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Das Lager Sachsenhausen in Oranienburg bei Berlin hat zwei totalitären Regimen als Konzentrationslager für politische Gegner gedient. Von den in den Jahren 1936 bis Anfang 1945 rund 200000 Eingelieferten starben schätzungsweise Zehntausende (genaue Zahlen sind offenbar nicht bekannt) aufgrund der Haftbedingungen. Viele wurden ermordet.
Nicht ganz fünf Jahre lang existierte das Lager unter bolschewistischer Herrschaft. Der sowjetisch e Geheimdienst hatte im Rahmen der von den Alliierten gemeinsam beschlossenen Säuberung Deutschlands von allen Personen, die "für die Besetzer und ihre Ziele gefährlich sind", 60000 dort eingeliefert, unter ihnen Tausende von Wehrmachtsoffizieren, die im Westen in Gefangenschaft geraten, von Amerikanern und Briten aber in die sowjetische Besatzungszone entlassenen worden waren. Funktionäre und Mitglieder der SPD, die sich der Sowjetisierung widersetzten, Jugendliche, denen man fälschlich vorwarf, dem in Wirklichkeit nicht vorhandenen "Wehrwolf" anzugehören, untere und mittlere Funktionsträger der NSDAP sowie, wie alle noch lebenden Zeitzeugen bestätigen, eine minimale Zahl von Menschen, die sich wirklich Verbrechen hatten zuschulden kommen lassen. Doch die Opfer des Sowjetregimes gelten immer noch als Verbrecher. Dabei war nicht ein einziger dieser Inhaftierten von einem ordnungsgemäßen Gericht verurteilt worden. Mindestens 12000 von ihnen starben aufgrund der unmenschlichen Haftbedingungen und wurde anonym verscharrt.
Daß seit Jahren ein heftiger Streit zwischen den beiden Opfergruppen ausgetragen wird, hat nicht zuletzt damit zu tun, daß der vom Staat eingesetzte Direktor der "Stiftung Brandenburgischer Gedenkstätten", der aus Westdeutschland stammende Prof. Dr. Günter Morsch, zwischen den Opfern unterscheidet. Offensichtlich wird das "Internationale Sachsenhausen-Komitees" immer noch von Kommunisten beeinflußt, was man vermuten kann, weil es offiziell immer wieder heißt, daß die von den Sowjets Inhaftierten überwiegend "die Mörder, Peiniger und Quäler" der KZ-Häftlinge gewesen und daher zu Recht eingesperrt worden seien. Das war jedenfalls die Ansicht, des bisherigen Generalsekretärs des "Sachsenhausen-Komitees", der kürzlich als ehemaliger hoher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit in der Öffentlichkeit enttarnt worden ist, und mit dem Morsch jahrelang eng zusammengearbeitet hat. Daher forderte die "Lagergemeinschaft Lager Sachsenhausen 1945/1950" Morschs Entlassung - vergeblich: Er wurde von der für die Stiftung zuständigen brandenburgischen Ministerin Johanna Wanka gestützt.
So müssen sich die Mitglieder der "Arbeitsgemeinschaft Lahrer Sachsenhausen 1945-1950" und des "Bundes der stalinistisch Verfolgten" als "Häftlinge 2. Klasse" vorkommen. Es war ihnen verwehrt, auf den Massengräbern ihrer umgekommenen Kameraden ein Kreuz zu errichten, ebenso wie es verboten wurde, eine Gedenktafel mit einem die Getöteten ehrenden Text anzubringen. Das Museum, das über das sowjetische Spez-Lager 7 (so die offizielle Bezeichnung des Sowjet-KZ) informiert, ist gegen den Willen der Betroffenen weitab vom Besucherstrom und ohne ausreichende Hinweisschilder eingerichtet worden. Das Programm für die Erinnerungsveranstaltung zum Gründungstag des Sowjet-KZ im Vorjahr wurde ohne Mitwirkung der beiden Opferverbände durchgesetzt, so daß sie sich zurückzogen.
Kürzlich soll nun nach einer Mitteilung der Stiftung ein Gespräch zwischen dem brandenburgischen Innenministers Jörg Schönbohm, dem Stiftungsdirektor Günter Morsch und den Vertretern beider Opferverbände stattgefunden haben. Thema waren auch die Äußerungen Schönbohms auf der Gedenkveranstaltung zum 61. Jahrestag der Befreiung des KZ. Bei dieser Gelegenheit hatte der Innenminister in wenigen Sätzen auch der Opfer des Bolschewismus gedacht. Das hatte zu wilden Protesten des damals noch nicht enttarnten Stasi-Generalsekretärs Hans Rentmeister geführt, der die Opfer des Bolschewismus nicht den Opfern des Nationalsozialismus gleichgestellt wissen wollte. Die Toten von nach 1945 seien ,,Mörder, Peiniger und Quäler" gewesen, die keines Gedenkens wert seien. Man habe sich darüber geeinigt, "das eine Unrecht nicht gegen das andere aufzurechnen", so die Verlautbarung der Stiftung. Daher dürfe man nur der Toten des Sowjet-KZ gedenken, die "keine NS-Täter waren".
Wer "NS-Täter" war und warum, erfährt man jedoch nicht. Man bleibt im Pauschalieren. Erneut wurde von der Stiftung der Eindruck hervorgerufen, die Sowjets hätten nur wirkliche Kriegsverbrecher interniert, von denen dann ein großer Teil - nach Meinung der Linken, ganz zu Recht - umgekommen ist. Man habe sich geeinigt, in Zukunft "der Opfer der beiden Lagerphasen getrennt zu gedenken."
Die ,,Arbeitsgemeinschaft Lager Sachsenhausen 1945-1950" und der "Bund der stalinistisch Verfolgten" laden ein zu einer erweiterten Gedenkveranstaltung am 2. September 2006 in Sachsenhausen anläßlich des 61. Jahrestages, der Einlieferung der ersten von Sowjetischen Militärtribunalen Verurteilten ins Lager. Diesmal konnten die Vertreter der beiden Opferverbände an der Gestaltung jedenfalls des zweiten Teils des Programms mitwirken. |
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