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Für den Kanzlerkandidaten der Union liegt der Fall Irak/Schröder klar auf der Hand. Im Interview mit dieser Zeitung erklärt er: "Das Entscheidungsmonopol zur Sicherung des Weltfriedens haben die Vereinten Nationen." Er habe das Bekenntnis des US-Präsidenten zum Vorrang der Vereinten Nationen und des Weltsicherheitsrats in der Irak-Frage mit Befriedigung zur Kenntnis genommen. Entscheidend sei das politische Ziel des US-Staatsoberhauptes, daß der Irak die Waffeninspektoren wieder uneingeschränkt zulasse. Saddam Hussein halte sich an keine Regel des Völkerrechts, und fast die ganze Welt arbeite daran, Druck auf ihn auszuüben, damit er die UN-Resolutionen respektiere. Nur "die rotgrüne Bundesregierung beteiligt sich nicht daran". Er, Stoiber, sei "der festen Überzeugung, daß nur Geschlossenheit und gemeinsames Handeln der Völkergemeinschaft Inspektionen im Irak durchsetzen und den Diktator in die Schranken weisen wird". Niemand in diesem Land, das im vergangenen Jahrhundert zwei furchtbare Weltkriege durchlitten habe, wolle einen Krieg. "Dieser gemeinsame Konsens darf auch in Wahlkampfzeiten nicht unter die Räder kommen. Niemand sollte mit den Ängsten der Menschen Politik machen." Hinzu komme: "Niemand verlangt den Einsatz deutscher Soldaten im Irak. Und niemand wird eine solche Aufforderung an Deutschland richten. Die Bundeswehr ist keine Interventionsarmee, der UN-Einsatz von mehr als 10.000 Soldaten von Afghanistan bis zum Balkan hat sie bereits jetzt bis an ihre Grenzen gefordert."
Die Stärkung der Rolle der Vereinten Nationen im Fall Irak habe er auch mit dem französischen Staatspräsidenten abge- stimmt. Deutschland müsse sich wieder enger mit den europäischen Partnern abstimmen. "Schröders deutscher Sonderweg ist ein Irrweg. Wir brauchen eine europäische Strategie." Auch und gerade hier müsse die besondere Bedeutung des deutsch-französischen Verhältnisses deutlich werden. Natürlich werde er auch in absehbarer Zeit nach Washington reisen, um das durch Schröder belastete Verhältnis wieder in Ordnung zu bringen. Die erste Reise aber gehe nach Paris.
Meinungsverschiedenheiten mit Freunden seien möglich. Aber sie müßten auch persönlich mitgeteilt werden. "Schröder hat diese Differenzen auf dem Marktplatz im Wahlkampf verkündet. Der Regierungschef darf die deutsche Außenpolitik nicht dem Wahlkampf opfern. Es geht nicht um Frieden oder Krieg für Deutschland, aber es stehen Jahrzehnte deutscher Friedenspolitik auf dem Spiel." Die europäischen Partner hätten bereits persönlich mit dem US-Präsidenten gesprochen, nur der deutsche Bundeskanzler nicht. Er habe sich auch in Europa völlig isoliert. Sprachlosigkeit sei kein diplomatisches Konzept. "Einfluß nimmt man in Demokratien nur, wenn man mit den handelnden Personen spricht. Der Kanzler muß einwirken, nicht deutsche Alleingänge probieren." Diese Haltung mobilisiere antideutsche Gefühle in den USA. Stoiber fragt sich auch besorgt, ob diese Ohne-mich-Haltung des Kanzlers Deutschland nicht auch wirtschaftlich schade. Patriotische Gefühle seien in den USA stark, Enttäuschungen könnten das Konsumverhalten beeinflussen. Die diplomatische Isolierung werde daher über kurz oder lang auch die deutschen Absatzmärkte treffen. Sie passe jedenfalls nicht zu einem Land, dessen wirtschaftliches Wohl und Wehe stark vom Export geprägt wird. J. |
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