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Siegfried von Wangen hat seinen Kopf wieder

 
     
 
Nach der Wiederherstellung des Königstors zum 750. Stadtjubiläum von Königsberg mit den in Kunststein ergänzten Figuren König Ottokars II., Herzog Albrechts und König Friedrichs I. hat nun auch die Restaurierung des Friedländer Tors begonnen. Ein erster sichtbarer Erfolg ist, daß die Statue Hochmeister Siegfried von Feuchtwangens wieder einen Kopf hat. Die Figur ziert das mittlere Türmchen (Fiale) der Feldseite des Portals.

Da der Hochmeister 1309 den Regierungssitz des Deutschen Ordens
von Venedig nach der Marienburg verlegte, ist er mit einem Modell des Mittelschlosses dieser Burg in der Rechten und der Urkunde, die sie zum Hauptsitz machte, in der Linken, dargestellt. Wann Rumpf und Kopf getrennt wurden, ist unbekannt. Einem sowjetischen Foto nach zu schließen ist die Abtrennung erst nach dem Jahre 1956 erfolgt. Das abgeschlagene Haupt soll laut Swetlana Sokolowa, der Leiterin des im Friedländer Tor eingerichteten Museums, noch lange Zeit in einem Raum des Tors gelegen haben. Für die jetzt begonnene Restaurierung stand es allerdings nicht mehr zur Verfügung. Statt dessen wurde der Kopf samt Helm nach einer Vorkriegsfotographie der auf einer mit Wappen geschmückten Konsole stehenden Figur, die etwa in Willi Scharloffs 1982 erschienenen Buch "Königsberg damals und heute" zu finden ist, nachgebildet.

Bei der Restaurierung konnte Swetlana Sokolowa trotz der starken Verwitterung der Sandsteinskulptur an deren Basis noch die Signatur des Bildhauers "W. Stürmer" mit dem Herstellungsjahr "1864" ausmachen. Es ist jener Berliner Bildhauer Wilhelm Stürmer, von dem der größte Teil der Bauplastiken der Königsberger Stadttore stammt.

Während der Hochmeister einen neuen Kopf erhalten hat, ist das Tabernakel (Ziergehäuse für Figuren) der mittleren Fiale der Stadtseite des Tors noch verwaist. Darin stand die spurlos verschwundene Statue des 1416 an der Pest verstorbenen Grafen Friedrich von Zollern, des Großkomturs von Balga am Frischen Haff, mit der Fahne des Deutschen Ordens, die er 1410 in der Tannenbergschlacht gegen Polen und Litauen trug, in der Rechten und mutmaßlich einem Schild in der Linken. Im neuen "Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler West- und Ostdeutschland" (1993) sind der Bildhauer nicht genannt, die beiden Figuren verwechselt und den Dargestellten fälschlich dieselben Vornamen gegeben. Eine kleine Abbildung der Figur des Grafen von Zollern findet sich im Hohenzollern-Jahrbuch von 1912. Da aber die Entwürfe Stürmers verschollen sind, werden wie beim Königstor für die geplante russische Rekonstruktion noch bessere Vorlagen gesucht.

Offensichtlich sind "Siegfried von Feuchtwangen" und "Graf Friedrich von Zollern" die letzten für die Tore geschaffenen Werke des Künstlers, der von König Friedrich Wilhelm IV. im Jahre 1847 mit den Statuen am Königstor und 1852 mit den Porträtmedaillons am Sackheimer Tor beauftragt wurde. Als das Friedländer Tor 1862 eingeweiht und 1864 mit der Bauplastik geschmückt wurde, war der "Romantiker auf dem Thron" bereits verstorben und am Steindammer Tor durch eine Terrakottastatue des Berliner Bildhauers Albert Wolff geehrt worden.

Leider ist im Geheimen Staatsarchiv Berlin allein der Entwurf des Friedländer Tors beziehungsweise dessen Überarbeitung durch den Hofarchitekten Friedrich August Stüler nicht mehr vorhanden. Zum Tor existiert nur der spätere Entwurf der zweitorigen Anlage von 1875. Die kolorierten Handzeichnungen auf Pausleinwand von einem nicht näher bezeichneten "A. Kadereit" zum Kostenanschlag vom 1. September 1875 zeigen - wie noch heute - eine auf der breiteren Stadtseite von fünf, auf der Feldseite von drei Fialen über Strebepfeilern gegliederte Fassade mit den beiden tudorbogigen Durchfahrten im Mittelteil. Die Fialen enden in einem spitzen Satteldach mit sogenannten Violen aus Sandstein.

Auf den Konsolen der ausgeführten Blendnische beziehungsweise des Tabernakels der mittleren, hier pfeilerlosen Fiale stehen allerdings nicht die genannten Statuen Stürmers von 1864, sondern eine Figur, mutmaßlich mit Lanze beziehungsweise Schild in der Rechten. Dies zeigt, daß nicht die für den Um- und Neubau geplanten Skulpturen zur Ausführung kamen, sondern die Statuen vom ursprünglichen Tor übernommen wurden. Im Gegensatz zu den Ausführungen von Baldur Köster in "Königsberg. Architektur aus deutscher Zeit" (2000) hat es beim Steindammer, Brandenburger und Friedländer Tor einen älteren Bau mit nur einer Durchfahrt gegeben. Nur diese Tore, nicht aber diejenigen mit zwei Durchfahrten von 1875 und später unter der Regierung des ersten Deutschen Kaisers Wilhelm I. hat und kann der 1865 verstorbene Hofarchitekt Stüler entworfen haben. Daß das heutige Friedländer Tor nicht "1857-1862" erbaut wurde, sichert schon die Jahresangabe "1875" auf dem Entwurf.

Einst und jetzt: Die Skulptur nach ihrer Restaurierung (rechts) und ein Vorkriegsfoto aus "Königsberg damals und heute" Fotos: Königsberger Expreß (rechts), Archiv
 
     
     
 
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