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Slowakei auf Isolationskurs

 
     
 
Abwehrreaktionen wie einst gegenüber der als "rechtsextremistisch" apostrophierten österreichischen Regierung mit FPÖ-Beteiligung unter Jörg Haider blieben bisher im Falle der Slowakei aus, obwohl dort mit der "Slowakischen Nationalpartei" (SNP) eine Partei an der Regierung beteiligt ist, deren Vorsitzender Ján Slota, ein studierter Bergbauingenieur, immer wieder mit Äußerungen an die Öffentlichkeit tritt, die wohl kaum mit dem vielbeschworenen Grundwerte-Konsens der EU in Übereinstimmung zu bringen sind. Slotas Lieblingsthema ist die angebliche "Ungarisierung der Slowakei". Ihn geht der Einfluß der ungarischen Slowaken entschieden zu weit. In dieser Frage macht er vor fragwürdigen historischen Anleihen nicht halt, wie zum Beispiel sein Interview in der tschechisch
en Tageszeitung "Lidové noviny" zeigt, in dem er erklärte, daß er die Tschechen um die "Ruhe" beneide, die sie seit dem Zweiten Weltkrieg genössen. Wörtlich sagte Slota: "Ich wünsche unseren tschechischen Freunden und Brüdern, daß sie (aufgrund der Vertreibung der sudetendeutschen Minderheit, d. V.) diese Ruhe haben, die sie haben ... Ich beneide sie darum." Konsequenterweise verteidigte Slota die sogenannten Benesch-Dekrete. Deren mögliche Aufhebung wäre für Mitteleuropa keineswegs akzeptabel: "Wenn plötzlich zwei Millionen Deutsche in der Tschechischen Republik zusammenströmten - mit jenen, die jenseits der Grenzen geboren wurden, vielleicht fünf Millionen Deutsche", sagte Slota, "dann hätten die tschechischen Brüder ein riesiges Problem."

Der neue, als "linkspopulistisch" gehandelte Ministerpräsident der Slowakei, Róbert Fico, konnte aus seiner linksliberalen Partei "Smer-SD", der rechtskonservativen "Bewegung für eine demokratische Slowakei" von Ex-Premier Vladimír Meciar sowie aus der besagten SNP eine Koalition bilden. Meciar und Slota gehören dieser Regierung zwar nicht an, sie sitzen aber zusammen mit Fico im sogenannten Koalitionsrat, in dem alle wichtigen Beschlüsse der neuen Koalition fallen. Slota nimmt damit direkt Einfluß auf die politische Entwicklung der Slowakei. Dessen SNP versteht sich als konservative Partei, deren Ziel ein starker Nationalstaat ist. Sie setzt sich unter anderem für eine administrative Neugliederung der Slowakei ein und will sich im sozialen Bereich vor allem für junge Familien engagieren. Auch dem ungelösten Problem mit den Roma im Lande will man zu Leibe rücken: Roma-Kinder sollen nach dem Willen der SNP in Zukunft Kindergärten und Grundschulen mit Internat, auch gegen den Willen der Eltern, besuchen.

Slota, seit 1990 Bürgermeister der nordwestslowakischen Stadt Zilina (Sillein), gilt auch in der Slowakei als umstrittener Politiker. Ihm gelang es aber, seine in zwei verfeindete Gruppen gespaltete Partei wieder zu einen. Beobachter glaubten bereits, daß nach dem Zerfall der Partei in SNP und "Echte SNP" deren Ende gekommen sei. Ein voreilige Prognose, wie die aktuelle Entwicklung zeigt: Die SNP ist lebendiger denn je.

Im zurückliegenden Wahlkampf trommelte Slota vor allem gegen die "Okkupation der Slowakei durch Ungarn". Der Hintergrund für seine Angriffe ist der angebliche Einfluß der ungarischen Slowaken, an deren Loyalität gegenüber der Slowakei Slota Zweifel anmeldet. So erklärte er gegenüber der österreichischen Tageszeitung "Die Presse": "In der Südslowakei besitzen die Ungarn tausende Firmen. Wer dort Arbeit sucht und ungarisch nicht kann, hat keine Chance, eine Arbeitsstelle zu bekommen." Slota räumte zwar ein, daß die Mehrheit der slowakischen Ungarn "loyal" sei, er habe aber Vorbehalte gegen die, die Ungarn für ihre Heimat hielten. In dem oben bereits angesprochenen Interview mit "Lidové noviny" griff Slota unter anderem direkt die Partei der Ungarischen Koalition (SMK) in der Slowakei an. Diese arbeite an der Revidierung des Trianon-Abkommens und stelle damit die nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Grenzen in Frage. Ungarn verlor durch das Trianon-Abkommen etwa zwei Drittel seines Staatsgebiets. "Wir kämpfen nur gegen jene SMK-Vertreter, die als Minderheit die Mehrheits-Nation auf ihrem Hoheitsgebiet, auf dem Gebiet der Slowakischen Republik, unterdrücken", polterte Slota.

Die Sozialdemokraten im Europaparlament haben inzwischen auf die Regierungsbildung in der Slowakei reagiert: Sie haben die Mitgliedschaft der Smer-Partei von Róbert Fico bis auf weiteres suspendiert. Fico selbst gibt sich indes leutselig; er versicherte, er wolle ein "sozialdemokratisches Programm" durchsetzen. Seine Regierung werde die Verträge mit der EU und der Nato einhalten und auch "Minderheitenrechte garantieren".

Ficos Beschwichtigungen in Richtung Ausland werden mittlerweile allerdings selbst in der heimischen Presse belächelt. So war in einer der zurückliegenden Ausgaben der tschechischen Tageszeitung "Pravda" eine Karikatur zu sehen, in der Fico erklärt: "Es ist mir egal, was für ein dummes Zeug (Slota, d. V.) den Journalisten aufschwatzt; ich brauche im Parlament die Mandate seiner Partei." Zur neuen Regierung stand in derselben Zeitung zu lesen: "Ein Populist, ein Lügner und ein Säufer sind im Begriff, der Slowakei Schaden zuzufügen." Mit "Populist" ist der neue Regierungschef Fico gemeint und mit "Lügner" Meciar, dem vorgeworfen wird, die Slowakei in seiner Amtszeit wirtschaftlich nicht weitergebracht und in Europa isoliert zu haben. Die Charakterisierung "Säufer" zielt auf Slota, der in dem Ruf steht, dem Alkohol hin und wieder über Gebühr zuzusprechen. Ob es ausgerechnet diesem Trio gelingt, die Slowakei politisch voran zu bringen, darf bezweifelt werden.
 
     
     
 
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