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Konservativ?
In diesen Wochen kapriziert sich die sogenannte gehobene deutsche Presse auf das Thema "konservativ". Der "Spiegel" formte daraus seine Titelgeschichte, die "Welt am Sonntag" favorisierte eine Serie unter dem Titel "Was ist konservativ?", bei der mehr oder weniger erlauchte Geister der CDU Gedankengänge zur "Zukunft der bürgerlichen Politik" für eine breitere Öffentlichkeit zu formulieren trachten. Die "Junge Freiheit " schließlich verkündete gar schlußendlich aus dem Munde der Chefredakteurin des "Deutschland-Magazins", Hutnaus, die ganze "Welt ist überwiegend konservativ".
Wir können vorerst getrost die ganze Welt beiseite lassen, sie ist nur konservativ im Sinn von träge, und uns nur kurz bei der Vermutung aufhalten, daß mit dem Zusammenbruch einer äußerlich noch als "konservativ" poussierenden Partei geradezu zwangsläufig die Frage nach künftigen Werten hervorbrechen muß.
Zugleich sollten wir von der Begrifflichkeit her bündig unterstellen, daß diese Kategorie des Politischen im populären Gebrauch in wesentlichen Teilen auf einer bloßen Fiktion beruht. Was nämlich könnte und sollte heutigentags in der Bundesrepublik noch bewahrt werden? Es liegt fast alles darnieder. Sieht man von großen Einzelleistungen in Beruf, Familie, Wissenschaft oder sonstigen Bereichen ab, so ist kaum eine nennenswerte Verzahnung mit konservativer Unterfütterung noch vorhanden.
Möglicherweise folgen herausragende Einzelleistungen noch dem Impuls des Konservativen, nur scheint es dann wichtig festzuhalten, daß der Anstoß nicht mehr aus der Gegenwart kommt, sondern alten Traditionslinien nachfolgt. Wer heute eine Tätigkeit aufnimmt, die ursächlich mit dem Staatsdienst verknüpft ist, sei es Offizier, Verwaltungsbeamter oder Lehrer, folgt wesentlich familiären oder individuellen Antrieben, kaum noch einem Ruf, der sich aus einem noch offiziell vermittelten konservativen Staatsethos ableiten ließe.
Die Prüfung aufs Exempel scheint nachvollziehbar, wenn man "konservativ" als Kategorie des Politischen gelten läßt und zugleich mit dem üblichen Staatsverständnis verbindet: nämlich das Verhältnis von Volk und Staat, und wie es sich im Lehr-, Nähr- und Wehrstand zur Sicherung der Wohlfahrt eines Volkes niederschlägt.
Schon die erste Voraussetzung ist kaum noch gegeben: denn bekanntlich steht es mit unserem Volke als einem relativ homogenen Gefüge nicht mehr besonders gut. Durch gezielte Zuwanderung wird die frühere Homogenität noch stärker aufgehoben.
Ähnlich verhält es sich mit der Landwirtschaft, die durch übergroße Importe bei gleichzeitiger hoher Fremdfinanzierung auswärtiger Agrarwirtschaften kaum in der Lage scheint, bei Krisenfällen die Selbstversorgung der Bevölkerung zu übernehmen. Und endlich muß der Wehrstand gerade in diesen Tagen über seinen Verteidigungsminister verkünden lassen, daß sein Stand vor dem finanziellen Aus steht. Zugleich werden die völkerrechtlich bedenklichen Einsätze auf dem Balkan nun noch zusätzlich durch den Einsatz von abgereicherter Uran-Munition mitbeteiligter fremder Truppen in die Grauzone von unerlaubter A-Waffennutzung gedrängt. Ein konservativ ausgerichteter Wehrstand müßte in die Fußspuren eigener Tradition eintreten, um aus den Erfahrungen der Deutschen Befreiungskriege die Maxime militärischen Handelns zu beschwören: nur die Verteidigung des eigenen Landes und Volkes gilt als zulässig. Der Lehrstand schließlich mußte erst unlängt den Offenbarungseid leisten, weil er nicht die Bedürfnisse der Epoche zu stillen vermochte. Die von Kanzler Schröder herausgeforderte Debatte wird inzwischen unter dem Motto "Kinder statt Inder" scheinkonservativ fortgeführt, ohne daß ernsthaft Bewahrendes dagegengesetzt würde.
Offenkundig scheint, daß der gerade umlaufende Begriff "konservativ" nur die Defizite anzeigt, die durch die abgöttische Verehrung des überseeischen Liberalismus aufgekommen sind. Dabei gilt, daß die geistigen Feuer der "Konservativen Revolution" sehr wohl noch zu entfachen sind. Denn erst wenn ihr Gluthauch ins Politische greift, kann konservativ Bedeutung im Sinne von Bewahren annehmen.
Daher steht am Anfang allen konservativen Seins die Veränderung, der Aufbau und dagegen, wie Nietzsche es nennt, der "Geist der Schwere", der aber nährt sich aus Feigheit, Dummheit und sanftem Behagen. Aber nur weil dieser "Geist der Schwere" so verbreitet ist, scheint die gegenwärtige "Welt konservativ".
Rote Einfalt
Eine der letzten Lauschaktionen des Mielke-Ministeriums erbrachte das Ergebnis, daß der "Devisenbeschaffer" und Franz-Strauß-Spezi Schalck-Golodkowski auf Ersuchen der damaligen Senatorin für Justiz, Jutta Limpach, verhaftet werden sollte, um "politischen Vorwürfen eines Untätigseins aus dem Wege zu gehen". Die Vorsorge war offensichtlich unnötig, denn der Meister mit dem Drang zum harten Geld lebt bis heute unangetastet im schönen Bayernland in einer staatseigenen Villa, wie es immer wieder heißt.
Mielkes Ministerium wußte offenkundig über die bevorzugte Zahnpastamarke von westdeutschen Ministern und Bankiers ebenso Bescheid wie über Eß- und Schlafgewohnheiten. Wie die "Welt am Sonntag" gleich eingangs zu berichten wußte, habe einer der Stasi-Mithörer die Juliane (Weber) sofort an der Stimme erkannt. Dies heißt ja nun wohl, daß auch intimere Dinge ins Merkbüchlein der Stasi eingetragen wurden (wie etwa Heinrich Lummers amouröse Abenteuer im Ostteil Berlins), und wenn Altkanzler Kohl sich jetzt massiv gegen die Herausgabe abgehörter Telefonate ausspricht, so ist dies durchaus verständlich. Andererseits muß er sich freilich den Einwand gefallen lassen, daß die Abhörprotokolle mitteldeutscher Politiker ebenfalls veröffentlicht wurden. Es scheint vermutlich das Gescheiteste zu sein, sich auf die Freigabe einzulassen. Denn Kopien sind ohnehin im Umlauf, die dann über Jahre hin für immer neue Unruhe sorgen dürften. Die wichtigste Schlußfolgerung aber, die man aus diesen Abhörspielen der Stasi ziehen kann, ist nicht die Tatsache des Abhörens, dies tut jeder Staat, sondern die, daß das verbrecherische Honecker-Regime mit seinem erlauschten Wissen politisch überhaupt nichts anzufangen wußte. P. F.
Geschichtspolitik?
In einem seiner letzten Interviews drückte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, die Befürchtung aus, in Deutschland könne sich die "Geschichtspolitik" ändern. Geschichtspolitik? Ist denn Geschichte nicht die Wissenschaft, die erforschen soll, wie es damals wirklich gewesen ist? Ein Beispiel, wie man versucht, Geschichte zu politischen Zwecken zu mißbrauchen, ist die seit 55 Jahren anhaltende offizielle Darstellung des britischen und amerikanischen strategischen Luftkrieges gegen die deutsche und japanische Zivilbevölkerung, eindeutig ein Kriegsverbrechen. Nachdem in den ersten Nachkriegsjahren die Besatzungsmächte jede Beschäftigung mit dem Thema verboten hatten, folgte die Periode, in der alle Massenmedien und Politiker behaupteten, die britischen und amerikanischen Angriffe auf die Zivilbevölkerung seien lediglich als Reaktion auf die deutschen Angriffe auf Warschau, Rotterdam und England zu verstehen. Als diese Falschdarstellungen aufgrund eindeutiger wissenschaftlicher Forschungsergebnisse und Dank ihrer Verbreitung vor allem durch konservative Zeitungen usw. nicht mehr zu halten waren, kommt jetzt eine neue Version: Diese Angriffe seien "die alliierte Vergeltung für die deutsche Aggression" (Spiegel Nr. 13) oder "Wir haben die Bomben auf die Schnauze gekriegt, weil wir die Juden verfolgt haben", so die tiefschürfenden Erkenntnisse des großen "Historikers" Wolf Biermann, wie er sie im ZDF am 28. März verbreiten durfte.
Daß der britische Luftkrieg gegen die Wohnviertel in Deutschland seit 1936 planmäßig vorbereitet wurde, das nehmen die Propagandisten nicht zur Kenntnis. Statt dessen reden sie jetzt offenkundigen Quatsch. Weit werden sie damit nicht kommen. v. L.
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