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Wundervolles Erlebnis

 
     
 
Nun sind wir wieder tohus, das heißt in den eigenen vier Wänden, wo sie auch stehen mögen - richtig tohus waren wir aber in den Leipziger Messehallen beim großen Deutschlandtreffen der Ostdeutschland. Denn da lebten wir auf einmal in unserer Heimat - und im Kreis der Ostdeutschen Familie, dem wohl größten deutschen "Familientreffen": 1.000 Landsleute fanden sich allein in der "Stunde der ostdeutschen Familie" zusammen, und daß es noch eine Verlängerung geben mußte, lag bei dieser Teilnehmerzahl auf der Hand.

Und so muß ich zuerst ein ganz großes Dankeschön sagen für das aufmerksame Zuhören, für das Mitgehen bei meinen Ausführungen - sozusagen ein Fazit unserer gemeinsamen Familienarbeit - für die spürbare Freude über die Erfolge und den damit verbundenen Stolz auf unsere wirklich einmalige Familie. Ich muß danken für die lieben Worte, die Umarmungen, die Zusprüche, die Herzenswärme, die mir zuteil wurden und die mir sehr viel Kraft geben, auch weiterhin eine gute "Familienmutter" zu sein. Die werde ich schon brauchen, denn auf diesem Treffen machte sich in vielen Begegnungen bemerkbar, was ich schon in der täglichen Arbeit am Schreibtisch
spüre: Wir wachsen weiter!

Wie mir immer wieder beteuert wurde, trafen sich hier in Leipzig viele Landsleute und "Wahlostpreußen", die sich durch das und speziell durch unsere ostdeutsche Familie gefunden haben. Und auch diesmal dürfte es manch ein unerwartetes Wiedersehen gegeben haben, wie ich es selber erleben durfte: Auf mich wartete ein Königsberger, der allerdings nun auch schon im reiferen Alter ist, den ich aber noch als Kind kannte, weil unsere Familien befreundet waren. War ich schon über diese Begegnung erfreut, so noch mehr über die Biographie der ostdeutschen Malerin und Graphikerin Gertrud Lerbs-Bernecker, an der er arbeitet. Weil die Künstlerin mit seiner Mutter eng befreundet gewesen war, besitzt er noch nie veröffentlichte Bilder aus ihrem Leben und Schaffen und kann auch ein aus persönlicher Sicht gestaltetes Porträt der leider so früh Verstorbenen erstellen. Lieber Peter Drahl, ich freue mich auf dieses Buch, das eine Lücke in der Dokumentation ostdeutschen Kulturschaffens füllen dürfte.

Ich kannte Gertrud Lerbs-Bernecker seit den frühen Tagen meines Schaffens. Sie schuf wundervolle Steinzeichnungen zu meiner im Jahre 1944 geschriebenen Novelle "Die große Wassersnot" - aber das bereits druckfertige Manuskript ging in Königsberg in Flammen auf. Die Künstlerin hatte noch ein Korrekturexemplar gerettet und es im Bettstroh ihrer Flüchtlingsbehausung in Bardowick in der Lüneburger Heide aufbewahrt. Als nach der Kapitulation die polnischen Landarbeiter freigelassen wurden, zündelten sie überall, und so verbrannte auch das letzte Exemplar - im "sicheren Westen".

Lewe Landslied, es war für mich ein wundervolles Erlebnis, in so viele durch meine Lesungen und Seminare in Ostheim vertraut gewordene Gesichter zu blicken - nur leider war für richtiges "Plachandern" keine Zeit. So konnte ich auch auf die Erfolge nicht näher eingehen, die mir mitgeteilt und wohl extra für das Treffen aufgespart wurden. Ganz besonders gefreut habe ich mich über den Bericht von Hannelore Göttsche, die für den Arbeitskreis "Ostpreußisch Platt" in der Aktion Freies Deutschland Bremen ältere, in ostdeutschem Platt gehaltene Literatur suchte. Sooo einen Berg hätte sie bekommen - und Frau Göttsche deutete mit den Händen einen beachtlichen Stapel an -, daß nicht nur sie, sondern auch ich allen Zu-sendern herzlichen Dank sagen. Denn mein heimatliches Platt liegt mir sehr am Herzen, und ich versichere auch dem - mir namentlich unbekannt gebliebenen - Besucher, der bat, doch die heimatliche Sprache auch in der Dokumentation mehr zu berücksichtigen, daß ich dieses verstärkt tun werde.

So bliew wi jlieks bim Kissehl, dem für Nordostpreußen so typischen Haferbrei, der immer wieder durchgeseiht wurde, und selbst "das siebente Wasser vom Kissehl" erbrachte noch Genießbares. Dieser Begriff steht in unserem Sprachschatz auch für eine weitläufige Verwandtschaft - und eine solche hat Gudrun Stempel gefunden. Zwar war die Reaktion auf ihren im November 1998 (!) in unserer Familienspalte veröffentlichten Suchwunsch nach Verwandten spärlich, aber "wat lange duert, ward endlich god", denn sie fand auf einem Heimattreffen zwei Großcousinen: Der Vater der beiden Schwestern war ein Vetter ihrer Mutter.

Ich fand diese Mitteilung, für die ich Frau Stempel danke, denn ich freue mich über jede positive Nachricht - wenn sie auch spät kommt, aber sie kommt! - in meinem angekündigten "Familienbriefkasten", zu dem ich einen Schuhkarton umfrisiert hatte. Er füllte sich rasch, und einige Wünsche will ich hier gleich weitergeben, solange sie noch warm sind.

In dem Schreiben von Gerhart und Annelies Trucewitz geht es um das Gut Wilkassen (Klein Eichicht) mit dem Vorwerk Magdalenenhof im Kreis Goldap. Wilkassen gehörte zur politischen Gemeinde Kamionken, aber zum Kirchspiel Gurnen. Für eine Dokumentation über das Kirchspiel Gurnen und zur Ergänzung der Dokumentation über das Kirchspiel Grabowen/Arnswald werden dringend Zeitzeugen gesucht, die auf Willkassen/Klein Eichicht gelebt haben und über die Gebäude sowie über die Familien und das Leben auf dem Gut Auskunft geben können. Alle bisherigen Bemühungen sind fehlgeschlagen, vielleicht hilft jetzt unsere Familie. (Zuschriften an Annelies Trucewitz, Hohenfelde 37 in 21720 Mittelnkirchen.)

Bernd Erich Petruck aus Köln versucht, seinen Stammbaum zu erweitern, kommt aber leider nicht weiter. Sein Großvater war Gustav Adolf Petruck, * 1884 in Bürgersdorf, Kreis Wehlau. Er war verheiratet mit Lina Anna, geb. Sprengel, * 1883 in Tapiau. Das Ehepaar hatte vier Kinder, die alle in Tapiau geboren wurden: Erich Wal- demar, * 1910, Hans Richard, * 1912, Kurt Gustav, * 1915, und Char-lotte, * 1917. Wer kannte oder kennt die Genannten und kann Auskunft über sie geben? In Bürgersdorf lebten viele Petrucks, aber der Schreiber weiß nicht, ob unter diesen auch Geschwister seines Großvaters waren. Vielleicht findet sich ja auch hier Verwandtschaft vom "siebenten Wasser vom Kissehl"? (Bernd E. Petruck, Wahner Straße 8 in 50679 Köln.)

Angaben über ihre Urgroßeltern wünscht sich auch Waltraud Warneke. Zwar weiß sie deren Namen, aber das ist auch alles. Es handelt sich um die Eltern ihrer Großmutter Anna Segendorf, geb. Kal(l)weit, * 14.8.1872 in Rudszen (Talfriede), Kirchspiel Göritten, † 1.10.1944 in Hollenau (Jodszen). Ihr Vater war Michael Kal(l)weit, weitere Angaben (Geburtsort- und -datum, wann in Rudszen verstorben?) fehlen. Von seiner Ehefrau Christine, geb. Werbunat oder Werbun, ist nur das Geburtsjahr (1841) bekannt. Wer kann hier weiterhelfen? (Waltraud Warncke, Undinestraße 30 in 12203 Berlin)

Immer wieder fährt unser Landsmann Heinz Pohl in die Heimat und ist dort auf Spurensuche. So war er auch im Geburtsort seiner Mutter Minna Pohl, geb. Janzon, * 10.5.1899 in Kruschinnen (Altlinde), Kreis Darkehmen (Angerapp), Kirchspiel Ballethen. Herr Pohl stellte bei seinem Besuch in dem ehemaligen Kruschinnen fest, daß dort noch mindestens sieben erhaltene deutsche Häuser stehen. Da er bei Fluchtbeginn erst acht Jahre alt war - zudem in Kleinschabienen (Kleinlautersee) geboren -, weiß er nicht, ob eines dieser Häuser das seiner mütterlichen Familie ist. Vielleicht erinnern sich noch ehemalige Bewohner an die Familie Janzon. Sie hatten fünf Kinder: Anna, Emma, Martha, Otto und Minna, letztere die Mutter des Suchenden, dessen ältere Geschwister Gertrud und Werner Janzon auch in Kruschinnen geboren wurden. Herr Pohl hofft nun, daß er aufgrund von Zuschriften, eventuell auch eines Ortslageplans, das Haus seines Vorfahren orten kann.

Aber er hat auch noch einen anderen Wunsch: Er möchte endlich etwas über das Schicksal seines Vaters Hermann Pohl, * 13.4.1904 in Jeblonsken/Urbansdorf, Kreis Goldap, erfahren. Der Obergefreite in der San.Ers.- u. Ausb.Abt. 1 Tapiau (Ersatztruppenteil), W.M.A. Insterburg, Wehr-Nr. 04/717/1 gehörte im Dezember 1944 der Heeres-San.-Staffel Mohrungen an. Laut Auskunft des Bundesarchivs Aachen gilt er seit dem 27.10.1945 in Neumünsterberg als vermißt. Vielleicht leben noch ehemalige Angehörige der San.-Staffel Mohrungen und können etwas aussagen? Außerdem hofft Herr Pohl noch, Verwandte aus der väterlichen Linie zu finden, die aus Jeblonsken oder Umgebung stammen. (Heinz Pohl, Freiberger Straße 51 in 09575 Eppendorf)

So, das war ei- ne lange Such- geschichte - die nächste ist kürzer. Anneliese Ritter möchte ebenfalls etwas über das Schicksal ihres Vaters erfahren. Otto Auschrat, * 28.12.1897 in Scha-bienen, war Landwirt und Hausschlachter. Im Oktober 1944 wurde er zum Volkssturm eingezogen. Im April 1945 war er in Königsberg und hat dort für einen Truppenteil gekocht, bis die Russen die Stadt besetzten. Von da an fehlt jede Spur. "Wer war mit meinem Vater zusammen oder weiß etwas über seinen Verbleib?" fragt Anneliese Ritter. (Breslauer Straße 2 in 26441 Jever.)

Beim flüchtigen Überblicken der Wünsche habe ich manchmal etwas vorschnell gesagt: "Hab ich, sende es Ihnen zu!" - aber jetzt beim genauen Lesen stelle ich fest, daß das ein Irrtum war.

Wie bei dem Wunsch von Otto und Ursel Bettker, die eine Geschichte suchen, von der ich dachte, es sei "De Fruu Liesedank ehr Jubilee" von Frieda Jung - weil es sich um eine ostdeutsche Hebamme handelt. Ist es aber nicht, denn die Geschichte geht so: "Heiligabend - eine Hebamme muß zu einer Geburt auf einem Bauernhof. Das Kindchen kommt sehr spät zur Welt, der Vater und die Hebamme begießen das Ereignis. Voll des süßen Bärenfangs setzt sie sich in den Schlitten, schläft ein - aber das treue Pferdchen bringt sie sicher nach Hause." Wer kennt s? (Otto Bettker, Am Ketzerbach 15 in 01665 Zehren/Meißen.)

Weitere Wünsche werde ich direkt erfüllen können, andere erst, wenn sie schriftlich vorliegen. Denn in dem Trubel war es mir unmöglich, auf die mündlich geäußerten Probleme einzugehen, deshalb mußte ich die Betreffenden bitten, sie mir als Brief zuzusenden. Aber es ist abzusehen, daß unser Leipziger Treffen - auch in unserer Ostdeutschen Familie - noch weite Kreise ziehen wird.

Gefreut habe ich mich über die mündlich und schriftlich geäußerten Zustimmungen zu meinem "Ostdeutschlandlied"-Artikel im . Hier und heute möchte ich nur Ilse Conrad-Kowalski zitieren: "Für mich war die 4. Strophe nie eine Frage, denn ich habe unser Ostdeutschlandlied schon in der Schule gelernt, 1935 im ersten Schuljahr! Es stand m. W. auch in unserer Fibel. Wo ich konnte, bin ich gegen die ,Dichterverbesserer angegangen, manchmal sogar mit Erfolg. So im Falle der Kreisgemeinschaft Osterode, die auf meine Veranlassung hin das Textblatt für die Feierstunden entsprechend änderte ... Herzlichen Dank, daß Sie diese Frage nun endlich und hoffentlich endgültig geklärt haben!" Hoffe ich auch, und ich freue mich, daß es in Leipzig beim Singen unseres Ostdeutschlandliedes diesmal bei der 4. Strophe keinen "Textsalat" gab.

Und weil unsere Familienspalte so besonders aufmerksam gelesen wird, hänge ich noch ein Problemchen an: Es geht um einen auf dem Treffen verlorenen Fotoapparat. Die Kamera ist ein japanisches Modell in einer sehr "abgeschubberten" Hülle. Wo und wann sie dem Besitzer abhanden gekommen ist, weiß der Betreffende nicht mehr genau (eventuell auf der Toilette?!). Aber er und Gisela Amelung, die uns diesen Verlust übermittelte, hoffen, daß sich der - ehrliche! - Finder meldet. Wir sind ja schließlich alte Preußen, und eine unserer vornehmsten Eigenschaften ist die absolute Ehrlichkeit. Hoffen wir also, daß sie ein echter Ostpreuße gefunden hat! Ich bitte den Finder, sie an folgende Anschrift zu senden: Gisela Amelung, Siedlung 21 in 38300 Wolfenbüttel.

Übrigens: Im "Familienbesitz" befindet sich immer noch ein kleines Goldkettchen mit dem Sternbild des Löwen. Es wurde auf dem Deutschlandtreffen vor zwei Jahren gefunden und mir übergeben. Ich habe bisher vergeblich nach der Ostpreußin gesucht, die es verloren hat. Vielleicht erinnert sie sich jetzt an den Verlust? Ich habe es treu verwahrt!

Werner Müller am Stand des es beim Deutschlandtreffen der Ostdeutschland in Leipzig
 
     
     
 
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