|
Das gute alte deutsche Sprichwort vom "guten Gewissen" scheint auch bei den Engländern sehr beliebt zu sein. So wundert es nicht, welchen Verkaufserfolg der Historiker Frederick Taylor mit seinem Buch "Dresden: Dienstag, 13. Februar 1945" erzielte. Endlich können die Briten sich - zum Vorzugspreis von umgerechnet knapp 25 Euro (so billig kann ein "gutes Gewissen" sein!) - auf vermeintlich wissenschaftliche Weise attestieren lassen, daß die Bombardierung der Barockstadt an der Elbe eben doch kein Kriegsverbrechen war.
Taylors obskure Thesen: Dresden sei erstens ein strategisch wichtiges Zentrum der deutschen Rüstungsindustrie und zweitens ein "Hort des nationalsozialistischen Geistes" gewesen. Daher sei die Bombardierung "keine moralische Frage" gewesen, sondern habe "absolut Sinn für die Royal Air Force" gemacht.
Auf solch haarsträubenden Unsinn haben offenbar viele Engländer schon sehnsüchtig gewartet. Es war ja auch ausgesprochen peinlich, vor aller Welt eines Kriegsverbrechens beschuldigt zu werden; schließlich war die Rolle des "Tätervolks" den Deutschen (und nur ihnen) zugewiesen. Nun haben sie es schwarz auf weiß: Wir die Guten, die "Germans" die Bösen!
Natürlich denken nicht alle Engländer so. Es sei daran erinnert, daß der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche kaum möglich gewesen wäre ohne die großzügigen Spenden von Briten, die offensichtlich unter "Gewissen" etwas anderes verstehen als der Historiker Taylor.
Nun sollte man erwarten, daß diese auch eigener Schuld bewußten Menschen sich gegen Taylors Geschichtsklitterung zur Wehr setzen. Aber können wir Deutschen das wirklich verlangen? Geben wir nicht allzuoft selber ein denkbar schlechtes Beispiel?
Zum Beispiel unsere rot-grünen "Volksvertreter": Sie hatten sich kürzlich im Bundestagsausschuß für Kultur und Medien mit einem von der Opposition eingebrachten Antrag zu befassen, den 60. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 2005 würdig zu begehen, indem man auch der Opfer des Bombenkriegs gegen die deutsche Zivilbevölkerung gedenke.
Konkret war vorgeschlagen worden, der Bundestag solle am 13. Februar 2005 - ebenfalls ein 60. Jahrestag! - in der Dresdner Frauenkirche zu einer Gedenkfeier zusammentreten.
Alle diese Vorschläge wurden von SPD und Grünen abgeschmettert. Begründung: Das Kriegsende solle nicht "auf Opfer des Bombenkriegs reduziert" werden, da dies "zur Relativierung der Opfer des Holocaust" führen könne.
Diese Begründung ist eine geradezu abenteuerliche Verdrehung aller historisch gesicherten Fakten und Zusammenhänge. Niemand kann bestreiten, daß der Opfer des Holocaust in Deutschland in hinreichendem Maße gedacht wird. Freilich waren die vielen tausend Toten von Dresden eben nicht "Opfer des Holocaust", sondern Opfer britischen Bombenterrors. Ihrer am 60. Jahrestag dieses militärisch völlig sinnlosen und durch nichts zu rechtfertigenden Angriffs würdig zu gedenken ist unser aller moralische Pflicht.
Es ist beschämend, daß die entsprechenden Vorschläge von Union und FDP von den Vertretern der Regierungskoalition kalt abserviert werden - wenn auch zunächst "nur" auf Ausschußebene, aber damit ist die Richtung vorgegeben. Wer so agiert, muß sich fragen lassen, welches Volk er eigentlich vertritt; das eigene kann es nicht sein.
So wird wieder einmal den verlogenen Geschichtsverdrehungen à la Taylor Vorschub geleistet. Mit der traurigen Folge, daß viele Engländer die rot-grüne Vorlage gern aufnehmen: Wenn die Deutschen schon selber so schlecht von sich denken, warum sollen wir dann ein schlechtes Gewissen haben?
|
|