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Hans Eichel, der Finanzminister mit dem angeblichen Charme einer Büroklammer, steh unter doppeltem Druck: Fast die gesamte Fachwelt läuft Sturm gegen Teile seine Steuerreform, während Kanzler Gerhard Schröder den ehemaligen hessische Ministerpräsidenten antreibt, das Vorhaben bis zur parlamentarischen Sommerpause übe die Hürden zu bringen. Der "Spar-Hans" versucht es zur Zeit mit den alte Methoden seines Vorvorgängers Theo Waigel: Er legt im Vermittlungsausschuß von Bundesta und Bundesrat ein paar Milliarden mehr drauf, dürfte jedoch damit den Widerstand de Opposition nicht brechen können, so daß es derzeit nicht nach einem echten Kompromi zwischen Regierung und Opposition aussieht.
Das liegt an einem radikalen Systemwechsel, den Schröder will. Der Kanzler hängt de irrigen Glauben an, daß man nur die Steuern der Unternehmen senken müsse, um als Ergebnis neue Arbeitsplätze zu bekommen. Damit wird der alte Unterschied zum erste Finanzminister der rot-grünen Koalition, Oskar Lafontaine deutlich. Für de Saar-Napoleon konnte die Industrie nicht hoch genug belastet werden. Konjunkturell Effekte versprach sich Lafontaine durch eine Ankurbelung der Nachfrage. Die Wahrheit lieg jedoch in der Mitte. Eine gute Nachfrage durch hohe Nettolöhne verbunden mit eine niedrigen Steuerbelastung der Unternehmen führt zu einem lang anhaltende wirtschaftlichen Aufschwung, wie seit Jahren in den USA.
Schröder, der sich gerne als "Genosse der Bosse" feiern läßt, hat jedoc einen wichtigen Punkt bei seiner Steuerreform übersehen: Die Steuergerechtigkeit gerä in Gefahr, wenn seine Pläne verwirklicht werden sollten. Doch für Grundsätzliches ha sich der Niedersachse nie interessiert. Die zweiseitige, fast verzweifelt klingend Intervention von 78 führenden deutschen Steuerrechtlern gegen die rot-grüne Reformpläne dürfte er im Zweifel nicht einmal gelesen haben.
Daher weiß er vermutlich auch nicht um die Gefahr, in die er das Staatsschiff lenkt Das Gerechtigkeitsprinzip ist für das friedliche Zusammenleben eines Staatsvolke unerläßlich. Und daß Gesetze für alle gleich zu gelten haben, erfahren Gymnasiaste spätestens in der Untertertia. Doch beim Steuerrecht will Schröder Ausnahmen Unternehmen haben nur noch 25 Prozent Körperschaftssteuer zu zahlen, für Privatpersone und somit auch für Handwerksmeister und Selbständige sind zum Beispiel im Jahre 2002 bi zu 48,5 Prozent Steuern vorgesehen. Würden diese Pläne realisiert, wäre das das End jeglicher Steuermoral.
Gewiß, die Regelungen sind kompliziert so kompliziert, daß steuertechnisc weniger versierte Bürger sie kaum verstehen dürften. Die Ungerechtigkeit offenbart sic zum Beispiel bei Dividenden, die Aktiengesellschaften zahlen, aber auch jede kleine Volks und Raiffeisenbank. Schröders Plan einer nur noch 25 Prozent betragende Körperschaftssteuer führt in allen diesen Fällen dazu, daß Bürger mit mittlere Einkommen, die einen Teil ihrer Ersparnisse für das Alter in Aktien angelegt haben, nett viel weniger Dividende erhalten als heute. Der Grund liegt darin, daß dies Körperschaftssteuer in Zukunft nicht mehr wie ein Bonus den Aktionären zusätzlich zu Dividende ausgeschüttet wird. Dadurch werden Klein- und Mittelverdiener schlechte gestellt, weil die vorgesehene Entlastung (nur noch die Hälfte der Dividende sol steuerpflichtig sein) für sie in der Praxis gar nicht oder nur kaum wirksam wird Großverdiener reiben sich jedoch angesichts dieses "Halbeinkünfteverfahrens" die Hände: Sie bekommen in Zukunft erheblich mehr raus als heute. Schröder und Eiche betreiben, ungewöhnlich für eine sozialdemokratische Regierung, Umverteilung von unte nach oben.
Für diese Opposition hätte dieser Effekt der Steuerreform ein gefundenes Fressen sei müssen. Doch während sich die CDU-Chefin Angela Merkel fast vollständig in Schweige hüllte, konnte Fraktionschef Friedrich Merz die soziale Schieflage der rot-grünen Plän einer breiten Öffentlichkeit nicht verdeutlichen. Er verfing sich in den eigene Fachkenntnissen, so daß sich der Eindruck festsetzte, die CDU/CSU betreibe kein Opposition, sondern Obstruktion.
Dabei wäre es gerade die Aufgabe der Opposition, den Bürgern die Folgen de Regierungshandelns zu verdeutlichen. Merz hat aber offenbar immer noch nicht begriffen daß er nicht mehr als sachkundiger Abgeordneter im Finanzausschuß sitzt, sondern Che der größten Oppositionsfraktion ist, der auf seine Außenwirkung zu achten hat. Die kleine FDP verkaufte das Thema besser. Deren Finanzexperte Hermann Otto Solms bezeichnet Schröders Pläne als die dümmsten, die ein Bundeskanzler in den letzten 50 Jahre vorgelegt habe. Dagegen erscheint Merz sprachlos.
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