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Wettlauf an der Waterkant

 
     
 
Stettin will sich wieder zum Vorhafen Berlins und der mitteldeutschen Industrieregion mausern. Dabei muß die Pommernmetropole vor allem mit Rostock konkurrieren, das in den 1950er Jahren zum Überseehafen der jungen DDR ausgebaut worden war.

Die Verwaltungsgesellschaft der Seehäfen Stettin und Swinemünde drängt schon heute auf den deutschen Markt, wenngleich mit bisher mäßigem Erfolg. Nach einem EU-Beitritt
rechnet sich Hafenentwicklungsdirektor Krzysztof Zyndul jedoch wegen der Nähe zur Spreemetropole auf längere Zeit enorme Wachstumsmöglichkeiten aus.

Potential sehen die Stettiner insbesondere bei Lieferungen an Unternehmen in Berlin selbst und bei der Versorgung des EKO-Stahlwerkes in Eisenhüttenstadt. Der als umweltfreundlich geltende Transport mit Binnenschiffen könnte sich hierbei als Trumpf erweisen.

Außerdem setzt Zyndul auf die direkte Autobahnverbindung nach Berlin, auch wenn die langen LkW-Wartezeiten im deutsch-polnischen Grenzverkehr noch ein gewaltiges Handicap darstellen. Doch dies soll sich nach der Aufnahme in die EU durch einen schnellen Beitritt zum Schengener Abkommen und dem damit einher gehenden Wegfall der Grenzkontrollen ändern.

Derzeit gehen jährlich rund 20 Millionen Tonnen an Gütern über die Kaikanten des Hafens Stettin/Swinemünde. Über die Hälfte entfällt auf den Massengutverkehr. Vor allem Kohle und Eisenerz werden im In- und Export umgeschlagen, aber auch größere Mengen Getreide.Der Handel mit der Bundesrepublik macht dabei nur fünf Prozent aus. Viel zu wenig für einen Seehafen direkt an der deutschen Grenze, klagt Zyndul.

Bis dato wird das Stahlwerk in Eisenhüttenstadt zum großen Teil über den mecklenburgischen Seehafen Rostock mit Eisenerz versorgt. Auch viele Ladungsverkehre nach Berlin laufen über den Hafen an der Warnow. Die Deutsche Bahn AG will die Strecke Rostock-Berlin bis 2003 sogar für eine höhere Achslast ausbauen, was für den schwergewichtigen Erztransport von großer Bedeutung wäre.

Rostock schlägt gegenwärtig wie Stettin jährlich etwa 20 Millionen Tonnen um. Als Standortvorteil verbucht man, daß nach der Ausbaggerung des Seekanals auf eine Wassertiefe von 14 Metern sogar Tankern und Massengutfrachtern mit bis zu 100 000 Tonnen Tragfähigkeit die Zufahrt offensteht. Da die Frachtschiffe auch auf der Ostsee immer größer werden, hat Rostock hier gegenüber der pommerschen Konkurrenz die Nase vorn.

Swinemünde verfügt als vorgelagerter Seehafen Stettins über einen maximalen Tiefgang von zwölf Metern, während der Stettiner Umschlagplatz als Binnenhafen in den Zufahrten eine Wassertiefe von nur neun Metern aufweist. Erst wenn sich private Investoren fänden, so Zyndul, könnte dieses Manko durch Ausbaggerungen beseitigt werden.

Engere Formen der Zusammenarbeit pflegt der Hafen Stettin mit seinen 3000 Beschäftigten zu den Umschlagplätzen in Ystad (Schweden), Riga, Memel, St. Petersburg, Magdeburg, Lübeck und Amsterdam. Zu Rostock oder Saßnitz-Mukran auf Rügen gibt es dagegen bisher laut Zyndul nur wenig Kontakt. Dabei hatte man zu sozialistischer Zeit mit viel Brimborium eine Partnerschaft mit Rostock vereinbart, die formal bis heute gilt und ab und an noch Stoff für Festreden hergibt.

Die Konkurrenzsituation zwingt Stettin und Rostock nicht nur dazu, sich gegenseitig genau zu beäugen, sondern auch andere mögliche Rivalen im Blick zu behalten. So macht man sich in Schwedt an der Oder und in Wolgast Hoffnungen darauf, im großen Spiel um das Berlin-Geschäft mehr als ein Wörtchen mitreden zu können.

In Schwedt wurde kürzlich ein stattlicher neuer Binnenhafen eröffnet, den auch Hochseeschiffe anlaufen können. Die Vision der Uckermärker ist klar: Die großen Pötte fahren durch die „Kaiserfahrt“ in die Oder, lassen Swinemünde und Stettin links liegen und löschen erst in Schwedt - rund 80 Kilometer vor Berlin.

In Wolgast beflügeln neue Statistiken die Konjunkturträume. Der vorpommersche Hafen ist zum ersten Mal Umschlagsmillionär. 2001 gingen am Peenestrom 1 000 006 Tonnen über die Kaikanten, sagte Anfang Januar der Betriebsleiter der Hafengesellschaft, Christian Zoschke. Der mittlerweile erweiterte Hafen habe seit der Vertiefung des Peenestromes und der Verbreiterung der Peenebrücke 1996 eine „explosionsartige“ Entwicklung durchgemacht und profitiere von der Zunahme des Binnenschiffsverkehrs über Oder und Oderhaff.

Kein Wunder also, daß sich die Wolgaster für die kommenden Konkurrenzkämpfe zwischen Lübecker und Pommerscher Bucht gerüstet fühlen. Friedrich Nolopp

 
     
     
 
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