Oder und Neiße, ob es will oder nicht. Doch es müßte eine deutsche Regierung diese Verantwortung auch empfinden und die Probleme gemeinsam mit den Nachbarn lösen wollen, im friedlichen Ausgleich der Interessen. Bei gutem Willen sollte innerhalb der EU auch eine Verständigung mit Polen möglich sein. Wir können doch nicht unter erheblichen finanziellen Opfern einer Aufnahme Polens in die EU zustimmen, wenn Polen auf dem Unrecht der Vertreibung beharrt. In einem vereinten Europa kann es nicht Zonen unterschiedlichen Rechts geben. Auch hier sind friedliche Lösungen vorstellbar. Dazu brauchte Polen zunächst nur die in der EU geltenden Regeln der Freizügigkeit und des Rechts auf Heimat anzuerkennen.

Wohlan, ein Stück des Traumes vom vereinten Europa könnte verwirklicht werden, sogar der rot-grüne Traum von einer multikulturellen Gesellschaft! Polen wäre ein Muster dafür. Deutsche und Polen friedlich vereint in einem Teilstaat Europas, das wäre doch des Einsatzes verantwortungsbewußter Politiker wert!

„Kein Unrecht währet ewig“ war der Spruch preußischer Könige. Zur Beseitigung von Unrecht aber gehört der Wille, dies auch zu tun. Den müßten wir von unseren Politikern einfordern. Es kann nicht verwerflich sein, bei solchem Bemühen nationale deutsche Interessen mit den Menschenrechten zu verbinden! 

 
     
     
 
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