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Zu den wenigen im nördlichen Ostdeutschland erhaltenen Schlössern gehört Grünhoff im Samland, das Schloß des Generals Friedrich Wilhelm, Freiherr von Bülow, Graf von Dennewitz (17551816). Im Wander-Führer über das Samland von 1926 schreibt Rudolf Brückmann von "dem hübsch gelegenen Rittergute" und dem "Schloßpark mit schönen Baumgruppen" sowie dem "Mausoleum des aus der Zeit der Freiheitskriege berühmten Generals". Von Königsberg war Grünhoff mit "der Bahn bis Station Eisseln, von da 3 Kilometer Landweg" zu erreichen.
Wenn auch das Schloß heute seinen Glanz verloren und die Natur den Park zurückerobert hat, so präsentiert es sich doch noch weitgehend in seiner letzten baulichen Gestalt. Diese geht auf einen Umbau zurück, den Graf Bülows Sohn Friedrich Albert 18501854 durch Baumeister Mohr aus Königsberg ausführen ließ. Alexander Dunckers Tafelwerk "Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preußischen Monarchie
" zeigt Schloß Grünhoff in einer Farblithografie um 1865 von der Gartenseite mit dem Teich. Durch den Anbau eines Flügels im Süden mit Treppenturm, die Aufstockung um ein Obergeschoß und die Umgestaltung der Fassade in spätklassizistischem Stil hatte sich das vormalige barocke Jagdschloß König Friedrichs I., das dieser 1701 durch den Baumeister Christian Eltester aus Potsdam hatte errichten lassen, stark verändert. Die barocke Anlage dokumentiert ein seltener Kupferstich nach einer Radierung von Jean Baptiste Broebes aus dem Jahre 1733, den Carl von Lorcks "Landschlösser und Gutshäuser in Ost- und Westpreußen" von 1972 enthält.
Die historische Stunde schlug der nunmehrigen Staatsdomäne Grünhoff am 1. Juni 1815, als Schloß und Domäne Neuhausen bei Königsberg und Grünhoff mit den Vorwerken Radnicken und Natzau als königliche Dotation in den Besitz des Grafen Bülow von Dennewitz übergingen. Anläßlich der Krönung Friedrichs I. vor 300 Jahren sei darauf hingewiesen, daß Friedrich Wilhelms Urgroßvater Wilhelm Dietrich von Bülow (16641737), Oberhofmeister der Königin Sophie Charlotte war und nach Johann von Bessers "Preußischer Krönungsgeschichte" von 1702/12 und der darin enthaltenen Kupferstichfolge des Krönungszuges zur Linken der Königin unter dem prächtigen Baldachin schritt. Der spätere Staatsminister, Wirkliche Geheime Rat etc. wurde 1705 als jüngster von fünf Brüdern von Kaiser Joseph I. in den Reichsfreiherrnstand erhoben.
Die militärische Karriere führte seinen 1755 auf Gut Falkenberg in der Altmark (Landkreis Stendal) geborenen Urenkel Friedrich Wilhelm von Bülow, den späteren Besitzer von Grünhoff, nach Ostdeutschland, wo er dann 1807 als Oberstleutnant im Samland am Krieg gegen Frankreich teilnahm. In den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 war der General nach Feldmarschall von Blücher, Fürst von Wahlstatt, dem "Marschall Vorwärts", und General Graf Yorck von Wartenburg einer der bedeutendsten preußischen Heerführer. Mit seinen Siegen bei Luckau (4. Juni 1813), Großbeeren (23. August 1813) und Dennewitz (6. September 1813) rettete er Berlin dreimal vor den Franzosen. Für die Verteidigung der preußischen Hauptstadt erhielt er das Großkreuz des Eisernen Kreuzes. 1814 wurde er für seine Verdienste von König Friedrich Wilhelm III. zum General der Infanterie ernannt und zum Grafen von Dennewitz erhoben. Am 1. Juni 1815 erhielt er die genannte Dotation an Gütern im Wert von 200 000 Talern.
Zuletzt trug General Bülow als Sechzigjähriger noch einmal zu einem entscheidenden Schlachterfolg teil. Nach der Rückkehr Napoleons kam es am 18. Juni 1815 zur Entscheidungsschlacht bei Belle Alliance (Waterloo). Am Sieg der Koalitionsarmee unter der Führung des Herzogs von Wellington und durch das Eingreifen Blüchers war er entscheidend beteiligt. Nach Kriegsschluß kehrte er im Januar 1816 nach West- und Ostdeutschland, dessen Generalgouverneur er 1814 geworden war, zurück. In Grünhoff wurden noch bis zum Zweiten Weltkrieg Erinnerungsstücke des Generals aufbewahrt, und zwar, wie Doro-Eleonore Behrend in "Schlösser des Ostens" (1934) bezeugt, in einem "altertümlichen Glasschrank" in der Bibliothek.
Zu den Andenken gehörten ein kleiner Pokal der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin mit Allegorien auf die drei Schlachten von 1813, eine Ehrengabe der Offiziere seines Stabes für die Rettung Berlins, eine Porzellantasse mit Untertasse derselben Manufaktur auf seinen Sieg bei Waterloo, die sein Porträt mit dem Spruch "Er kam zur rechten Stunde" und den Schlachtplan zeigte, und aus dieser Schlacht als Beute ein Paar silberner Sporen, ein Jagdgewehr und ein grünsamtenes Wagenkissen mit goldgesticktem "N" aus dem Wagen Napoleons. Das Gefährt war von dem 15. Infanterie-Regiment, dessen Chef Bülow war, bei der Flucht des Kaisers der Franzosen erbeutet worden. Der Wagen selbst wurde Blücher und der Hut und Degen dem König übergeben. Unter den Auszeichnungen befand sich auch ein silbervergoldeter Münzhumpen aus dem Ende des 17. Jahrhunderts mit der Gravur "Dem Helden gewidmet von der Stadt Königsberg" und eine Ehrenurkunde anläßlich seiner "glorreichen Zurückkunft zu Königsberg in Preußen am Friedensfeste den 18ten Januar 1816". Der Ehrenhumpen soll, mit edlem Rheinwein gefüllt, dem General vermutlich auf dem Altstädtischen Markt, als er zum Kommandierenden General des I. Armeekorps ernannt wurde, überreicht worden sein.
Aus dem Jahresbericht des Vereins für die Geschichte von Ost- und Westpreußen für 1936 erfährt man, daß der Verein am 13. Juni 1936 einen Ausflug nach Grünhoff unternahm. Dort "zeigte Graf Bülow-Dennewitz das Schloß und Erinnerungsstücke aus dem Besitz seiner Vorfahren." Es muß Dietrich Graf von Dennewitz (18861957), der letzte Besitzer, gewesen sein. Der Pokal, die Tasse und der Humpen mit der Urkunde haben die Zeitläufte überdauert und sind heute als Leihgaben von Manfred Graf von Bülow (geb. 1919), Major der Bundeswehr, einem Urenkel des Siegers von Dennewitz, im Ostdeutschen Landesmuseum in Lüneburg ausgestellt.
Seines neuen Besitzes in Ostdeutschland konnte sich der Sieger von Dennewitz nur kurz erfreuen. Bereits am 25. Februar 1816 verstarb er im Alter von 61 Jahren. Zunächst auf dem Kirchhof der französisch-reformierten Gemeinde in Königsberg beigesetzt, überführte sein Sohn Friedrich Albert (18111887), königlich-preußischer Leutnant der Gardeulanenlandwehr, erst 1843 den hölzernen Sarg mit den sterblichen Überresten in die in Bau befindliche Grabkapelle in Grünhoff. Bis 1838 dauerten nämlich die Auseinandersetzungen zwischen dem Staat und der Krone über die Rechtmäßigkeit der Schenkung der Staatsdomäne an. König Friedrich Wilhelm III. legte schließlich die Sache bei, indem er dem Staat zwei private Domänen abtrat und somit Grünhoff bei den Erben von Bülows verblieb. Bei dem 1847 vollendeten Mausoleum handelte es sich um einen neugotischen achteckigen Ziegelbau mit Vorhalle, der den schwarzen, aus einem ostdeutschen Findling gehauenen Granitsarkophag beherbergte. Heute trifft man im Wald des Gutes nurmehr auf ein Werk der Zerstörung: über die Fundamentgrube hinaus weit verstreute Bautrümmer wie nach einer Explosion. Ein Sockelquader mit der eingemeißelten Jahreszahl "1843" zeugt vom Baubeginn bzw. der Überführung des Generals.
An General Graf Bülow von Dennewitz erinnerte in Königsberg ein Bildnismedaillon am Sackheimer Tor. Es war die in einem der Zwickel des Torbogens der Stadtseite angebrachte, dem Grafen Yorck gegenübergestellte Büste. Das aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammende Tor in neugotischem Stil nach dem Entwurf von Friedrich August Stüler, dem "Architekten des Königs" Friedrich Wilhelm IV., ist zwar erhalten, doch die von Wilhelm Stürmer aus Sandstein geschaffenen Büsten fehlen. In einem Brief des Berliner Bildhauers vom 2. Dezember 1852 heißt es, "daß zwei Porträtköpfe von Männern, die für unsere Provinz eine vorzugsweise Bedeutung haben
aufgestellt werden sollten
Erst jetzt habe ich den bestimmten Bescheid erhalten, daß Se. Maj. durch Cabinets-Ordre befohlen haben, die Porträts der Generale v. Yorck und v. Bülow an dem neuen Sackheimer Thore anzubringen." Berlin ehrte den General mit einem marmornen Standbild Unter den Linden. Im Jahre 1822 wurden die seit 1816 geplanten Standbilder der Generäle Bülow und Scharnhorst von Christian Daniel Rauch links bzw. rechts neben der Neuen Wache auf einem Sockel von Karl Friedrich Schinkel aufgestellt. Den beiden Marmordenkmälern gegenüber standen auf der anderen Seite des Boulevards die gleichfalls von Rauch geschaffenen und 1826 bzw. 1855 errichteten Bronzedenkmäler der Generäle Blücher, Yorck und Gneisenau. Die fünf im Zweiten Weltkrieg zum Schutz vor Luftangriffen eingemauerten Generalsdenkmäler befanden sich bis 1951 am historischen Platz. Anläßlich der Weltfestspiele forderte Ulbricht ihre Entfernung. 1963/64 aber erhielt der Architekt Heinz Mehlan den Auftrag, die Standbilder wieder in den Stadtraum zu bringen. Von ihm stammt das Konzept, sie gegenüber der Neuen Wache im ehemaligen Prinzessinnengarten zu plazieren. Die Denkmäler von Yorck, Blücher und Gneisenau wurden im hinteren Teil der Grünfläche aufgestellt, wo sie noch heute stehen. Vorne zur Straße hin sollten Bülow und Scharnhorst ihren Platz finden, doch Bü- low kehrte nicht zurück. In der Schlußphase der DDR wurde die Statue Bülows renoviert. Es war geplant, beide Standbilder 1990 wieder neben die Neue Wache zu stellen.
Im Zuge der Wiedervereinigung wurde dieser Rückführungsplan revidiert. Mit der Umgestaltung der Neuen Wache und ihrer Ausstattung mit der vergrößerten Fassung der Pietà ("Mutter mit totem Sohn", 1937/38) von Käthe Kollwitz durch den Bildhauer Harald Haacke im Jahre 1993 verfolgte man bekanntlich andere Pläne. In einem Briefwechsel zwischen dem ehemaligen Bundeskanzler und dem Kollwitz-Erben, Prof. A. Kollwitz, soll vereinbart worden sein, die Generäle nicht wieder aufzustellen. Seit 1993 in diesem Jahre wurde das Scharnhorst-Standbild zur Restaurierung entfernt harren die beiden Marmordenkmäler in einem Holzverschlag auf dem Gelände der Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen in Berlin-Reinickendorf ihrer Wiederaufstellung. Es bleibt zu hoffen, daß dies am angestammten Platz im Rahmen der Wiederherstellung des gesamten Denkmalensembles erfolgt. Schinkel nutzte den Auftrag des Königs für ein neues Wachgebäude von 1816 über den profanen Zweck hinaus zu dessen Ausformung als Denkmal der Befreiungskriege, welches das Gedenken und den Dank für die Taten und Opfer der Befreiungskriege thematisiert. In seiner Rede anläßlich des "Siegesfestes" in Großbeeren am 25. August 1996 sagte der Arzt und Leutnant a. D. Joachim Albrecht Graf Bülow von Dennewitz (geb. 1925), ein Ururenkel des Generals der Befreiungskriege: "Mir scheint, daß auch heute noch, oder schon wieder, der Magistrat von Berlin zu den Verdiensten des Generals Bülow kein Verhältnis hat. Wie kann man sich sonst den Streit um die Wiederaufstellung der Rauchschen Standbilder der Generäle Bülow und Scharnhorst vor der ,Neuen Wache, dem Ehrenmal ,Unter den Linden, erklären?
Oder haben die regierenden Herren in Bonn etwa kein Verhältnis zur Befreiung 1813, weil ihre Vorfahren seinerzeit auf dem falschen Fuß ,Hurra am Rhein rufen mußten?"
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