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Man kann es ihm nicht verdenken, unserm Herrn Bundeskanzler, daß er angesichts überquillender Terminpläne nicht auch noch Zeit hat, sich höchstpersönlich mit den Angelegenheiten der deutschsprachigen Auslandspresse zu beschäftigen. Schließlich will das politische Tagesgeschäft haarklein vorbereitet sein, ganz gleich, ob es sich um ein Gipfeltreffen mit der Organisation für Afrikanische Einheit in Kairo handelt oder um einen Auftritt bei "Wetten daß?"
Warum also die Empörung bei der Internationalen Medienhilfe (IMH), daß auf das im August 1999 für die von ihr vertretenen Presseorgane gestellte Gesprächsgesuch bis heute keine positive Antwort erfolgte?
Immerhin wurde man freundlich an das Bundespresseamt weiterverwiesen (böse Zungen behaupten "abgeschoben"), und aus dem Kanzleramt gingen sogar einige sehr nette Zeilen an den IMH-Geschäftsführer Akstinat: "Der Bundeskanzler weiß um die wichtige Funktion deutschsprachiger Medien im Ausland und schätzt ihre Arbeit. Die deutschsprachigen Medien im Ausland sind ein bedeutendes Bindeglied zwischen Deutschland und den im Ausland lebenden Deutschen und den an Deutschland Interessierten. Ich bitte aber um Verständnis, dass der Bundeskanzler wegen der Vielzahl seiner Verpflichtungen Ihrem Wunsch nicht entsprechen kann."
In der Tat, die deutschsprachigen Zeitungen von Moskau bis Melbourne und von Temeschwar bis Toronto könnten eine äußerst wichtige Verbindung darstellen zwischen dem Mutterland und seinen vielen Millionen in aller Welt verstreuten Landsleuten, ja zu allen Germanophonen respektive Germanophilen rund um den Globus.
Außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, Österreichs, der Schweiz, Liechtensteins und Luxemburgs erscheint die stattliche Anzahl von über 3000 deutschsprachigen Periodika, wobei seit dem Ende des Kalten Krieges ständig neue hinzukommen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die rund hundert Zeitungen sowie außerdem 350 Rundfunk- und 50 Fernsehprogramme.
Allein in den USA sind mehr als hundert deutschsprachige Hörfunkprogramme im Äther. Für den ostmitteleuropäischen Raum seien nur die "Baltische Rundschau", die "Deutschen Nachrichten" in Litauen, die "Prager Zeitung", die "Budapester Zeitung", die ungarndeutsche "Neue Zeitung" sowie die "Allgemeine Deutsche Zeitung" in Rumänien erwähnt.
Zielgruppen der genannten Medien sind nicht allein auslandsdeutsche Minderheiten, sondern auch bundesdeutsche Touristen und nicht zuletzt Angehörige der Mehrheitsvölker. Letztere erhalten bei der Lektüre nicht nur Hilfestellungen zur Verbesserung bzw. Festigung ihrer deutschen Sprachkenntnisse, sondern werden möglichweise auch auf interessante Investitions- oder Reisemöglichkeiten in Deutschland aufmerksam gemacht.
Schon das pure staatliche Eigeninteresse sollte deutsche Politiker dazu veranlassen, diese Kulturbotschafter zu fördern, deren Bedeutung über die der Außenhandelskammern oder Goethe-Institute weit hinausgeht. Dennoch werden die deutschsprachigen Auslandsmedien weder von ihnen, geschweige denn einer breiten Öffentlichkeit in nennenswertem Umfang wahrgenommen.
Ob bewußt oder aus Unkenntnis, das mag dahingestellt sein. Zumindest bei den Grünen und so manchen Sozialdemokraten dürfte ideologische Voreingenommenheit gegenüber einer solchen "nationalen Internationale" die Scheuklappen herunterfallen lassen.
Die aktuelle Lage ist jedenfalls wenig erfreulich: Abgesehen von den Fördergeldern für einige als Organe deutscher Volksgruppen anerkannte Medien gibt es keine offiziellen Hilfen. Ein spezielles Büro als Vertretungsstelle für sämtliche deutschsprachigen Auslandsmedien ist genauso überfällig wie die Benennung eines Ansprechpartners durch die Bundesregierung. Und eben darüber sollte mit Kanzler Schröder gesprochen werden sowie über weitere Verbesserungvorschläge, die in einem Offenen Brief aller wichtigen deutschsprachigen Auslandsmedien Ende 1999 festgehalten wurden:
offizielle Würdigung der Leistungen der deutschsprachigen Medien im Ausland
regelmäßige Sachspenden und Gewährung zinsloser Kredite
Einstellung von Gratis-Publikationen, die mit deutschen Steuern finanziert werden und den unsubventionierten deutschsprachigen Medien Abonnenten wegnehmen
weltweite Gleichbehandlung deutschsprachiger Journalisten (Einladungen zu besonders wichtigen politischen Veranstaltungen sollen künftig nicht nur an die Kollegen der schreibenden Zunft in der Bundesrepublik gehen)
Die Internationale Medienhilfe ist höchstwahrscheinlich zu Recht davon überzeugt, daß allein eine schriftliche Übermittlung der eigenen Wünsche ans Bundespresseamt die reine Zeitverschwendung ist. Nur eine persönliche Übergabe der Petitionen an Kanzler Schröder kann das dringend erforderliche Presseecho bewirken und vielleicht ein Umdenken in Gang setzen.
Nähere Informationen: AG Internationale Medienhilfe (IMH), Koordinationsbüro Deutschland, Postfach 1122, 53758 Hennef bei Köln, Tel.: 02242/7359, Fax: 02242/7359, E-Post: inter-info@t-online.de
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