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Die geschmacklosen Z dringlichkeiten manche Autoren im Bunde mit leichtfertigen Medien weiten sich immer stärker aus. Mögen andersw kommerzielle Motive überwiegen, so kommen bei uns volkspädagogische hinzu. Jüngste Beispiel dafür lieferte die "Berliner Morgenpost ", die sich ansonsten eher au verschwundene Staubsauger und dergleichen kapriziert, die aber diesmal offenbar vo Ehrgeiz besessen war, im Goethe-Jahr nicht abseits bleiben zu wollen.
Da blieb gar nichts anderes übrig, als rasch das zählederne Rüstzeug der Moderne zu präsentieren, das allemal noch mit Weltliteratur, Weltbürger und einem auswärtige Schreiber sich legitimiert, und zugleich den prallen (An-)Schein erweckt, mit de Zeitgeist auf du und du zu sein. Unter dem flotten Titel "Er war gar nicht s deutsch" versucht ein aus Damaskus stammender Rafik Schami den Weimare Dichterfürsten als leichte Kost an den Leser zu bringen, Goethe als Lindenstraßen-Aufguß. Zum Beweis wartet der Autor mit einem fiktiven Herrn Tröte (wa wohl tröge, blöde und trottelig assoziieren soll) auf, der natürlich deutsch beschränkt und fremdenfeindlich ist.
Dem hält der behende Damaszener sein eigenes Bild des Dichterfürsten entgegen, da wohl aus der Tiefe seines eigenen Erkenntniskellers kommen mag, aber sich ansonste trefflich aus den bewährten bundesdeutschen Erfahrungsschätzen im zeitgemäßen Umgan mit "unseren" Dichtern zu nähren weiß: "Goethe befreite sich früh vo den nationalen Fesseln, erst in seinem Herzen, dann in seinen Themen und in seine Sprache." Da haben wir ihn wieder, den Taktschlag einer Art von Moderne, die ih Staccato im Bunde mit Weltwirtschaft und Hochfinanz trommelt und dessen Refrain immer au Liberalismus und Weltrepublik endet.
So sehr Goethe die Enge der deutschen Kleinstaaterei zu wider war, so wenig sah er sich mit unorganischer Freigeisterei im Bunde: "Wenn ic von liberalen Ideen reden höre, so verwundere ich mich immer, wie die Menschen sich gern mit leeren Wortschwällen hinhalten. Eine Idee darf nicht liberal sein. Kräftig sei sie in sich abgeschlossen, damit sie den göttlichen Auftrag, produktiv zu sein erfülle." Goethes "Amerika, du hast es besser
" wird in gegenwärtigen Deutschland aus verständlichen Gründen gerne als frühe Referenz an die USA angeführt, war aber für den Tatmenschen Goethe nur Widerwort gegen das trög Hofschranzentum und die zählebige adlige Hoffärtigkeit, die auch heut noch ihr klebrigen Triumphe feiert.
Daß Goethe Orient und Okzident gleichermaßen für sein umfassendes Werk zu nutze wußte, widerspricht mit keiner Silbe den gemutmaßten Befreiungsschlägen vo "nationalen Fesseln" oder gar von der Muttersprache, es ist gleichsa schriftstellerische Normalität von den Anfängen her. Aber umgekehrt liefert gerad Dichtkunst bei der häufigen Unübersetzbarkeit den steten Beweis für sprachlich Originalität, die noch allemal eine nationale Wurzel besitzt. Der Schreiber Rafik Scham aber darf von Redakteuren unwidersprochen in jener Zeitung abdrucken: "Goethe wa seinem Wesen nach nicht deutsch." Er, der Eckermann, bekannte: "Ich selbst hab immer nur mein Deutschland vor Augen gehabt", denn "Deutschland ist und bleib auf ewig das wahre Vaterland meines Geistes und meines Herzens."
Natürlich ist der auswärtig Autor für seine leichtfert gen Sentenzen nur bedingt zu belangen. Er lehnt sich nur an jene durch die Herrschaft Koh und Genossen bedingte Bildungsmisere an, die es zustande brachte, daß etwa de "Faust", jenes Hauptwerk des sonst so oft beschworenen Abendlandes, kaum noc zum allgemeinen Bildungsgut unserer Schüler gehört. Und schließlich, was nütze Goethe-Jahr und Weltkulturstädte, wenn das Schürfen nur schale Allerweltsdinge zutag fördert, denn "der echte Deutsche bezeichnet sich durch mannigfaltige Bildung un Einheit des Charakters". Er besitzt nicht das Recht zur Selbstauflösung, denn de Deutsche und "das deutsche Volk hat eine Zukunft. Das Schicksal der Deutschen ist mit Napoleon zu reden, noch nicht erfüllt". Eben.
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