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Steuerreform - lächerliche Gegenfinanzierung beim Denkmalschutz

 
     
 
Die Entscheidung des Kanzlers, die inlandsbezogene Kulturpolitik des Bundes in seinem Hause zu bündeln, signalisierte Aufwertung dieses Politikbereichs. Wofür bisher diverse Abteilungsleiter in diversen Ministerien zuständig waren, sollte in der Hand eines dem Regierungschef direkt zugeordneten Staatsministers vereinigt werden. Das versprach kraftvollen Neubeginn auf einem Aufgabenfeld, auf dem die Verfassung dem Bunde nur wenig Spielraum gewährt. Michael Naumann ist denn auch emsig dabei, die Erde zu sammeln, auf die er im Kanzlerauftrag säen soll. Das aber scheint nicht allen recht zu sein. Oder wie ist es zu deuten, daß im Finanzministerium
eine eigene, ganz andere Kulturpolitik vorbereitet wird?

Oder hat es etwa nichts mit Kulturpolitik zu tun, wenn unser städtebauliches Erbe von Staats wegen erhalten oder dem Verfall preisgegeben wird? Wenn Kirchen, Denkmäler, Schlösser und Fachwerkhäuser aus dem Mittelalter, in denen wir konkret faßbar unserer Geschichte begegnen, sachkundig restauriert oder dem Ruin überantwortet werden?

Naumann hat sich ausbedungen, auch in der auswärtigen Kulturpolitik gehört zu werden. Er muß darauf dringen, daß sein Wort auch in der Steuerpolitik Gehör findet. Und ganz besonders dort, wenn er kulturpolitischen Irrsinn abwenden will:

In ihrem verzweifelten Bemühen, zur Gegenfinanzierung von Lafontaines "Steuerreform" Gelder ausfindig zu machen, sind die neuen Finanzexperten seines Hauses auch beim Denkmalschutz fündig geworden. Um einige wenige Dutzend Millionen Mark an Steuererleichterungen einzusparen, gefährden sie in ihrer Tumbheit das städtebauliche Erbe in Mitteldeutschland und zugleich das "Aufbauwerk Ost", das Kanzler Schröder bekanntlich zur Chefsache erklärt hat.

Seit dem Denkmalschutzjahr 1975 konnte ein großer Teil der denkmalwürdigen Altbausubstanz in Westdeutschland gerettet werden. Dies war möglich, weil der Gesetzgeber privaten Investoren einen steuerlichen Anreiz gab, sich für die Erhaltung unseres baulichen Kulturerbes zu engagieren. Entscheidend dafür war u.a., daß über jeweils zehn Jahre zehn Prozent der zweckgebundenen Investitionen steuerlich abgesetzt werden konnten. Von diesen Möglichkeiten machten Großinvestoren wie kleine Mittelständler Gebrauch – mit dem Ergebnis, daß 40 bis 70 Prozent der Mittel für die Denkmalerhaltung privat aufgewendet wurden.

Lafontaines Steuerkünstler wollen nun die Absetzbarkeit von zehn auf fünf Prozent kürzen und zugleich den Zeitraum von zehn auf zwanzig Jahre verdoppeln. Dies kommt einem Todesstoß für die Altstädte Mitteldeutschlands gleich, die vom SED-Regime nicht nur aus Unfähigkeit, sondern auch bewußt dem Verfall preisgegeben wurden, um das verhaßte bürgerliche Kulturerbe auszulöschen, das der sozialistischen Plattenbauwelt im Wege stand. Die geplanten neuen steuerlichen Konditionen sind so unattraktiv, daß sie jeden Investor abschrecken müssen. Das ist Kulturpolitik mit der Steuerkeule zur Fortsetzung des Zerstörungswerkes der SED.

Von Görlitz bis Stralsund hatten sich die Menschen in Mitteldeutschland gegen diese Zerstörungspolitik der SED aufgelehnt. Ihnen ging es dabei nicht um die Sicherung materieller Eigentumstitel, sondern um die Bewahrung der kulturellen Identität ihrer Heimat. Sollte dies Lafontaines Rechnern nicht bekannt sein? Oder ist ihnen die deutsche Geschichte und die deutsche Kultur schnurzpiepe egal? Wäre dem so, so sollten sie bei ihren Planspielen wenigstens an den Arbeitsmarkt denken, auf dem der neue Kanzler doch seine Lorbeeren ernten möchte.

Von den zwölf Milliarden Mark, die jährlich in die Erhaltung des Denkmalbestandes investiert werden, entfallen an die 90 Prozent auf das Handwerk. In Mitteldeutschland ist dessen Kapitaldecke noch so dünn, daß der Verlust auch nur von wenigen Aufträgen Konkursgefahren heraufbeschwört. Wirtschaftsfachleute befürchten, daß im Handwerk insgesamt an die 30 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, wenn Lafontaines Steuerpläne Gesetz würden. Sollte dies nicht den Kanzler alarmieren?

 

 
     
     
 
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