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Poetische Stille

 
     
 
Es ist in seinen Bildern der große Maßstab, mit dem unsere Heimat sich selbst mißt, der Atem der Weite in Land, Horizont und Himmel, das Klare, Durchsichtige, die Stille, die Schwermut, und immer wieder die einfache Größe. ... Frisch und wie eben geschaffen ist diese Welt, klar und unverbraucht, deshalb aber nicht etwa nüchtern. In diesen Bildern ist die Seele der ostdeutschen Landschaft gebannt." Diese Worte eines Kritikers umreißen knapp und klar das Schaffen eines Malers, der wie kaum ein anderer die nordostdeutsche Landschaft gestaltet und ihr in seinen Bildern einen zeitlosen Ausdruck gegeben hat: Alfred Partikel.

Es ist still geworden um den Maler Partikel, der am 7. Oktober 1888 in Goldap geboren wurde. Vor fünf Jahren noch war eine sehenswerte Ausstellung im Ostdeutschen Landesmuseum
zu sehen, auch erschien 1997 ein kleiner Kalender mit seinen Werken im Verlag Atelier im Bauernhaus, Fischerhude. Nicht zuletzt sind einige seiner Bilder auch in Museen zu finden, so in der Berliner Nationalgalerie, der Bremer Kunsthalle, im Museum Ostdeutsche Galerie in Regensburg, im Ostdeutschen Landesmuseum, im Museum Königsberg in Duisburg, in der Kunsthalle Mannheim oder im Kulturhistorischen Museum Rostock. Wer aber war dieser Mann, der so eindrucksvolle Gemälde und Graphiken schuf und der im Oktober 1945 auf bisher immer noch ungeklärte Weise im Wald von Ahrenshoop verschwand? Der Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Rainer Gerckens, der 1990 mit einer Arbeit über Partikel promovierte, hat nun ein Buch über das Leben des Malers herausgegeben: Unter weitem Horizont (168 Seiten, geb. mit farbigem Schutzumschlag, Lesebändchen, 59 sw Abb. im Text, mit Literaturauswahl, kleinem Werkverzeichnis und Auflistung der Ausstellungen, 24,80 E).

Anschaulich schildert Gerckens das bewegte Leben des Ostdeutschland, der Kindheit und Jugend in Goldap, Szittkehmen und Insterburg verbrachte. Von 1905 bis 1907 besuchte er die Kunst- und Gewerkschule in Königsberg und als Schüler von Oluf Jernberg und Heinrich Wolff die Kunstakademie am Pregel. Längere Aufenthalte in München und Weimar als freischaffender Maler führten ihn zur näheren Auseinandersetzung mit den Werken alter Meister. Für kurze Zeit kehrte er nach Ostdeutschland zurück, um sich dann jedoch in Berlin niederzulassen, wo auch seine erste Graphikausstellung stattfand und wo er Mitglied der Berliner Secession, später Freien Secession wurde.

Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem Partikel als Soldat teilnahm, lebte er zunächst wieder in Berlin, wo er sich eine Wohnung mit Richard Scheibe teilte und wo er Kontakt zu anderen Künstlern wie Gerhard Marcks fand. Bald aber begann der Ostpreuße die Großstadt zu meiden und zog sich mit seiner Familie nach Ahrenshoop zurück. 1929 dann aber folgte er einem Ruf nach Königsberg, um an der dortigen Akademie Landschaftsmalerei zu unterrichten. Partikel wurde geschätzt, von Schülern und Kollegen gleichermaßen.

Gerckens geht in seinem überaus lesenswerten Buch auch auf die seltsame Begebenheit ein, daß Partikel einerseits in die Preußische Akademie der Künste berufen wurde, andererseits Bilder aus der Zeit seines expressionistischen Schaffens auf der Ausstellung "Entartete Kunst" zu sehen waren. Unter diesen schwierigen Bedingungen zog sich Partikel auf seine "Insel persönlicher Empfindungen" zurück; es entstanden "meisterhafte Landschaftsmalereien von poetischer Stille" (Gerckens). "Der Zeitgeist beurteilt heute den Künstler danach, ob er magisch-stilistischer Bahnbrecher ist, und fragt: ‚Was hat er für die Abstraktion geleistet? Diese Seite der Kunst war Partikels Stärke nicht", schrieb der Freund Gerhard Marcks. "Bei seiner Arbeit handelt es sich noch um ‚die Natur durch ein Temperament gesehen . Sollte man sich nicht die Zeit nehmen, sich unvoreingenommen dieser Welt hinzugeben?" - Rainer Gerckens hat mit seinem Buch über Alfred Partikel viel dazu beigetragen, dieser Welt des Künstlers näherzukommen. Peter van Lohuizen

Lesenswert: Lebensbild des Malers Alfred Partikel (Titelbild unter Verwendung des Aquarells "Fischerfrauen am Meer", um 193
 
     
     
 
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