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Zwischen Heidschnucken und Skihasen

 
     
 
Der Winter ist mild - zu mild finden die Freunde des Wintersports. Nur in wenigen deutschen Regionen konnten Skifahrer bis jetzt ihrem Sport frönen, zum Beispiel in der Lüneburger Heide.

So fiel bereits am 5. September letzten Jahres bei Bispingen der erste Schnee und im Monat darauf beförderte ein neuer Lift die ersten Skifahrer auf den Gipfel der Bispinger Piste. 100000 Skipässe wurden schon verkauft und ein Ende steht definitiv nicht an.

Ja, in der Tat - mitten in der Heide befindet sich eine neue Attraktion, eine 300 Meter lange und 100 Meter breite Piste mit Schnee satt, und zwar im Bispinger "SnowDome". Direkt an der A7 und in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kartbahn von Formel-Eins-Rennfahrer Ralf Schumacher gelegen, freuen sich die Naherholungstouristen aus den umliegenden Großstädten auf Europas modernste Skihalle mit Tiroler Flair. Die Betreiber
hatten sogar eigens eine Söldener Almhütte aus Zirbenholz zerlegt, von Österreich in die Heide verbracht und dort wieder aufgebaut. Dort herrscht jetzt originale Bergfreude und urige Alpen-Atmosphäre vor. Wer drinnen bei Germknödel und Jagertee sitzt, der schaut aus den Fenstern der Hütte direkt auf die Piste. Nur das gewaltige Alpen-Panorama scheint zu fehlen. Doch das stört die zumeist jungen Skifahrer wenig. "Das ist doch eine Supergaudi!" winkt Björn Hennigsen ab. Dem 17jährigen Hamburger fehlt in der Halle nichts und er ist mit diesem Gefühl nicht allein. Selbst Nicht-Skifahrer aus den umliegenden Dörfern fahren gerne zur Skihalle, nur um einen Kaffee mit Blick auf die Piste zu trinken.

Mit solchen Großprojekten, zu denen auch der Heidepark Soltau, der Serengetipark Hodenhagen, der Vogelpark Walsrode und Schumachers Kartbahn gehören, hat die Heide ihr touristisches Gleichgewicht wieder gefunden. Die neuen Touristenmagneten unmittelbar entlang der Autobahn stören weder das ökologische Gleichgewicht noch den Blick der Touristen auf die Heidelandschaft. Den Wanderfreunden bleibt die Ruhe auf den Wegen zwischen Heide und Wachholderbüschen erhalten. Die sind sogar eher noch zum offenen Geheimtip geworden. "Wer echtes Heideflair erleben möchte, der sollte den Pastor-Bode-Weg von Egestorf über Döhle nach Wilsede nehmen", empfiehlt ein Mitarbeiter vom Tourismusverband Lüneburger Heide. Der ausgewiesene Wanderweg verläuft mitten durch eine Bilderbuchlandschaft, die selbst außerhalb der Heideblütenzeit kaum etwas zu wünschen übrigläßt. Hier kann man an manchen Tagen noch jugendbewegten Wandervögeln mit Affen (Tornistern) auf dem Rücken und zur Klampfe (Gitarre) singend begegnen, derweil im Hinter-grund ein Schäfer gemächlich die Sträucher verbeißenden Heidschnucken zwischen Wachholderbüsche hindurchführt.

Alle paar hundert Meter stößt der Naturfreund auf Unterstände, die Regalen ähnlich sehen. In ihnen werden zur Heideblütenzeit die sogenannten Lüneburger Stülper - mit Kuhdung verdichtete Bienenkörbe aus Stroh - aufgestellt. Nicht anders sieht es auch im "Wachholder Grund" zwischen Fallingbostel und Walsrode aus. Hier stößt der Wanderer zudem auf das Grabmal des aus Westpreußen stammenden Heidedichters Hermann Löns. Dessen tatsächliche Grablage ist nach mehreren Umbettungen zwar umstritten. Den Hauch der Heideromantik umfängt dennoch, wer mit Löns etwas anzufangen vermag. Von ihm stammen die Verse: "Es gibt nichts Totes auf der Welt, hat alles sein Verstand, es lebt das öde Felsenriff, es lebt der dürre Sand ..."

Löns gehört zur Heide wie die Heide selbst. Findlinge, die an ihn erinnern, findet man an vielen Plätzen entlang den Wanderwegen. Ein besonders großer Löns-Stein mit der typischen Wolfsangel-Rune steht vor dem Gasthaus Menke in Niederhaverbeck mitten im Naturschutzgebiet. Das Gasthaus hat Geschichte: Der bekannte Heidemaler und Vagabund Georg Sluytermann von Langeweyde (1903-1978) war hier viel zu Gast. In der Gaststube hängen noch heute seine Bilder, mit denen der im Trunke oft Versumpfte seine reichliche Zeche zahlte.

Sumpf und Moor, auch das gehört zur Heide. Freilich gibt es nur noch wenige Moore in dem Naturschutzgebiet. Die Kultivierung durch Entwässern des Heidebodens hat leider auch zur Verlandung der Moore geführt. Das Juwel unter den Hochmooren ist das renaturierte Pietzmoor am Rande der Heideblütenstadt Schneverdingen. Wollgras, seltene Torfmoose und die typische Insektenwelt lassen sich hier gut studieren. Über das 250 Hektar große Moor führt ein Hochsteg.

Wanderer, die sich zwischen Heide und Moor bewegen, kehren gerne in eines der zahlreichen Dorfcafés ein. Hiesige Spezialität: Buchweizentorte - keine an Kalorien schwere Sünde zergeht leichter zwischen Zunge und Gaumen!

Ob Skifahrer oder Wanderer, wer zwischen Mai und Oktober die Heide besucht, der sollte den Tag auf einem Schäferabend am Heidegarten, einer Anhöhe am Rande Schneverdingens, beschließen. An einem mit Reet bedeckten

und zur heimeligen Schankstube umfunktionierten Schafstall grüßt an manchen Abenden Heidekönigin Sabine Röhrs persönlich die Gäste. Trachten- und Volkstanzgruppen sowie ein Pferch mit Heidschnucken bieten das passende Ambiente. An Ständen wird Schnucken-Geschnetzeltes in pikanter Sahnesauce zu Rotkohl geboten. Zu dem rustikalen Essen paßt (nicht für Autofahrer) ein "Heidegeist", ein hochprozentiger, aber süffiger Klarer.

In den Gesprächen mit Einheimischen erfährt man viel über den Wandel der Heide. "Dort, wo über Jahrzehnte Panzer durch die Natur rollten, wächst wieder caluna vulgaris", erklärt ein älterer Einheimischer und zeigt dabei auf eine Fläche, wo das gemeine Heidekraut im Sandboden wächst, als hätte es kein Militärübungsgelände gegeben. Die Heide holt sich zurück, was ihr gehört.

Nur um Munster rollen sie noch immer, die Panzer. Dort lockt aber auch das Deutsche Panzermuseum mit 80 Panzern und verschiedenen militärischen Ausrüstungsdokumentationen auf 9000 Quadratmetern. Einige der älteren Stahlkolosse weisen noch Kriegsschäden auf und erinnern an zwei Weltkriege.

Neben dem Munsteraner Museum bieten auch das Norddeutsche Spielzeugmuseum in Soltau, das Deutsche Pferdemuseum in Verden, das herzogliche Renaissanceschloß Celle sowie in Lüneburg das Deutsche Salzmuseum und natürlich das Ostdeutsche Landesmuseum Kurzweil an.

Gerade Lüneburg, die alte Salinestadt an der Ilmenau, hat sich überhaupt in den letzten 30 Jahren rausgeputzt. Der historische Stadtkern hatte den Zweiten Weltkrieg und glücklicherweise auch spätere Abrißbestrebungen überlebt.

Findige Handwerker entdeckten in den 70ern den Charme der betagten Backsteingemäuer - viele mit hohen Staffelgiebeln - und sanierten sie Haus um Haus.

Die zum Teil barocke Bausubstanz läßt den ehemaligen Reichtum der Stadt erkennen, die besonders zwischen 1460 und 1530 vom Salzabbau und Fernhandel profitierte. Später erstarb das geschäftige Treiben und Heinrich Heine nannte Lüneburg eine "Residenz der Langeweile".

Heute ist es mit der Langeweile in Lüneburg und in der Heide insgesamt vorbei.

Die einen haben Spaß auf der Skipiste oder Kartbahn, die anderen finden Erholung, wenn es wieder einmal romantisch verklärt heißt: Und ewig schnucken die Schafe in der Lüneburger Heide.

Weitere Infos: Tourismusverband Lüneburger Heide, Telefon (0 41 31) 7 37 30 und
 
     
     
 
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