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US-Dollar oder Mini-Nukes

 
     
 
Die Aussicht auf eine pilzförmige Wolke, die sich über Dasht-e-Lut, Irans steiniger Wüste, erhebt, stellt möglicherweise nicht die größte Bedrohung für die internationale Stabilität dar", schrieb Martin Walker in der "United Press International". "Ein erfolgreicher Test von iranischen Atomwaffen innerhalb der nächsten Jahre könnte weniger destabilisierende Konsequenzen haben als eine einfache marktwirtschaftliche Maßnahme, von der der Iran sagt, daß sie für den März dieses Jahres geplant sei." Mit diesen Ausführungen spielt Walker auf die Vorbereitungen des Irans an, eine Euro-Öl-Börse zu eröffnen, die es Händlern ermöglichen soll, Erdöl und -gas in Euro zu kaufen. Eine der Konsequenzen dieser Börse bestünde darin, daß die Europäer erstmals keine Dollars mehr bräuchten, um Erdöl zu kaufen, sondern in eigener Währung bezahlen könnten.

Die bisher übliche Dollarfakturierung, deren Bedeutung sich vor allem aus der derzeit eher noch steigenden Abhängigkeit der Weltwirtschaft
vom Rohöl ableitet, hat zur Folge, daß der Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar eine entscheidende ökonomische Größe darstellt. Er beeinflußt in einem nicht geringen Maße die Rohstoffpreise eines Landes. Von mindestens ebenso großer Bedeutung ist aber die Tatsache, daß die bisherige, fast ohne Ausnahme praktizierte Dollarfakturierung hohe Verbindlichkeiten der US-Zentralbank Federal Reserve gegenüber den erdölexportierenden Staaten verursacht. Diesen Ländern fließen nämlich durch den Export hohe Dollarbestände zu. Ein großer Teil dieser Dollar-Bestände wird aber von den erdölexportierenden Staaten mangels Alternative im eigenen Land wieder in den USA investiert, was zwei Auswirkungen hat: Den USA fallen durch die Deckung der hohen Nachfrage nach Dollar zum einen hohe "Seigniorage-Gewinne" zu. Zweitens profitieren sie von großen Kapitalimporten aus den ölfördernden Staaten, die zu hohen Investitionen in den USA führen. Als "Seigniorage-Ge-winn" (Münzprägegewinn) wird der Gewinn einer Zentralbank bezeichnet, der durch die Ausgabe von Zentralbankgeld entsteht. Die "Seigniorage-Gewinne" fließen in der Regel der Regierung zu, die aus nachvollziehbaren Gründen ein Interesse an möglichst hohen Gewinnen hat. Diese Gewinne wachsen immer dann, wenn auch die Zentralbank-Geldmenge wächst.

Den Versuch, aus dem "Petrodollar"-System auszubrechen, hat bereits der Irak unter Saddam Hussein unternommen. Dieser begann etwa Ende 2000 damit, Öl gegen Euro zu verkaufen und seine nationalen Devisenreserven auf Euro umzustellen. Wären damals andere Ölstaaten diesem Beispiel gefolgt, hätten die Vereinigten Staaten einen empfindlichen Einbruch bei ihren Seigniorage-Einnahmen befürchten müssen. Das Schicksal, das der Irak Saddam Husseins in der Folge erlitt, kommentierte William Clark im "Media Monitors Network" (9. August 2005) wie folgt: "Jetzt ist es offensichtlich, daß die Invasion des Iraks wenig mit irgendeiner Bedrohung durch Saddams Massenvernichtungswaffen zu tun hatte oder mit der Bekämpfung des internationalen Terrorismus, sondern vielmehr damit, die strategische Kontrolle über die Kohlenwasserstoffreserven des Iraks aufrechtzuerhalten und damit die Rolle des US-Dollars als Monopol-Währung auf den kritischen internationalen Öl-märkten. Durch Informationen, die frühere Eingeweihte der Regierung kolportierten, wurde offenbar, daß die Regierung Bush / Cheney die Amtsgeschäfte mit der Absicht aufnahmen, Saddam Hussein zu Fall zu bringen." Weiter schrieb Clark: "Offen gesagt, die Operation ,Freiheit für den Irak war ein Krieg, der darauf abzielte, eine proamerikanische Regierung zu installieren, US-Militärbasen zu etablieren ... und den Irak zur Rückkehr zum Petrodollar zu bewegen." Clark erhielt für seine Recherchen über den Ölwährungskonflikt zwei Auszeichnungen und hat 2005 ein Buch mit dem Titel "Petrodollar Warfare: Oil, Iraq and the Future of the Dollar" veröffentlicht.

So wie es Clark andeutete, ist es laut den Ausführungen von Krassimir Petrov, Dozent für Volkswirtschaftslehre an der "American University" in Bulgarien, in der Schweizer Zeitung "Zeit-Fragen" (6. Februar 2006) dann auch gekommen: "Zwei Monate, nachdem die Vereinigten Staaten in den Irak einmarschierten, wurde das ,Oil for Food -Programm beendet, die auf Euro lautenden irakischen Konten rückgewandelt, und das Öl wurde wieder in US-Dollars verkauft ... Die globale Vormachtstellung des Dollars war wiederhergestellt."

Staaten wie der Iran oder Syrien folgten damals, nicht zuletzt aufgrund massiven US-amerikanischen Drucks, dem irakischen Beispiel nicht. Einem ähnlichen Druck sieht sich seit einiger Zeit auch der venezolanische Staatschef Hugo Chavez ausgesetzt, der ebenfalls die Umstellung von Petro-Dollar auf Petro-Euro propagiert. Eine Reaktion der USA war, die venezolanischen Oppositionsparteien mit dem Argument der "Förderung demokratischer Bestrebungen" massiv zu unterstützen. Darüber hinaus wurde Chavez, ähnlich wie der Irak und jetzt auch der Iran, bezichtigt, den internationalen Terrorismus zu unterstützen. Keiner dieser Vorwürfe gegen Chavez konnte bisher verifiziert werden.

Eine iranische Ölbörse wäre eine ungleich größere Herausforderung für die Vereinigten Staaten als Saddam Husseins "Petro-Euro" im Jahre 2000. William Clark, demzufolge die beiden größten Börsen einem in Atlanta ansässigen US-Konsortium, nämlich der Intercontinental Exchange Inc., gehören sollen, kommentiert: "Wir sind Zeugen einer Schlacht über die Ölwährungs-Oberhoheit. Falls die iranische Ölbörse eine erfolgreiche Alternative im internationalen Ölhandel werden sollte, könnte sie zu einer Herausforderung für die Hegemonie der Finanzzentren in London und New York werden."

Die "Falken" der Regierung Bush setzen angesichts dieser Herausforderung, so berichtete "Newsweek" bereits am 27. September 2004, "ihre Hoffnung auf einen Regime-Wechsel in Teheran; vorzugsweise mittels verdeckter Maßnahmen, nötigenfalls aber auch mit Waffengewalt". Daß diese Strategie nach wie vor aktuell ist, zeigt die Ausweitung des Propaganda-Feldzugs gegen Irans Regierung durch die Vereinigten Staaten, die "Spiegel-Online" am 16. Fe-bruar dieses Jahres meldete. Mit zusätzlich 75 Millionen Dollar sollen iranische Oppositionelle unterstützt sowie Radio- und Fernsehprogramme aufgebaut werden, die in iranischer Landessprache für US-Positionen werben. 50 Millionen Dollar des Geldes sollen dafür ausgegeben werden, mehr Iraner als bisher mit US-Fernseh- und Radioprogrammen zu erreichen. Ziel sei es, künftig in der offiziellen Amtssprache Farsi zu senden.

Ob diese Maßnahmen und die anvisierten Sanktionen ausreichen werden, um den von den Vereinigten Staaten erhofften Staatsstreich ("regime change") im Iran herbeizuführen, er-scheint allerdings unwahrscheinlich.

Was dann droht, daran läßt Washington keinen Zweifel aufkommen, nämlich der Einsatz von Waffen, möglicherweise sogar von sogenannten "Mini-Nukes" gegen den Iran.

USA machen Münzprägegewinne / Auch der Irak drohte mit Euro-Öl-Börse
 
     
     
 
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