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Wer will es bestreiten L. Opoczinskis Begriff "totalitärer Liberalismus" provoziert, ja er fordert zum (vor-)schnellen Widerspruch heraus. Denn die Totalitarismustheorie beschrieb aus einer liberalen Sicht die Wesengemeinsamkeiten, die die Todfeinde des Liberalismus Kommunismus und Nationalsozialismus aufweisen. In einem totalitären System haben sich die Funktionäre der einzigen Massenpartei den Staat zur Beute gemacht, indem sie über ein Monopol an Massenkommunikationsmitteln und Waffen verfügen, alle Ideologien außer der einen einzigen "ewigen", "wahren" Lehre (die zugleich auch eine Feindbestimmung enthält) unterdrücken und die Wirtschaft zentral lenken. Diese Theorie, in den 30er Jahren im liberalen Klima der USA entstanden, von alten Kommunisten und neuen Achtundsechzigern bekämpft, erlebte mit dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums einen neuen Aufschwung, weil sie sich als zutreffende Beschreibung erwiesen hatte. Der Autor dieses Beitrags, geprägt durch die klassischen Freiheitsdenker, erkennt aber auch die totalitäre Gefahr, die sogar der Liberalismus mit sich bringt, wenn keine intellektuell ausgereifte, zukunftsorientierte demokratisch-konservative Geistesströmung (nach dem Niedergang der sozialistischen Denkschulen) mit ihm konkurriert, und der dadurch alle Machtmittel nutzen kann. An diesem Punkt sind wir angekommen, wenn der Liberalismus, unterstützt von "Pragmatikern" und "Technokraten", unausgesprochen zur alleinigen Staatstheorie wird, während konservative Strömungen in die (rechts-)extremistische Ecke gesteckt werden.
Im Ansatz totalitär ist eine einseitig gegen "rechts" gerichtete Kampagne, an der sich unüberhörbar maßgebliche Medien, Politiker, Prominente aus der Unterhaltungsbranche neben anderen "Anständigen" (was auch immer manche von ihnen in ihrer Vergangenheit sagten, schlugen, warfen usw.) beteiligen und in deren Rahmen staatliche Institutionen zu Massenaufmärschen aufrufen (eine typisch totalitäre Form von Kundgebung, siehe Reichsparteitage und DDR-Maifeiern) und Skeptiker einem gewissen Rechtfertigungszwang unterliegen. Wenn regelmäßig Gastautoren der "Jungen Freiheit" in anderen Medien und Institutionen nicht mehr wirken dürfen, wenn die Bankverbindung jener Zeitung aus "Gründen der politischen Hygiene" gekündigt wird (mittlerweile dank einer Solidaritätsaktion wieder zurückgenommen), dann liegt ein totalitärer (da Politik, Gesellschaft und Wirtschaft verknüpfender) Ansatz vor, desgleichen, wenn kompetente, gleichwohl kritische Bücher in den großen Zeitungen nicht mehr rezensiert werden, weil sie der politischen Klasse "auf die Zehen treten" oder aus dem "falschen" Verlag kommen, obwohl sie den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat unterstützen und vom Rechtsextremismus etwa "so weit entfernt sind wie der Fußballfreund vom Hooligan" (Botho Strauß). Wenn ein Professor der Politikwissenschaft, der sich auf den Gebieten der Extremismusforschung und der Politischen Bildung (also Demokratieerziehung) ausgezeichnet hat, von den Landtagsfraktionen der CDU, SPD, FDP und Grünen an seinem Rederecht anläßlich einer parlamentarischen Anhörung in Stuttgart gehindert wird, nur weil ihn die "falsche" Fraktion (REP) geladen hatte, und die Journalisten der Regionalpresse diese Ausgrenzung als prinzipiell richtig bewerten, dann handelt es sich um eine Kartellbildung der Parteien und eine ansatzweise totalitäre Zusammenballung von politischer und massenmedialer Macht ohne Zweifel ein Verstoß gegen die Werte des Grundgesetzes. Dabei wußten jene Christdemokraten im baden-württembergischen Landtag nicht einmal, daß der Betroffene (Prof. Knütter aus Bonn) seit 30 Jahren der CDU angehört sowie bei der Konrad-Adenauer-Stiftung Vertrauensdozent war.
Fazit: Angesichts dieser Ansätze ist es an der Zeit, sich von der Vorstellung lösen, Totalitarismus beginne erst bei einem bizarr-lächerlichen Mussolini und ende bei den Völkermorden Hitlers und Stalins. Den Tendenzen, die sich gegen die grundgesetzlich fixierten Werte richten, ist im Sinne eines Sternbergerschen Verfassungspatriotismus zu wehren, ganz egal, aus welcher Richtung sie kommen. Zwar ist dieser ansatzweise Totalitarismus im Liberalismus nicht vorgezeichnet, doch ist die Versuchung auch für deren Vertreter nicht von der Hand zu weisen. Als Abwehrmaßnahmen sind plebiszitäre Elemente zu empfehlen, möglicherweise auch eine Wahlrechtsänderung: Ein Mehrheitswahlrecht macht den einzelnen Kandidaten weniger abhängig von den Parteifunktionären und stärkt statt dessen den Bezug zu den Wählern seines Bezirks. Wünschenswert sind eine aufmerksame Presse (um beispielsweise Kartellbildungen unter den Parteien offenzulegen) und gebildete, gut informierte Menschen, die kritisch und ihrer Bürgerrechte bewußt sind. Ihnen wäre ein stärkerer Einfluß in den Medien und gegenüber den Funktionären zu wünschen, wodurch auch Links- und Rechtsradikalen eine Chance genommen wäre. Nicht teure Kampagnen gegen "rechts", "links" oder die "Mitte der Gesellschaft" sind notwendig, sondern eine kompromißlose Ächtung und Ahndung von Gewalt (einschließlich Sachbeschädigung), deren Billigung, Androhung und Verharmlosung.
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