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Berlin:

 
     
 
Am 7. Dezember ist SPD-Parteitag. Die Gerüchte, die bereits jetzt gestreut werden sagen viel über den Zustand der Sozialdemokraten. Ausgerechnet Verteidigungsministe Scharping raunt finster: "Sehr weit weg von den Zuständen des Jahres 1995 sind wi nicht."

1995 – das war das Jahr des Mannheimer Parteitages, auf dem Oskar Lafontaine au der Kulisse platzte und den ahnungslosen Scharping vom Sessel des SPD-Chef
s kippte. Mi Unterstützung des heutigen SPD-Vormanns und Kanzlers Schröder übrigens, der nunmehr in allen Umfragen hinter die Popularitätswerte Scharpings zurückgefallen ist. Daß diese nun auf Rache sinnt und selbst Kanzler werden will, macht seit Monaten in Berlin die Runde.

Jedenfalls wies Rudolf Scharping einen komfortablen Führungsposten bei der Nat zurück und blieb auf dem Nagelbrett des Verteidigungsministers sitzen. Wenn es passiert will er in der Nähe sein.

Doch was soll eigentlich passieren? Fest steht, diese Koalition wollte Gerhar Schröder von Anfang an nicht. Die große, die mit der Union schwebte ihm vor. Rot-Grü war nicht geplant. Ein Gutteil der offenkundigen Planlosigkeit der vergangenen zwöl Monate führen Beobachter auf diese ungewollte, ergo unvorbereitete Konstellation zurück.

Und das Bündnis mit den Grünen erscheint so zerrüttet wie einst die SPD/FDP-Koalition zu Beginn des Jahres 1982. Damals wie heute prägte der Satz die Debatte, daß "die Gemeinsamkeiten bald aufgebraucht sind". Den schrie vergangene Woche die Berliner "BZ" Außenminister Fischer zu, im Frühjahr ´89 hörte man ihn mehrfach von Hans-Dietrich Genscher. Wie die Dinge damals weitergingen, is bekannt.

Die öffentlich bekundete Gemeinsamkeit zwischen SPD-Kanzler und Grünen-Außenministe – wie nach dem notdürftig geflickten Streit um die Panzerlieferung an die Türke – ist für jedermann sichtbar nur noch Fassade. Bei Atomausstieg wie Verkehrspoliti stehen weitere Stürme bevor, die durchzustehen beide Koalitionäre noch näher an de Bruch führen werden.

In Berlin wuchern schon die Spekulationen über das Danach. Die Union will natürlic Neuwahlen. Beflügelt von den jüngsten Resultaten kann sie mit einem furiosen Sie rechnen. Genau deshalb fürchten die Sozialdemokraten den außerplanmäßigen Urnengan wie die Pest und werden ihn auf Biegen und Brechen zu vermeiden suchen.

Bleibt also nur der "fliegende Wechsel" zu einer neuen Koalition. De Ex-FDP-Politiker und jetzige BFB-Chef Heiner Kappel mutmaßt über eine möglich Neuauflage von Rot-Gelb. Das "verlorene Häuflein" stehe "auf Abru bereit", so der enttäuschte Nationalliberale, der in seinem hessische Landtagswahlkreis einst Traumergebnisse von an die 20 Prozent für die FDP einfuhr Inhaltlichen Ärger dürften die schwer unter dem Joch der Postenlosigkeit leidende Freidemokraten kaum machen. Doch nachdem die SPD den Frontenwechsel der Liberalen Ann ´82 zum Sündenfall der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte schlechthin stilisiert hat könnte es hier geschmackliche Probleme geben.

Die andere Variante wäre die große Koalition, die die Mehrheit der Deutschen ohnedie favorisiert. Und warum auch nicht? Die Regierung Kohl hat in 16 Jahren nachhalti bewiesen, daß sozialdemokratische Politik auch schwarz aussehen kann. Und be Reibungspunkten wie dem Doppelpaß erscheint die zur Schau getragene Widerborstigkeit de Union in der Rückschau immer diffuser. Vor wenigen Wochen deutete der CDU-Chef vo Nordrhein-Westfalen, Ex-Forschungsminister Jürgen Rüttgers, die Unterschriftenaktion ga als Wende der Unionspolitik zu mehr Öffnung für Ausländer um. Die Mehrheit der fün Millionen, die Anfang des Jahres unterschrieben haben, verstand das freilich ganz ander und hat deshalb in Hessen den Siegeszug der CDU eingeleitet.

Ganz wirr von derlei Koalitionsspielchen vergessen manche allerdings die Frage, wie e denn mit der Lösung der realen Probleme im Lande weitergehen soll unter der Ägide eine rot-schwarzen Regierung. Thema Steuerreform: Wenn die Union hier genauso wenig bewege wird wie im Durchschnitt der 80er Jahre, als sie die Bundestags- und Bundesratsmehrhei auf ihrer Seite hatte und von nichts und niemandem "blockiert" werden konnte dann sieht die Zukunft düster aus – beim Thema Staatsverschuldung, Asylmißbrauc oder Vertretung deutscher Interessen im Ausland nicht minder. Kohl war es, der seine Nachfolger schalt, beim Sprachenstreit in der EU zu sehr auf die deutsche Pauke gehauen zu haben.

Daß eine große Koalition, wenn sie denn kommt, die großen Probleme löst, ist de noch frischen Erfahrungen mit einer Unionsregierung zufolge kaum anzunehmen. Nur wäre da Regieren dann viel, viel bequemer. Elisa Wachtner

 
     
     
 
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