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Trostlose Klamotte

 
     
 
Wenn die große Flut den Fluß bereits lange hinunter ist, folgt ihr eine schlammige Suppe, die zäh blubbernd dem Kurs der Welle folgt, sie aber nie einholt und irgendwo kläglich verendet. Regisseur Dani Levy hat ein bißchen im Matsch gespielt, den die medialen Hitler-Wellen der vergangenen Jahrzehnte hinterlassen haben. Was er mit seinem Film "Mein Führer" angerührt hat, ist dementsprechend.

Hilflos verkämpft sich der Streifen in bemühter Komik
. Den Vorwurf der Verharmlosung im Nacken wird der Zuschauer überdies einer oberflächlichen Belehrung ausgesetzt, welche die Vielschichtigkeit totalitärer Diktaturen völlig ausblendet. Wachleute und Soldaten muten an wie von der 40 Jahre alten US-Serie "Ein Käfig voller Helden" ausgeliehen, vor lauter "Heil Hitler" Schreien kommen die Darsteller kaum zu einem zusammenhängenden Satz. Die Perfidie, mit welcher der totalitäre Staat die Menschen verführt, verblendet, mißbraucht und in seine Machenschaften verstrickt, wäre eigentlich das gefundene Fressen für intelligente Satire. Ebenso die Bereitschaft vieler, im Namen einer "Sache" alle ethischen Maßstäbe fahren zu lasssen, weil sie sich auf der Seite der vermeintlich Guten wähnen. In "Mein Führer" jedoch begegnen uns tumbe Masken statt Personen, Wesen wie aus der Montagsserie eines Genlabors.

Eine kleine Überraschung ist allein die schauspielerische Leistung des Blödel-Komödianten Helge Schneider als depperter Hitler. Wer ihn bloß als "Katzenklo"-Barden oder "Agent Null-Null-Schneider" erlitten hatte und ähnliches befürchtete, konnte positiv überrascht sein. Das war s aber auch schon.

Die groteske Geschichte eines jüdischen Schauspiellehrers, der dem armseligen Hitler kurz vor Ende der "1000 Jahre" noch einmal zu neuer Frische verhelfen soll, ist die Grundlage dieses belanglosen Films. Erstaunlich, welche Debatten das fade Werk auszulösen vermochte. Die üblichen Volksmahner wie Ralph Giordano oder Lea Rosh trugen düster ihre "Bedenken" vor, ob "man über Hitler lachen darf". Diese Frage wurde allen Ernstes diskutiert vor der eingebildeten Annahme, der Levy-Film könnte einen verdächtigen "Perspektivwechsel" der Deutschen im Blick auf den Nationalsozialismus ausdrücken oder gar befördern.

Welch Unsinn, wenn der Film dagegen etwas sichtbar gemacht hat, dann die - echte oder aufgesetzte - Hysterie einer Kaste von Chefmahnern, deren Verirrung sich in einer überflüssigen Diskussion über eine schlappe Klamotte niederschlug. Wenn der Film zudem etwas aufzudecken vermag, dann noch die Verzweiflung eines Genres - das des auf Bühne und Leinwand nachgeholten Widerstands nämlich -, das sich in seinen ausgetretenen Pfaden totgelaufen hat. Und das nun versucht, andere Wege zu finden, dafür aber weder den Mut noch die geistige Beweglichkeit aufbringt.

In jener Erstarrung spiegelt sich eine stickige Atmosphäre des gewollten Verdachts. Ob jemand den NS wirklich verharmlosen, verteidigen oder gar wieder einführen will, ist egal. Wer ihn diffamieren möchte, muß das nur lautstark und empört von ihm behaupten, und die Rollen sind verteilt: Der Diffamierer darf sich als "wachsamer Mahner" feiern lassen, der Verdächtigte ist ab jetzt wegen "umstrittener Äußerungen" moralisch vorbestraft.

Um diesen Mühlen zu entgehen, weichen zahllose Zeitgenossen aus in klebrige Beflissenheit. Die erdrosselt intelligente NS-Kritik so sehr, daß selbst ein Dani Levy, der sein satirisches Talent in dem Film "Alles auf Zucker" glänzend unter Beweis gestellt hat, Zuflucht sucht in einer trostlosen Klamotte am volkspädagogischen Halfter.

Foto: Grotesk: Helge Schneider
 
     
     
 
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