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Im Deutschlandradio dürfen (Links-)Extremisten nicht nur interviewt und zu Diskussionsrunden eingeladen werden, sondern sogar kommentieren und eigene Beiträge liefern. Das ist jedenfalls das Ergebnis einer Abstimmung im Programmausschuß des Senders. Wie die Vorsitzende des Ausschusses, Leonore Auerbach (SPD), auf der Sitzung des Hörfunkrats am 10. Februar in Köln bekanntgab, sah der Ausschuss bei einem Stimmergebnis von 7:1 in einem Kommentar der Linksextremistin Angela Marquardt (PDS) keinen Verstoß gegen die Programmgrundsätze des Senders. Nur der Vertreter des Bundes der Vertriebenen (BdV) im Hörfunkrat und Programmausschuß, Michael Leh, hat gegen diese Auffassung gestimmt. Leh hatte ein Votum des Ausschusses gefordert, wonach eigene Kommentare und autonome Beiträge von verfassungsfeindlichen Links- oder Rechtsextremisten grundsätzlich abzulehnen seien.
Im Ausschuß erfolgte dann eine Abstimmung jedoch nur darüber, ob mit dem Kommentar Marquardts ein "Verstoß gegen die Programmgrundsätze" vorliege. Ein Votum im Plenum des Hörfunkrats zu dieser Problematik ist zumindest bislang noch nicht erfolgt.
Im Dezember vergangenen Jahres hatte der Deutschlandfunk einen Kommentar Marquardts zum Thema "Ausländerfeindlichkeit" gesendet. Dagegen hatte Leh bei Intendant Ernst Elitz (SPD) und auch öffentlich protestiert. Er nannte die Autorenschaft Marquardts eine "programmliche Fehlentscheidung" und kritisierte auch den Inhalt des Beitrags als unqualifiziert. Vor allem aber könne es niemals Auftrag und Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein, betonte Leh, verfassungsfeindlichen Extremisten auch noch eigene Kommentare zu erlauben und auf solche Weise Gelegenheit zur Selbstdarstellung zu bieten. Dies widerspreche "geschriebenen und ungeschriebenen" Programmgrundsätzen.
Zum Beitrag Angela Marquardts sie ist in mehreren Verfassungsschutzberichten besonders hervorgehoben verweist Leh auch auf den Deutschlandradio-Staatsvertrag. Darin heißt es über die Gestaltung von Sendungen unter anderem: "Die Sendungen sollen (...) die Zusammengehörigkeit im vereinten Deutschland fördern sowie der gesamtgesellschaftlichen Integration in Frieden und Freiheit (...) dienen." Dazu erklärte Leh, es fördere nicht die Zusammengehörigkeit im vereinten Deutschland, wenn im Deutschlandradio eine verfassungsfeindliche Extremistin als Autorin auftreten dürfe, die nach eigenem Bekunden die Bundesrepublik Deutschland ablehne; so habe Marquardt laut Bayerischem Verfassungsschutzbericht unter anderem erklärt: "Die BRD will mich nicht und ich will sie auch nicht." Es diene ferner nicht der "gesamtgesellschaftlichen Integration in Freiheit", wenn im Deutschlandradio eine Extremistin kommentieren könne, die die parlamentarische Demokratie ablehne und auch schon die Anwendung von Gewalt als politisches Mittel gebilligt habe.
Leh wies im Hörfunkrat auch darauf hin, daß einige Sendungen des Deutschlandradios über die DDR-Vergangenheit zu massiven Hörerprotesten gerade unter SED-Opfern und früheren DDR-Bürgerrechtlern geführt haben. Mehrere an den Sender gerichtete Beschwerdebriefe seien ihm von Hörern gerade aufgrund seiner öffentlichen Kritik inzwischen auch zur Kenntnis zugesandt worden. Über solche gravierenden Proteste würden die Programmverantwortlichen den Hörfunkrat und Programmausschuß leider nicht von sich aus unterrichten.
Scharfe Kritik sei insbesondere an einer mehrteiligen Sendereihe des Deutschlandfunks über "DDR-Eliten" geäußert worden, die im Herbst letzten Jahres ausgestrahlt wurde. Die Art und Weise, wie sich darin frühere "DDR-Größen" präsentieren konnten, hatten zahlreiche SED-Opfer als Verhöhnung und Demütigung empfunden. Auch aus dem Kreis des von Bärbel Bohley, Angelika Barbe und Ehrhart Neubert mitbegründeten Berliner "Bürgerbüros e.V." (Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur) kommt inzwischen massive Kritik an verschiedenen Sendungen des Deutschlandfunks und des Deutschlandradios Berlin, denen eine Verharmlosung der DDR-Diktatur vorgeworfen wird. sdz
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