A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Wiedergutmachung

 
     
 
Die Abgeordnete Petra Ernstberger (SPD) nahm zu den Benesch-Dekreten Stellung "Natürlich sind die Passagen in diesen Dekreten, die die Vertreibung betreffen, ei Punkt, der zu Kritik Anlaß gibt. Die Dekrete, die sich auf Vertreibung, Ausbürgerung un Enteignung von Deutschen in der ehemaligen Tschechoslowakei beziehen, sind nach wie vo völkerrechtswidrig. Dies ist gegenüber der tschechisch
en Regierung stets deutlic gemacht worden. Es handelt sich um unterschiedliche Rechtsordnungen, zu denen e unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt."

Zur Aufnahme Tschechiens in die EU sagte sie: "Dabei werden wir Tschechien ohn Einschränkungen und ohne bilaterale Vorbedingungen unterstützen."

Zu den Vertriebenen als Opfer eventueller Entschädigungen: "Im Schatten de Entschädigungsforderungen für die NS-Zwangsarbeiter, die die nationalen Emotionen be uns ohnehin zum Kochen bringen, unterstützen bayerische Politiker, um ein bestimmte Klientel zu befriedigen, eine Forderung, die die Integration in Europa gefährdet.

So fordert der Bayerische Landtag die Bundesregierung auf, die offenen Fragen de Vermögens in einem rechtlichen Verfahren zu lösen. Dies werden wir nich unterstützen."

Der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenenabgeordneten in der CDU/CSU, Hartmu Koschyk, begründete den Antrag mit dem Hinweis auf die menschenrechtlichen Aspekte noc fortgeltender Vertreibungsdekrete, die in einer europäischen Rechts- un Wertegemeinschaft keinen Platz mehr haben dürften:

"Wir verkennen nicht, daß es bei unseren östlichen Nachbarländern seh hoffnungsvolle Ansätze gibt, sich auch dem schwierigsten Kapitel der eigenen Geschichte nämlich der Vertreibung der Deutschen, ehrlich zu stellen. Der Berater des ehemalige tschechischen Ministerpräsidenten Klaus, Bohumil Dolezal, hat an die tschechische Seit appelliert, gegenüber den deutschen Vertriebenen einen Akt der Entschuldigung und de aufeinander Zugehens zu unternehmen und einen Versöhnungsfonds zur Entschädigung de deutschen Vertriebenen einzurichten.

Aber wir können und dürfen die Augen nicht davor verschließen, daß die diskriminierenden Unrechtsdekrete bei unseren Nachbarländern auch von ranghohe Rechtspersönlichkeiten als nach wie vor in Kraft betrachtet werden."

Die Abgeordnete Antje Vollmer (Grüne) vertrat heftig Positionen zugunsten Tschechien und gegen die Sudetendeutschen. Sie griff auch die Präsidentin des BdV, Erika Steinbach an, so daß diese sich zu einer Kurzintervention veranlaßt sah. Antje Vollmer sagte:

"Die Deutsch-Tschechische Erklärung war ein Versprechen, den Tschechen den We nach Europa nicht zu versperren. Dieses Versprechen – das hat Gerhard Schröder, noc einmal ausdrücklich gesagt – werden wir durch keine Frage belasten lassen, welch Frage auch immer."

Zur Entschädigung sudetendeutscher Opfer meinte Vollmer:

"Ich weiß aber, daß es in diesem Fall eine direkte Initiative für diesen Antra durch den Ministerpräsidenten Stoiber gegeben hat. Aber nicht nur das, sondern er ha seit dem Jahre 1998 in verschiedenen Gruppen der Freundeskreis darum geworben, da Anträge von sudetendeutschen Opfern tschechischer Gewalt organisiert gesammelt werden. E waren keine einzelnen Menschen, die sich an den Zukunftsfonds gewandt haben, sondern e war eine organisierte politische Aktion. Diese Bildung von Kollektiven von Opfern find ich in diesem Verhältnis nicht mehr statthaft.

Ebenso maßlos, unverständlich und nicht mehr statthaft finde ich die Begründun dieser Aktion, nämlich sich an die öffentliche Debatte über die Zwangsarbeiterentschädigung anzuhängen.

Wir wissen doch, wie schwer es ist, die Zwangsarbeiterentschädigung durchzubringen Wir wissen, wie schwer es ist, dafür die Zustimmung der Bevölkerung zu bekommen. Da wir gesagt: Es sollen nicht nur immer die anderen an die Deutschen herantreten; vielmeh hätten auch wir Deutschen etwas zu fordern! Das ist innenpolitisch sehr gefährlich.

Ich möchte eine dringende Bitte an die Vertriebenenverbände richten. Ich finde, da der Begriff "Vertreibung" nach 50 Jahren gelungener Demokratie für eine Grupp nicht mehr identitätsstiftend ist.

Das Thema der Vertreibung gehört in das Museum der deutschen Geschichte, in das Museu der Zeitgeschichte; das gehört in die Hände von Wissenschaftlern, Forschern un Museumsleuten. Da gehört es hin.

Das ist auch eine Antwort an Sie, Frau Steinbach. Wir werden Sie nicht unterstützen wenn Sie diese gigantische zentrale Gedächtnisstätte in Berlin haben wollen."

Erika Steinbach, CDU/CSU:

"Wir können miteinander feststellen, daß sich zwischen den Staaten östlich un südöstlich unserer Grenzen und unserem eigenen Land innerhalb eines Jahrzehnts unendlic vieles zum Positiven gewandelt hat. Es gibt inzwischen auf allen Ebenen sehr viel meh Gemeinsamkeiten als Trennendes, auch zwischen den vertriebenen Deutschen und denen, au deren Ländern sie vertrieben worden sind.

Ich füge ausdrücklich hinzu: Die heutigen Regierungen in Polen, in Tschechien, in Ungarn und in anderen Ländern sind keine Regierungen, die dafür verantwortlich sind daß es Vertreibungen gegeben hat. Aber es gibt schon eine Verantwortung, Dinge aus de Gesetzeswerken zu eliminieren, die Vertreibung im Grunde genommen heute noch absegnen.

Eine Demokratie kann doch nicht leben und fruchtbar in der Zukunft wirken, wenn in ihren Gesetzeswerken Passagen enthalten sind, die Völkerrechtswidrigkeiten begründe haben und auch bis heute noch abdecken. Wenn es bis zum heutigen Tage in der Tschechische Republik ein Amnestiegesetz gibt, das ausdrücklich Täter straffrei stellt, die Fraue und Kinder erschlagen haben, dann ist dessen Abschaffung eine Hausaufgabe, die in eine solchen Land erledigt werden muß.

Ich habe in Gesprächen in Prag und in Warschau festgestellt, daß die junge Generatio in diesen Ländern sehr offen mit dieser Thematik umgeht. Mir hat ein junger tschechische Student gesagt: Ich möchte, daß meine Kinder wissen, daß hier Deutsche gelebt haben ich möchte, daß meine Kinder wissen, daß wir sie vertrieben haben, und ich möchte daß wir dann miteinander in Frieden leben.

So wie es zwingend zu unserer deutschen Geschichte gehört, unsere eigene finster Vergangenheit aufzuarbeiten, so ist es auch eine Aufgabe in unseren östliche Nachbarländern, sich mit der eigenen Vergangenheit so auseinander zu setzen, daß darau am Ende ein Friedenspotential geschaffen werden kann.

Frau Kollegin Vollmer, Sie haben die Forderungen der Sudetendeutschen an de deutsch-tschechischen Zukunftsfonds eindringlich angesprochen. Es war doch ein Aufforderung des Außenministers Fischer, daß die sudetendeutschen Sozialwerke Anträg stellen mögen. Wenn dieser Aufforderung nachgekommen wird, dann kann man doch ein Freundeskreis nicht dafür verurteilen, daß ein solcher Appell umgesetzt wird. D verstehe ich die Welt dann doch nicht mehr. Wir sollten miteinander sehen, daß wi natürlicherweise die positiven Elemente, die es gibt, mehr hervorheben als das, was un trennt.

Aber das, was uns trennt, ist bei gutem Willen miteinander zu überwinden, auch mit de Vertriebenen. Die Vertriebenen wollen das ja auch gemeinsam mit den Nachbarstaate überwinden."

Die Abgeordnete Vollmer warf Erika Steinbach in ihrer Erwiderung vor, keine Lösung zu wollen, sondern das Thema in der Diskussion zu halten. Dann kritisierte sie, daß sich die BdV-Präsidentin um Unterstützung von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens für da Zentrum gegen Vertreibungen bemüht hatte:

"Die Art und Weise, wie Sie immer wieder andere Menschen für Ihre Aktionen in Anspruch nehmen, ist unmöglich. Ich finde es unglaublich, daß Sie jemanden wie Györg Konrad für dieses gigantische Unternehmen eines Hauses der Vertriebenen mitten im Zentru von Berlin – am liebsten noch im Staatsratsgebäude – in Anspruch nehme wollen."

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt Zöpel erklärte, daß die Versöhnung zwische Tschechien und Deutschen aus vielfältigen Gründen eindeutig schwieriger sei als die mi anderen Nachbarn in Osteuropa, zum Beispiel Polen.

In einem sensiblen Verhältnis sei es wichtig, die in den Reaktionen zum Ausdruc gebrachten Ängste aufzunehmen, die für die weitere Entwicklung schädlich sein könnten und keine noch so klugen und nach dem Maßstab des Völkerrechts nicht von vornherei falschen Überlegungen in aktuelle Bundestagsresolutionen zu gießen:

"Unsere Bewertung lautet: Sie hätten länger nachdenken sollen, bevor Sie eine solchen Antrag einbringen. Sie wissen, daß er in Tschechien keine Wirkung erzielen wird statt dessen hat er dort Ängste und Schwierigkeiten ausgelöst.

Das alles geschieht – daran sollten Sie sich erinnern – nach den Wellen, die ein entsprechender Antrag in der letzten Legislaturperiode in Polen ausgelöst hat. Mi welchem Engagement mußte die hochverehrte Präsidentin der letzten Legislaturperiode Frau Professor Süssmuth, in Polen die Ängste und die Gefühle besänftigen, die ei solcher Antrag ausgelöst hatte. Hierin liegt das Problem.

Wir sind in jeder Beziehung bemüht, das weiterzuentwickeln, was die vorig Bundesregierung mit der Deutsch-Tschechischen Erklärung erreicht hat.

Wir verfolgen das Ziel, das Verhältnis zwischen Tschechien und Deutschland auf ein breitere Basis zu stellen. Das ist besser, als den Fokus sehr stark auf das Verhältni von Tschechen und ehemals in Tschechien lebenden Menschen, die heute überwiegend in Bayern leben und sich Sudetendeutsche nennen, zu lenken."

Zur Entschädigung für sudetendeutsche Opfer zitiert Zöpel Außenminister Fischer der gesagt habe:

"Ich habe mich auch mit Repräsentanten unseres politischen Systems außerhalb de Bundesregierung beraten, die mir darin zugestimmt haben, daß dieser Antrag nich nützlich ist. Das haben wir dem Verwaltungsrat des Fonds gegenüber zum Ausdruck gebrach und den Fonds gebeten, diesen Antrag nicht zu behandeln und ihm nicht zuzustimmen. De Fonds ist dieser Bitte der beteiligten Regierungen nachgekommen."

Der Abgeordnete Karl Lamers (CDU/CSU) unterstrich die Nützlichkeit der Debatte, die erst durch den Antrag der CDU/CSU hervorgerufen wurde. Zur Entschädigung de Sudetendeutschen sagte Lamers:

"Es geht, wie Sie alle wissen, um das verletzte Rechtsgefühl. Das haben auch Sie Frau Ernstberger, sinngemäß gesagt. Frau Kollegin Steinbach hat nicht nur heute hier sondern auch bei vielen anderen Gelegenheiten – beispielsweise auch in Polen in diesem Sinne gesprochen. Wenn das unsere gemeinsame Auffassung ist, dann hätten wir au dieser Debatte großen Nutzen gezogen."

Auf die Zwischenfrage der Abgeordneten Vollmer, ob man dann endlich Ruhe vor weitere Forderungen habe, antwortete Lamers:

"Wenn es um symbolische, zeichenhafte Wiedergutmachung geht, spielt die Höhe de Betrags keine Rolle. Wenn die Betroffenen selber das für angemessen halten, dann meine sie ja ganz offensichtlich, daß der Betrag angemessen, hoch genug sei. Natürlich ist e keine eigentliche Wiedergutmachung; in der Frage der Vertreibung kann es auch gar kein Wiedergutmachung im Sinne einer Wiederherstellung des früheren Zustandes geben."

Auf die Abgeordnete Vollmer weiter eingehend sagte Lamers:

"Frau Kollegin Vollmer, lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit sagen, daß ic seinerzeit Ihr Engagement und Bemühen, Ihr Verhältnis und das Ihrer Partei zu de Vertriebenen auf eine bessere Grundlage zu stellen, sehr geschätzt und unterstützt habe Aber heute habe ich den Eindruck, daß Sie das eigentlich nur taten, um die Vertriebene gewissermaßen ruhig zu stellen und nicht, um ihrem Anliegen wirklich zu entsprechen."

Zur Aufnahme Tschechiens unterstrich Lamers:

"Aber für das Zusammenwachsen der Völker ist es natürlich erforderlich, da man beispielsweise eine gesetzliche Regelung, in der von "gerechter Vergeltung" die Rede ist – das ist das so genannte, berühmte Amnestiegesetz –, eliminiert Ich darf daran erinnern, daß niemand anders als der aus Ihren Reihen stammende ehemalig Kollege Verheugen den Tschechen den, wie ich finde, guten Rat gegeben hat, so etwas zu eliminieren, weil es in der Tat mit den Rechts- und Wertvorstellungen der Europäische Union nicht übereinstimmt."

Der Antrag der CDU/CSU "Versöhnung durch Ächtung von Vertreibung" wurde mi den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der CDU/CSU abgelehnt. STR (DOD)

 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Der Kanzler ist ja nackt Aber die Deutschen spenden ihm jetzt Hemden

Was Sie wirklich denken

In Korruption erstarrt: Die Ukraine in den Fängen von Mafiosi und bezahlten Politikern

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv