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Regina Hellwig-Schmid ist eine fleißige Frau. Die Künstlerin hat sich mit ihren grenzübergreifenden Kulturprojekten einen Namen gemacht. Ihrer Profession geht sie auch "grenzübergreifend" nach: Sie veranstaltet Kongresse, macht Aktionskunst und schreibt Bücher. Ganz nebenbei hat sie noch drei Kinder zur Welt gebracht. Dieser Aspekt wurde am wenigsten gewürdigt, als sie in der Friedrichsstadtkirche am Gendarmenmarkt in Berlin Mitte mit dem "Europäischen Frauenpreis" ausgezeichnet wurde. Der Preis wird vergeben von der "Europäischen Bewegung", einem Dachverband, dem unzählige Massenorganisationen angehören, etwa der BdV, die Arbeiterwohlfahrt, das DRK, Adenauer- und Ebert-Stiftung und der DGB.
Die Laudatio hielt Sissy Thammer, die Intendantin des Festivals junger Künstler aus Bayreuth. Sie lobte die Kultur aus den früheren Ostblock-staaten, weil diese frei von "Amerikanismen und überzogenen westlichen Einflüssen" sei. Jedoch habe die Öffnung des Ostens bewirkt, daß die Menschen dort zur "Beute der merkantilen Massenkultur" geworden seien. Der Sozialismus werde jedoch da am raschesten überwunden, wo "die nationalen Grundlagen und Merkmale einer Kultur" stark hervorträten. Hellwig-Schmid gehöre zu jenen Künstlern, die im Westen für die vielseitigen süd- und osteuropäischen Kulturen werben. Deswegen veranstalte sie die Donaukonferenzen mit Vertretern aus den Anrainerstaaten von Europas zweitgrößtem Fluß: Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Montenegro, Rumänien, Bulgarien, Moldawien und Ukraine. Auf der sogenannten "Donumenta" in Regensburg wird jedes Jahr ein anderes Land vorgestellt. Im vergangenen Jahr war es die Ukraine, in diesem Jahr widmet sie sich Moldawien, dem "Armenhaus Europas". Fast 2.000 Künstler hat Regina Hellwig-Schmid im Jahr 2000 gefunden, die sich an ihrem Projekt beteiligt haben: Pax Danubia. Jeder der Künstler verpackte ein Kunstwerk in eine Flasche, das der Donau übergeben wurde. Den unbekannten Finder der Flaschenpost sollte das Kunstwerk zum Nachdenken über den Frieden anregen. Ein bißchen naiv, aber einfallsreich.
Regina Hellwig-Schmid gibt sich dann auch im persönlichen Gespräch mit der Freiheits-Depesche als etwas zu spät (1955) geborene "68erin" zu erkennen. In ihrer Schriftsprache findet sich das große I (KünstlerInnen). Und sie sagt "Novi Sad" statt "Neustadt". Ob sie es nicht albern finde, daß es extra einen Kulturpreis für Frauen gebe? Doch, das findet sie berechtigt. Schließlich haben sich Frauen ihre Rolle in der Gesellschaft hart erkämpfen müssen. Feministin ist sie also auch noch. Ihre 21jährige Tochter würde das aber auch nicht verstehen, verrät sie. Dennoch ist sie eine talentierte Frau, die vier Sprachen beherrscht und mit 28 den Mut aufgebracht hat, sich als freischaffende Künstlerin zu betätigen. Ihre Projekte füllen mehrere Din-A4-Blätter. Ihre Texte haben viel mit Völkerverständigung zu tun. Auch dem Thema Vertreibung hat sie sich künstlerisch genähert. "Koffernotizen" heißt eines ihrer Projekte. Der Koffer sei der kleinste gemeinsame Nenner aller Flüchtlinge dieser Welt. Ihre Familie stammt übrigens aus Königsberg.
Warum ausgerechnet die Donau? Regina Hellwig-Schmid sieht in dem Fluß, "der manchmal nicht neben, sondern auch in meinem Atelier fließt", eine ideale Verbindung zwischen den Menschen. Sie redet viel vom Frieden. Und davon, wie in Serbien das Milosevic-Regime gestürzt worden ist, so, als hätte sie es selbst getan. Daß auf dem Balkan knallharte US-Machtpolitik betrieben wird, scheint ihr entgangen zu sein. Ronald Gläser
Engagierte Künstlerin: Regina Hellwig-Schmid wurde in der Friedrichsstadtkirche am Berliner Gendarmenmarkt mit dem "Europäischen Frauenpreis" ausgezeichnet. Foto: Patrizia Schmid
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