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Vor dem Hintergrund der vielfältigen Schwierigkeiten des Anpassungsprozesses an die westliche Wirtschaftsordnung und die Vorgaben der EU sowie die latenten Streitigkeiten mit der ungarischen Minderheit gibt es auch in Rumänien eine breite nationalpopulistische Oppositionsbewegung. Während einige dieser Gruppierungen ihren legitim en Platz im politische Spektrum besitzen, gibt es auch dubiose national-chauvinistische Formationen, die in Rumänien noch eine unheilvolle Rolle spielen könnten und schon jetzt das Klima zwischen Rumänen und Ungarn vergiften.
Die Keimzelle radikal-nationalistischer Unzufriedenheit in den Jahren unmittelbar nach der "Revolution" von 1989 war der bereits Anfang 1990 durch ehemalige kommunistische Parteikader, Armee- und Securitate-Offiziere sowie einige Intellektuelle gegründete "Kulturverein" Vatra Romaneasca (Rumänische Heimstatt). Aus diesem ging dann im Mai 1991 die Großrumänische Partei (PRM) von Corneliu Vadim Tudor hervor, die bis heute mit der durch Spaltungen geschwächten Partei der Rumänischen Nationalen Einheit (PUNR) mit dem Klausenburger Bürgermeister Funar als Galionsfigur um die Stimmen der "rechtsradikalen" Opposition konkurriert.
Die einflußreichere der beiden Formationen ist die Großrumänische Partei. Deren Gründung kam einer politischen Fälschung gleich, zumal der Name an die 1948 entstandene antikommunistische Organisation Groß-Rumänien erinnert, die bis zum Verbot zwei Jahre später mehrere Ausgaben eines gleichnamigen Presseorgans herausbrachte. Das Personal der Partei ist jedoch mitnichten zweifelsfrei antikommunistisch.
Corneliu Vadim Tudor, der am 13. Juli 1990 zusammen mit dem Schriftsteller Eugen Barbu und mit finanzieller Unterstützung des damaligen Ministerpräsidenten Petre Roman die "Unabhängige und überparteiliche Wochenzeitung Groß-Rumänien" ins Leben gerufen hatte, war zuvor Ghostwriter von Diktator Ceausescu gewesen.
Das neue Wochenblatt entwickelte sich unter der Feder von Herausgeber Vadim zum Haßorgan gegen die historischen Parteien Rumäniens. Zielscheibe von Diffamierungskampagnen waren führende Politiker der Sozialdemokratischen Partei (gegründet 1893), der Nationalen Bauernpartei (diese besteht seit 1926) und der National-Liberalen Partei (gegründet 1875). So spielte er die Rolle des Politnarren der damaligen postkommunistischen Regierungspartei Front zur Nationalen Rettung (FSN) unter ihrem Vorsitzenden Ion Iliescu. Doch damit gab sich Vadim nicht lange zufrieden und gründete im Mai 1991 die besagte eigene Partei.
Seitdem ist der politische Aufstieg des wendigen Populisten und rhetorischen Naturtalents ungebrochen. Vadim schaffte es, zum bekanntesten und zugleich umstrittensten Politiker Rumäniens zu werden. Meinungsumfragen zufolge liegt er in der Popularität an dritter Stelle hinter dem christdemokratischen Staatsoberhaupt Constantinescu und dem Kommunisten Iliescu.
Vadim brachte durch sein Charisma ein einmaliges Sammelsurium von Personen, Organisationen und politischen Strömungen hinter sich. Als PRM-Mitglieder und Sympathisanten bekennen sich aktive Mitglieder aller rumänischen Geheimdienste und ehemalige Angehörige der Securitate, unabhängige Nationalisten, Mitglieder der verbotenen Kommunistischen Partei, enttäuschte Wähler aller etablierten Parteien und Angehörige der Minderheiten des historischen Fürstentums Walachei (Türken, Tataren, Russen-Lipowener). Zum Aktionsfeld der Partei gehören ferner bekannte Politiker und Bewegungen wie der Bergarbeiterführer Cozma, die in den USA aktive Rumänische Allianz (entstanden aus radikaleren Teilen der faschistischen Eisernen Garde) sowie Veteranenverbände, die für die Rehabilitierung Marschall Antonescus eintreteten.
Ebenso weitgespannt sind Vadims internationale Verbindungen. Zum engeren Kreis gehören u. a. der Vorsitzende des Front National (FN), Jean-Marie Le Pen, der libysche Staatschef Gaddafi sowie der moldawische Oppositionsführer Voronin.
Die parteieigenen Wochenblätter "Politica" und "Romania Mare" (Groß-Rumänien) gehören zu den meistgelesenen Zeitungen des Landes, wobei Vadims berüchtigte Kommentare unter dem Pseudonym "Alcibiade" getrost als Realsatire bezeichnet werden können.
Obwohl oder gerade weil die Großrumänische Partei gegen alles ist und inhaltlich für nichts konkret einsteht, trauen ihr Beobachter für die erwarteten vorgezogenen Neuwahlen Stimmengewinne zu. Im Spektrum der erklärten Rechtsparteien gibt es wohl nur zwei Politiker, die Vadims Ambitionen stören könnten: den Ex-Studentenführer Marian Munteanu sowie den Vorsitzenden der Regierungspartei Alternative Rumäniens,Varujan Vosganian.
Munteanu war 1990 die Führungsfigur der antikommunistischen Dauerproteste auf dem Bukarester Universitätsplatz und ist dem PRM-Führer intellektuell überlegen. Nachdem der Revolutionsaktivist im November 1990 an der Gründung der Bürgerallianz Bewegung AC beteiligt war, wandte er sich später politisch eindeutig nach rechts. So hob er die zumeist aus Studenten bestehende christlich-nationale Bewegung für Rumänien aus der Taufe, die sich als eine Art Nachfolgeorganisation der 1941 verbotenen Eisernen Garde versteht.
Zuletzt meldete sich Munteanu u. a. im Sommer letzten Jahres mit einem aufsehenerregenden Interview des Senders "Prima TV" zu Wort. Dabei rechnete er mit den machthabenden Eliten ab, forderte die Öffnung der Securitate-Archive und kündigte seine Kandidatur für die Präsidentenwahlen im Jahr 2000 an.
Ebenfalls im Sommer 1998 sorgte auch Vosganian für Furore, als er den politischen Club "Die Rechte" gründete. Dessen Ziel soll die Bündelung aller "christlich-orthodoxen, wirtschaftsliberalen, neokonservativen und nationalen" Kräfte sein. Auch einzelne Politiker der regierenden Liberalen Partei und der Bauernpartei haben sich dem Zirkel angeschlossen.
Gabriel Savulescu, Jahrgang 1965, ist Gründungsmitglied der rechtsbürgerlichen Liberalen Partei Rumäniens (PNL).
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